Boden, Wasser und Nährstoffe effektiv nutzen

Knappe Ressourcen Thema der Hochschultagung in Gießen

Seit 2001 sind laut FAO weltweit 2 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen verloren gegangen, in Deutschland sind es 2,6 Mio. Hektar seit 1965. Gleichzeitig wird das Wasser knapper, und natürliche Lagerstätten von Phosphor werden nach derzeitigem Stand in rund 100 bis 120 Jahren abgebaut sein. Knapper werdende Ressourcen sind ein Megathema, das kürzlich auf der Hochschultagung des Fachbereichs Agrarwissenschaften der Universität Gießen im Fokus stand. Wie Landwirtschaft betrieben werden muss, um dies bei gleichzeitig wachsender Erdbevölkerung auszugleichen, wurde ebenfalls beleuchtet.

Prof. Peter Michael Schmitz: „Steigende Land- und Agrarpreise müssen nicht per se schlecht sein.

Foto: Mohr

Wie effizient produziert werden kann, sollte dabei vom Markt und von den Unternehmern selbst und weniger von der Politik bestimmt werden. Dies ist die Auffassung von Professor Peter Michael Schmitz vom Institut für Agrarpolitik. Schmitz konstatierte, dass im Jahre 2050 voraussichtlich 9 Mrd. Menschen zu ernähren sind und deshalb eine gigantische Produktionssteigerung notwendig ist.

Verluste durch Erosion, Siedlungs- und Ausgleichsflächen

Allerdings sind die Anbauflächen begrenzt. Pro Kopf betragen sie in den Industriestaaten 0,4 Hektar, im weltweiten Durchschnitt nur 0,18 Hektar und sie nehmen weiter ab. Hauptgründe sind Wind- und Wassererosion sowie die Umwidmung in Siedlungs- und Verkehrsflächen. Hinzu kommen hierzulande im beträchtlichen Maße natur­schutzrecht­liche Ausgleichs- und Ersatzflächen sowie die Ausweisung von Schutzgebieten. Auch extensiven und ökologischen Anbau rechnet Schmitz zu Flächenverlusten, weil der Ertrag niedriger ist als im konventionellen Anbau.

Zum diesem Verlust an Anbauflächen kommt, dass die Nutzungskonkurrenz weiter anwächst. Wegen veränderter Ernährungsgewohnheiten werden mehr Futterflächen gebraucht, um tierische Nahrungsmittel zu erzeugen. Die alternative Energieerzeugung beziehungsweise der Anbau nachwachsender Rohstoffe bindet ebenfalls Fläche, in Deutschland rund 2,5 Mio. Hektar.

Für Prof. Stefan Gäth ist Klärschlamm eine wichtige Quelle für Rohstoffe, vor allem für Phosphor.

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Ein Nebeneffekt ist, dass die Nachfrage nach Land als sicherer Sachwert steigt. Weltweit wird dies im sogenannte Landgrabbing, vorrangig in armen Ländern deutlich. Schmitz sieht dieses Phänomen allerdings nicht pauschal als negativ an, denn Investitionen fremder Staaten könne die Wirtschaft in den Entwicklungsländern durch Innovationen beleben und stärken.

Anstieg der Pachtpreise, hoher Kostenblock für die Betriebe

Infolge der erhöhten Nachfrage nach Flächen seien in Deutschland die Preise für Neuverpachtungen insbesondere seit 2007 stark angestiegen, so Schmitz. Allerdings sei die Analyse der Pachtpreis-Steigerung nicht einfach, auch wegen der langen Vertragslaufzeiten. Den Anstieg nur aus dem Bau von Bio­gasanlagen abzuleiten, greife zu kurz, sagte Schmitz. Gleichwohl werden Pachten in Veredlungsgebieten mit Bio­gasanlagen von bis zu 1 000 Euro pro Hektar bezahlt. Da in Deutschland ein hoher Pachtflächen-Anteil von rund 60 Prozent bestehe, sei das ein sehr hoher Kostenblock. Er betrage in einem durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb im Schnitt 12 bis 13 Prozent.

Den Einfluss von Biokraftstoffen auf den Nahrungsmittelpreis hält Schmitz wegen der Koppelprodukte für nicht sehr dramatisch. „Mit den Koppelprodukten entspannt sich die Situation.“ Hunger in den Entwicklungsländern, der in der politischen Diskussion mit dem Anbau von Nawaro in Zusammenhang gebracht werde, sei eher die Folge von Benachteiligung der Landwirtschaft, Korruption, isolierter Märkte und Naturereignisse wie Dürren.

Prof. Wolfgang Friedt wies auf die Möglichkeiten der Gentechnik im Pflanzenbau hin.

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Dass auf den lokalen Märkten der Entwicklungsländer die Preise stärker schwanken als auf dem Weltmarkt, wertet Schmitz als ein Indiz dafür, dass sie wenig vom Weltmarkt beeinflusst werden.

Steigende Land- und Agrarpreise sind nicht per se schlecht, sondern Ansporn für die Produktion. „Es gibt einen erheblichen Einfluss des Preises auf die Erträge“, so der Professor. Um die Welternährung zu sichern, müssen laut Schmitz der Landverbrauch abgebremst werden, die agrarpolitischen Eingriffe von Erzeugung und Flächenverbrauch auf dem Prüfstand und die Flächenproduktivität steigen.

Effiziente Wassernutzung durch Pflanzenzüchtung

Für Professor Wolfgang Friedt vom Institut für Pflanzenzüchtung ist eine hohe Nutzungseffizienz der Ressourcen Nährstoffe, Wasser und Fläche ein wichtiges Zuchtziel. Deutlich wurde in seinem Vortrag, dass die Gentechnik dabei eine bedeutende Rolle spielt. Während sie in Europa, abgesehen von Spanien, in der Anbaupraxis kaum vorhanden ist, wurden in den USA im vergangenen Jahr 69 Mio. Hektar Fläche mit gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut, es folgen Brasilien (30 Mio. Hektar), Argentinien (23), Indien 10 Kanada (10) und China (7). Weltweit beträgt die Anbaufläche 150 Mio. Hektar.

Friedts Institut befasst sich intensiv mit der Wassernutzungseffizienz und der Ertragsbildungsmöglichkeit. Als eine Kultur, die im Hinblick auf effiziente

Wie Prof. Hans-Georg Frede ausführ­te, wird Deuschland auch in Zukunft genug Wasser haben.

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Wassernutzung eine größere Bedeutung erlangen wird, nannte der Professor die Sorghumhirse. Hierzulande werde sie bereits als Substrat für Biogasanlagen angebaut. In der Züchtung geht es dabei darum, die Schlüsselgene für Trockenheitsresistenz zu identifizieren und züchterisch zu nutzen. Nach den Worten von Friedt aktiviert der Trockenstress die Steuerungsgene, die wiederum die Stomata, also die Spaltöffnungen der Pflanzenblätter kontrollieren und damit den Wasserhaushalt regulieren.

Um die Pflanzen in dieser Hinsicht weiterzuentwickeln, werden Hybridzüchtung und Gentechnik komplementär eingesetzt. Neue Merkmale in die Pflanze einzubringen, gehe aber nur über Gentechnik, so Friedt. Der Forscher geht davon aus, dass eine künstliche Übertragung von Genen innerhalb der Art eine höhere Akzeptanz erzielt als über Artgrenzen hinweg. Auf der anderen Seite wird es nach Einschätzung Friedts weiterhin auch Linienzüchtung beziehungsweise -sorten geben. Im Falle von Weizen werde zum Beispiel der Zuchtfortschritt primär über eine höhere Samenzahl pro Ähre erreicht. Allerdings hat Winterweizen ein großes Genom, und die dafür verantwortlichen Gene sind schwierig zu bestimmen.

Ökoeffizienz als Standard für Anbausysteme

Professor Friedhelm Taube von der Universität Kiel befasste sich mit der nachhaltigen Intensivierung im Pflanzenbau. In der öffentlichen Diskussion stehen sich die Intensivierung auf der einen Seite und der Ökoanbau auf der anderen gegenüber.

Prof.Friedhelm Taube zeigte, dass je nach Standort Gras oder Mais ökologisch vorteilhafter sind.

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Taube sprach dagegen von einer Erhöhung der Faktoreffektivität unter Berücksichtigung von Flächenverbrauch, Gewässereutrophierung, Treibhausgasemissionen und Bio­diversität.

In Versuchen, die sein Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung in Schleswig-Holstein antstellte, kamen unter diesem Aspekt interessante Ergebnisse heraus, zum Beispiel bei der Futterproduktion im Vergleich von Gras und Mais. Auf einem Geeststandort (Sandboden) ist im Hinblick auf die Flächeneffektivität der Mais mit nur 95 Quadratmeter pro GJ NEL dem Gras mit 152 Quadratmeter deutlich überlegen. Auch die Treibhausgasemissionen sind mit 12 Kilogramm CO2 -Äquivalenten gegenüber 34 Kilogramm beim Gras deutlich positiver beziehungsweise geringer. Allerdings steht dem eine höhere Nitrat-N-Fracht beim Mais gegenüber, nämlich 285 Gramm gegenüber 45 Gramm beim Gras. Je nach Primärziel ist folglich entweder Mais (Klimaschutz, Flächenverbrauch) oder Gras (Gewässerschutz) in der Ökoeffizienz überlegen. Notwendig sei deshalb eine Hierarchisierung der Schutzziele. Hier sei auch ein Grünlanderhaltungsgebot in Frage zu stellen. In Hinblick auf die Minderung der Nachteile des Maisanbaus bietet sich laut Taube die Fruchtfolge Kleegras-Mais-Triticale an.

Ganz anders ist die Situation auf einem Moorstandort. Hier liegt der Flächeneffizienz pro GJ NEL mit 137 Quadratmeter bei Gras und 148 Quadratmeter bei Mais nicht weit auseinander. Gravierender sind aber die Unterschiede bei den Klimagasemissionen nämlich 38 zu 298 Kilogramm CO2 Äquivalenten pro GJ NEL. Die Ackernutzung von Moorstandorten verursacht also eine 20 mal höhere Treib­hausgasemission.

Auch die Umstellung auf Ökoanbau hat im Hinblick auf Ökoeffizienz von Standort zu Standort verschiedene Effekte. Auf Sandstandorten hat der Ökoanbau einer Kleegras-Mais-Triticale -Fruchfolge einen nur um 17 Prozent geringeren Flächenertrag (MJ NEL), aber einen um 73 Prozent niedrigeren Stickstoff-Saldo. Auf einem intensiven Ackerbaustandort ist dagegen der Ökoanbau in punkto Flächenverbrauch mit minus 70 Prozent weit abgeschlagen, in der Energieeffizienz ebenso unterlegen und würde lediglich bei der Stickstofffracht leichte Vorteile besitzen. Unter diesem Eindruck sei eine großflächige Umstellung von Hochertragsstandorten auf Ökoanbau kritisch zu bewerten. Auch die von der EU-Kommission vorgeschlagene 7-prozentige ökologische Vorrangfläche sei zu hinterfragen. Eine Anbaueinschränkung hierzulande, würde zudem zu einer Ausweitung anderswo führen. Effizienzkritierien müssten aber weltweit gesehen werden, so Taube. Deshalb habe er auch nichts gegen den Import von Soja einzuwenden, wenn dieser zu guten Standards und effektiv produziert werde.

Mehr Wasser im Winter, weniger im Sommer

Professor Hans-Georg Frede vom Gießener Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement beleuchtete das knappe Gut Wasser. Exis­tenzbedrohende Wasserprobleme gebe es nur außerhalb Europas. Deutschland sei ein Wasserüberschussgebiet. Im Schnitt fallen hier 789 mm Niederschläge, in den einzelnen Jahren schwanken sie zwischen 552 und 1018 mm. Seit 1881 nimmt die Niederschlagsmenge in Deutschland zu, und zwar im Schnitt um 11 Prozent. Dabei seien die Zuwächse im Westen Deutschlands höher, in Hessen sind es 13 Prozent, im Osten ist der Zuwachs schwächer, in Sachsen ist seit 1881 sogar ein Rückgang von 2,5 Prozent zu verzeichnen.

Wichtig sind für die Landwirtschaft die Sommerniederschläge. Hier ist laut Frede, der sich auf Daten des Deutschen Wetterdienstes stützte, ein leichter Rückgang zu verzeichnen, nämlich um 2,3 Prozent in Hessen, in Sachsen sogar um 9,8 Prozent. Im Winterhalbjahr nehmen dagegen die Niederschläge zu, in Hessen um 27 Prozent. Eine regelmäßige Frühjahrstrockenheit dürfe aus den vergangenen zwei Jahre nicht geschlossen werden und nur alle zehn Jahre gebe es einen trockenen Sommer.

Bei dem Temperaturen ist seit 1960 eine Steigerung der Jahresmitteltemperatur um 1,1 Grad zu verzeichnen. Von den zehn wärmsten Sommern seit 1881 waren alleine sechs in den letzten zehn Jahren. Der offensichtliche Klimawandel hat Auswirkungen auf die Verduns­tung, die infolgedessen weiter ansteigen wird. Aber gleichzeitig wird laut Frede auch der Ertrag steigen.

Der Professor wies auf die hohe Ertragswirkung der Beregnung hin. Dabei habe die Tropfbewässerung eine Effizienz von bis zu 90 Prozent. Bei niedrigen Bodenpunkten könne der Ertrag von Weizen mit Beregnung um 56 und der von Kartoffeln um 35 Prozent gesteigert werden. Frede zeigte auch auf, dass durch den Handel mit Agrarprodukten ein virtueller Handel mit Wasser, der in den Produkten gebunden ist, besteht. Importländer wie Deutschland führen sehr viel Wasser ein, gerade trockene Länder wie die in Afrika exportieren sehr viel Wasser.

Phosphor wird knapp und muss effektiv recycelt werden

Ein sehr brisantes Thema bearbeitet Professor Stefan Gäth, ebenfalls vom Institut für Landschaftsökologie und Ressourcenmanagement, nämlich die Knappheit von Phosphor. Phosphor ist ein wesentlicher Nährstoff für Mensch, Tier und Pflanze und durch keinen anderen Stoff zu ersetzen. Der Mensch braucht zum Beispiel während seines Lebens 150 Kilogramm Phosphor. Die Knappheit wird noch größer durch die wachsende Erdbevölkerung. Die abbaubaren Vorräte haben bei derzeitigem Verbrauch aber nur eine Reichweite von 100 bis 120 Jahre. Der meiste Phosphor, nämlich etwa 95 Prozent, wird für Dünge- und Futtermittel verwendet, der Rest für Seifen und Waschmittel.

Das natürliche Phosphat wird nicht nur knapper, die Qualität verschlechtert sich auch. Heutzutage abgebauter Phosphor enthält mehr Schwermetalle als früher – wie beispielsweise Cadmium oder sogar Uran. Der Abbau wird außerdem energieintensiver, und es entsteht mehr Abraum.

Allerdings lässt sich viel Phosphat wieder zurückholen. Laut Gäth kann man 89 Prozent der Phosphate aus den Kläranlagen zurückgewinnen. Bei den Aufbereitungsmethoden komme es darauf an, die Gehalte zu erhöhen und gleichzeitig Schwermetalle zu eliminieren. Die Reise geht hin zur Monoverbrennung und die Verwendung von Klärschlamm-Aschen. Dadurch würden auch die organischen Verbindungen eliminiert. Gäths Fazit: einen ressourceneffizienten Umgang mit Nährstoffen lernen, Sekundärquellen nutzen, Primärquellen schonen, Technologien zur Marktreife bringen, nur Monoverbrennung, keine Mitverbrennung von Klärschlamm.

„Für mich ist Klärschlamm eine Quelle von Rohstoffen.“ Damit sieht sich Gäth in einer guten Tradition. Denn schon Justus von Liebig, der Namensgeber der Gießener Universität, habe die Nutzung von Fäkalien gefordert, um Nährstoffe nicht zu verschwenden.

CM – LW 49/2012