Brüsseler Eiersalat

Die Brüsseler Kommission überwacht die Einhaltung des europäischen Rechts und ist deshalb hauptverantwortlich dafür, dass voraussichtlich auch im nächsten Jahr in der EU Eier in Legebatterien produziert werden. Schließlich war es lange genug absehbar, dass viele Mitgliedstaaten den Ausstieg bis Ende des Jahres nicht vollziehen werden, obwohl dieser schon 1999 beschlossen wurde. Wie sich vergangene Woche herausstellte, handelt es sich dabei um elf von 27 EU-Mitgliedstaaten! Wenn die von Dalli angekündig-ten Kontrollen erst Anfang 2012 starten, werden die Vertragsverletzungs-Verfahren, so befürchten Experten, erst Ende nächsten Jahres eingeleitet, mit Ergebnissen wahrscheinlich nicht vor 2014. Alle diejenigen, die sich an die Regeln halten, werden damit vor den Kopf gestoßen.

Deutschland ist bekanntlich schon zum 1. Januar 2010 und damit zwei Jahre früher als die EU-Vorgabe aus der Käfighaltung ausgestiegen. Damit haben die heimischen Hennenhalter Vorleistungen in punkto Tierschutz erbracht. Gleichzeitig führte das aber dazu, dass die deutsche Eiererzeugung von 2008 bis 2010 um 18 Prozent sank. Dieser Verlust an Marktanteilen mit enormen wirtschaftlichen Folgen sollte sich Gesundheitskommissar Dalli vor Augen halten. Natürlich ist es kaum zu verantworten, die Keulung von Millionen Legehennen, die noch in Legebatterien gehalten werden, anzuordnen oder die Eier zu entsorgen. Offensichtlich kann er es aber verantworten, dass es weiter zu einer Wettbewerbsverzerrung durch die gesetzeswidrige aber kostengünstigere Produktion von Käfigeiern kommt. Und er nimmt in Kauf, dass die Europaverdrossenheit weiter zunimmt. Ohne drastische (Straf-)Maßnahmen aber lassen sich we­der Wettbewerbsverzerrungen vermeiden noch das Vertrauen in die Verlässlichkeit des EU-Rechtsystems wiederherstellen.

Cornelius Mohr