Bundesleistungshüten fand 2015 in Hessen statt

„Alte Hasen haben die Nase vorn“

Das Bundesleistungshüten der Vereinigung der Landesschafzuchtverbände (VDL) gehört zu den herausragenden Ereignissen im Schäferjahr. Mitte September fand es nach langer Zeit wieder einmal in Hessen statt, auf dem Kleebachtaler Hof der Familie Heintz in Hüttenberg. Das VDL-Bundesleistungshüten sei „der bedeutungsvollste berufsständische Wettbewerb in der Schafhaltung“, sagte Reinhard Heintz, der auch Vorsitzender des Hessischen Verbandes für Schafzucht und -haltung (HVSZH) ist.

Gruppenbild aller teilnehmenden Schäfer am Bundesleistungshüten 2015 in Hessen.

Foto: Michael Schlag

Zehn Schäfer aus Deutschland stellten sich bei dem zweitätigen Wettbewerb der Beurteilung durch drei Richter in insgesamt 15 Aufgaben, darunter das Treiben zur Weide und über eine Brücke, das Hüten im engen und weiten Gehüt, Auspferchen und Einpferchen der Herde.

Auch die Schäferhunde werden beurteilt

Auch die Hunde werden beurteilt nach Gehorsam und Selbstständigkeit und ob sie sich gegenüber der Herde Respekt verschaffen. Insgesamt geht es bei dem Wettbewerb weniger um die Einzelleistung des Schäfers, sondern um die Teamarbeit von Schäfer und Hunden, wie sich in der Punktevergabe zeigt.

Insgesamt sind 115 Punkte zu vergeben, davon für die Hüteleistung maximal 55 Punkte, für die Arbeit des Haupthundes („Halbenhund“) zusätzlich 45 Punkte, der Beihund kann bei guter Arbeit noch einmal 15 Punkte erwerben.

Veranstaltung dient auch der Öffentlichkeitsarbeit

Die Hüteleitung der Veranstaltung hatte Ralf Meisezahl, Stadtschäfer von Hungen. Als Richter fungierten Klaus Wuttke aus Krummhörn, Martin Winz aus Halle und Willi Etzel aus Altenstadt. Reinhard Fett kommentierte das Geschehen auf dem Hütegelände für die Besucher. So ermöglichte es die Veranstaltung, „sich ein lebendiges Bild von einem der ältesten Berufe überhaupt zu machen,“ schrieb die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz in ihrem Grußwort. Die Wettbewerbsteilnehmer kamen aus insgesamt neun Bundesländern nach Hüttenberg: je einer aus Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie zwei aus Brandenburg. Für Hessen nahm der Lan­desmeister Frank Meyenberg aus Hüttenberg teil.

Hüteflächen und Schafherde vorbereitet

Reinhard Heintz und sein Sohn und Betriebsnachfolger Stefan Heintz hatten das Ereignis auf dem Kleebachtaler Hof wochenlang vorbereitet. Auch die Herde wurde schon im täglichen Arbeitsablauf mit Ãœbungen im „Parcourhüten“ auf den bevorstehenden Wettkampf eingestimmt. So hatte Stefan Heintz mit dem Rasenmäher Bahnen in der Weide gemäht, wo Hunde und Herde das Gehen entlang der Furche üben konnten, eine andere Prüfung, die beim Leistungshüten von den Richtern bewertet wird. Mit Holzhürden auf der Weide wurde auch das "Führen über eine Brücke" simuliert, bei der es vor allem auf die Hunde ankommt, die links und rechts Position einnehmen müssen, damit sich alle Schafe in den Gang über die Brücke einreihen. Damit die Herde sich beizeiten an wechselnde Personen gewöhnt, hatte sich Stefan Heintz zudem beim Hüten mit dem Lehrling des Hofes abgewechselt, auch wurden in den Wochen vor dem Bundeshüten regelmäßig die Hunde gewechselt, daran sollten die Schafe später gewöhnt sein. Gut zu Fuß ist die Herde des Kleebachtaler Hofs ohnehin, zum Alltag gehören hier lange Wanderstrecken zu Weiden, die bis zu 25 km entfernt sind.

Stefan und Reinhard Heintz (Vorsitzender des HVSZH) vom Kleebachtaler Hof stellten ihre Flächen und die Schafherde zur Verfügung.

Foto: Michael Schlag

Wichtiges Ereignis auch für den HVSZH

Die Herde beim Bundeshüten bestand aus Merinos und Rhönschafen. Eigentlich gefiele es ihm ja besser, wenn die Hüteherde nur eine Farbe hätte, sagt Stefan Heintz, aber dann wären unter den Merinos zu viele junge Lämmer gewesen. Deshalb hatte er 50 erwachsene Rhönschafe mit in die Herde genommen, „man muss es den Hütern ja nicht unnötig schwer machen.“ Und er hatte seine Suffolks für das Bundeshüten aus der Herde genommen, denn „die stiften in der Hüteherde zu viel Unruhe.“ Für Heintz senior, seit Jahren Vorsitzender des Hessischen Verbandes für Schafzucht und -haltung, war das Bundesleistungshüten auch ein Höhepunkt in seiner Schäferlaufbahn. „Das ist das Größte“, sagte Reinhard Heintz, „das hat man nur einmal im Leben.“ Heintz junior nimmt selbst auch an Leistungshüten teil, erzielte bei Kreishüten bereits einen zweiten und einen dritten Platz, aber er weiß: „Es ist schwierig bei den alten Hasen.“

Das bestätigte sich, als es beim Bundesleistungshüten am Sonntagnachmittag zur Siegerehrung kam: Einer der „alten Hasen“ hatte eindeutig die Nase vorn.

Bundessieger führt einen Schafbetrieb im Haupterwerb

Bundessieger wurde Herbert Kind aus Dörnfeld an der Heide in Thüringen mit seinen Schäferhunden Olivia von Hexengrund und dem Beihund Kelly von Haus Kind. Er erzielte schwer zu überbietende 107,5 Punkte und damit 90,9 Prozent der möglichen Punkte. Besondere Erwähnung in der Hütekritik fand der „ganz tolle Beihund“, der die volle Punktzahl bekam. Herbert Kind ist Jahrgang 1957 und ausgebildeter Schäfer seit seinem 18. Lebensjahr. Zuvor absolvierte der Schäfersohn seine Lehrzeit in der Stammzucht in Neckeroda. Sei erstes Leistungshüten bestritt er bereits 1974 beim Lehrlingshüten des Bezirkes Gera. Er leitet heute einen Haupterwerbsbetrieb mit 1 000 Mutterschafen, den er 1996 gründete. Herbert Kind war bereits sechs Mal Landesmeister in Thüringen und viermaliger Bundessieger beim Leistungshüten der Schäferhunde.

Ergebnisse der weiteren Platzierungen

Auch Platz zwei ging in ein ostdeutsches Bundesland, Stephan Stockfisch aus Brandenburg erreichte mit den Altdeutschen Hunden Stockfisch's Lord und Can v. Stuckwitzer See 83,3 % der möglichen Punkte. Stockfisch ist Jahrgang 1975 und Schäfer in dritter Generation. Seit 1999 ist er selbstständig mit eigener Herde und arbeitet als Wanderschäfer mit 800 Mutterschafen, mit denen er Deiche und Heideflächen pflegt. Platz drei ging an Ralf Bauer aus Marsberg in Nordrhein-Westfalen, Jahrgang 1965. Er bewirtschaftet im Hochsauerland einen Landschaftspflegebetrieb mit 500 Mutterschaffen und erreichte 81,2 Prozent der möglichen Punkte, obwohl er als Einziger mit nur einem Hund hütete, der Altdeutschen Polly vom roten Land. Der mehrfache hessische Landessieger Frank Meyenberg kam mit seinen Altdeutschen Hunden Wolle und Casper auf Platz fünf.

Schlag  – LW 39/2015