Cercospora an Zuckerrüben – da steht viel auf dem Spiel

Die Bekämpfung ist hochwirtschaftlich

Die Jahre 2018 und 2019 führten schmerzlich vor Augen, was geschieht, wenn ein früher Epidemie-Beginn bereits im Juni seinen Anlauf startet. Auf zahlreichen Rübenflächen im Rheingraben konnte die Cercospora nicht mehr kontrolliert werden. Weitere Blattkrankheiten wie Mehltau, Rost oder Ramularia spielen in der Regel nur eine untergeordnete Rolle.

Nach Blattverletzungen (z. B. durch Hagel) können Pseudomonas Bakterienflecken auftreten. Diese werden leicht mit Cercospora-Flecken verwechselt, sind jedoch nicht bekämpfbar.

Foto: Heidweiler

Landwirte beklagten schon vor über zehn Jahren die unzureichende Cercospora-Wirkung der Fungizide. Selbstkritische Landwirte räumten aber auch ein, dass die erste Behandlung vielleicht „etwas zu spät“ erfolgte und auch die Anschluss-Spritzungen heraus geschoben wurden, um mit zwei bis drei Maßnahmen über die Runden zu kommen.

Fungizide besitzen gegenüber Cercospora, der wirtschaftlich absolut dominierenden Blattkrankheit in Rüben, nur ein sehr geringes Kurativ-Potenzial. Nicht umsonst sind die Bekämpfungsschwellen extrem niedrig und müssen unbedingt eingehalten werden.

Bekämpfungsschwellen liegen extrem niedrig

Die Ergebnisse von Rübenfungizid-Versuchen, insbesondere in Befallsjahren wie 2018 und 2019, belegen die hohe Wirtschaftlichkeit der Cercospora-Bekämpfung. So konnte ein von der ARGE (Arbeitsgemeinschaft für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland) Worms am Standort Nordheim angelegter Versuch den BZE um mehr als 50 Prozent steigern. Dieses Plus erzielte ein Prüfmittel der Firma Bayer, aber auch die Kombination aus Rubric plus Kupfer.

Bekämpfungsschwellen Zucker­rüben Blattkrankheiten:

  • bis Ende Juli 5 kranke von 100 entnommenen Blättern
  • bis Mitte August 15 kranke von 100 entnommenen Blättern
  • ab Mitte August 45 kranke von 100 entnommenen Blättern

Termin der Erstbehandlung muss sitzen

Erfolgt die Erstbehandlung zu spät, ist bei entsprechender Witterung die Ausbreitung einer Epidemie nicht mehr aufzuhalten. Je früher die Erstbehandlung (Juni/Juli) erfolgt, umso kürzer ist die Zeitspanne bis zur Anschlussspritzung. Diese erfolgt im Abstand von 14 bis 21 Tagen, da im Juli der hohe Blattzuwachs zu einer schnellen Ausdünnung des Fungizidbelags führt. In Jahren mit frühem Befallsbeginn sind so drei bis vier Maßnahmen erforderlich.

Der amtliche Dienst und die ARGE informieren per Wetterfax und ISIP sowie mittels Feldkontrollen, wann die Praxis mit eigenen Blattkontrollen beginnen sollte. Das bewährte Computer-Simulationsmodell CERCBET 1 informiert zuverlässig, wann in den einzelnen Regionen mit Erstbefall zu rechnen ist. Per ISIP können sich registrierte Nutzer diesen Termin per SMS oder E-Mail sofort zusenden lassen.

Prognose nutzen und selbst bonitieren

Cercospora ist die wirtschaftlich dominierende Blattkrankheit in Zuckerrüben.

Foto: Heidweiler

Eigene Bonituren sind dann unerlässlich. Nur wer tatsächlich die 100 geforderten Blätter aus dem mittleren Blattbereich des Bestandes „rupft“ und betrachtet, wird die Krankheit rechtzeitig erkennen und umgehend handeln können. Bei normalem „Hinein schauen in den Bestand“ bleiben 10 Prozent befallene Blätter erfahrungsgemäß unentdeckt. Tipp: Ränder von vorjährig angrenzenden Rüben oder Rübenmieten kontrollieren.

Für den weiteren Verlauf nach Erstbehandlung existiert das Modell CERBET 3, welches schlagindividuell den weiteren Befallsverlauf vorhersagt und die exakte Terminierung von Folgebehandlungen angibt.

Nach Hagelschlägen und Blattverletzungen treten immer mal wieder verstärkt Pseudomonas-Bakterienflecken auf. Diese können Cercospora-Flecken sehr ähnlich sein, sind jedoch nicht bekämpfbar. Verhagelte Zuckerrüben begünstigen das Auftreten von Pilzkrankheiten in der Rübe in keiner Weise.

Volle Aufwandmengen beugen Resistenzen vor

Zur Resistenzvorbeugung und Verhinderung eines Shiftings (allmählicher Wirkungsverlust) bei kurativen Azol-Wirkstoffe sollten diese immer in voller Aufwandmenge und im Wechsel eingesetzt werden. Beispiel: Spritzstart mit Rubric plus Kontaktmittel, zweite Behandlung mit Duett Ultra plus Kontaktmittel, dritte Behandlung mit Domark oder Score plus Kontaktmittel.

Der Zusatz des Kontaktmittels Mancozeb im Produkt Tridex DG Raincoat (750 g/kg Mancozeb) wird in Cercospora-Starkbefalls-Regionen dringend empfohlen. Tridex DG Raincoat hat auch für 2020 vom BVL eine Notfallzulassung für maximal drei Anwendungen von jeweils 2 kg/ha und einer Wartezeit von 28 Tagen erhalten. Kupfer-Produkte stehen 2020 nicht zur Verfügung.

Die Strobilurin-Wirkstoffe in den Produkten Amistar Gold, Juwel, Mercury, Mercury Pro, Ortiva und Sphere haben im Rheingraben ihre Wirkung fast gänzlich verloren, dies zeigen sehr anschaulich die Fungizid-Versuche der ARGE in den letzten Jahren. Untermauert wird dies durch den Nachweis bei Resistenzuntersuchungen im Labor.

Keine Ausbringung bei Hitze und Trockenheit

Ende Juni/Anfang Juli besitzen Rübenbestände einen Blattflächenindex von 3,5. Das sind 35 000 m2 Rübenblattfläche je ha, deren Benetzung mit 400 l Wasser/ha besser gewährleistet wird als mit geringeren Aufwandmengen.

Schlagkraft hin oder her – bei Temperaturen über 25 °C oder bei Luftfeuchten unter 40 Prozent müssen diese Maßnahmen unterbleiben. An heißen Tagen mit tagsüber schlaffen Blättern ist früh morgens zu behandeln. Der Zusatz eines Additivs, beispielsweise Dash mit 1 l/ha, verbessert die Wirkstoffaufnahme deutlich.

Hermann Heidweiler, DLR, Neustadt/Weinstraße – LW 25/2020