Denkmalpfleger mit Kompromissbereitschaft

Vertreterversammlung mit Wahlen des Landseniorenverbandes

Zur jährlichen Vertreterversammlung des Landseniorenverbandes Hessen waren 125 Mitglieder nach Alsfeld-Eudorf in den Landgasthof „Zur Schmiede“ gekommen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Neuwahl des Präsidiums sowie ein Vortrag über die hessische Denkmalpflege.

Das neue Präsidium des Landseniorenverbandes Hessen – von links: Ehrenpräsident Karl Stumpf, Norbert Hanson, Geschäftsführer Gisbert Müller, Willi Gerlach, Ursula Eckert, Präsidentin Gertrud Köhler, Ilsabe Heymell, Giselherr Dietrich, Karl-Heinz Kampe und Wilhelm Christmann.

Foto: Lehmkühler

In ihren Begrüßungsworten zeigte sich die Präsidentin des Landseniorenverbandes Hessen, Gertrud Köhler, erfreut über die Anwesenheit „des zum Glück wieder gesunden“ Ehrenpräsidenten Karl Stumpf und des Vizepräsidenten des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Armin Müller. Köhler kündigte an: „Heute erwartet uns ein interessanter Vortrag von Prof. Zietz vom Landesamt für Denkmalpflege in Marburg. Wir sind gespannt, was er uns über die Zukunft unserer Dörfer aus Sicht der Denkmalpflege berichten wird.“

Herzliche Worte an die Landsenioren richtete HBV-Vizepräsident Armin Müller. Er überbrachte Grüße des HBV-Präsidenten Friedhelm Schneider und des Generalsekretärs Peter Voss-Fels. „Der Austausch des HBVs mit den Landsenioren ist für mich mehr als nur ein Erfahrungsaustausch“, sagte Müller. Ohne die bäuerlichen Familien mit ihren mehreren Generationen würden die landwirtschaftlichen Betriebe nicht so gut funk­tionieren, stellte er fest.

Auch wenn es für die Landwirtschaft in diesem Jahr ein schwieriges Jahr gewesen sei, sei die Ernte nun eingebracht, „und das Gute ist, dass die Futtergrundlage gesichert ist“, so Müller. Er sprach auch an, dass das Ausbluten des ländlichen Raumes gestoppt werden und die „grünen Lungen“ erhalten werden müssten, mit all den Dörfern, dem Kulturgut, dem dortigen Leben und menschlichen Miteinander. „Der Hessische Bauernverband wird weiterhin an Ihrer Seite stehen und Sie in Ihren Belangen unterstützen“, versprach Müller.

Neugestaltung und Abriss von denkmalgeschützten Gebäuden

„Wir haben in Hessen 60 000 Denkmäler. 40 000 davon werden vom Denkmalschutz betreut“, informierte Prof. Peer Zietz vom Landesamt für Denkmalpflege in Marburg. In seinem Vortrag zeigte der Referent eine Vielzahl an schützenswerten und abrissgefährdeten Gebäuden, hauptsächlich aus seinem Beratungsgebiet, dem Schwalm-Eder-Kreis. Aufgabe des Landesamtes der Denkmalpflege sei zum einen die Inventarisation. „In verschiedenen Bänden wird dazu aufgelistet, was in den jeweiligen Regionen an denkmalgeschützten Gebäuden vorkommt“, erklärte Zietz. Was als schützenswertes Denkmal zähle, werde im Hessischen Denkmalschutzgesetz festgehalten. Darin heißt es: „Schutzwürdige Kulturdenkmäler im Sinne dieses Gesetzes sind Sachen, Sachgesamtheiten oder Sachteile, an deren Erhaltung aus künstlerischen, wissenschaftlichen, technischen, geschichtlichen oder städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.“ Als Beispiele zeigte der Referent verschiedene Bilder, wie von der Grube Messel, vom Fritzlarer Dom und vom Kraftwerk Borken.

Weitere Aufgaben der Baudenkmalpflege seien die Bauberatungen, die sowohl für private Bauherren als auch für Landes- und Bundesliegenschaften sowie für kirchliche Objekte stattfänden, die fachlichen Beratungen für restauratorische Konzepte und die Finanzierungen, wobei hier die Posten Zuschüsse und steuerliche Abschreibungen wesentliche Aufgaben seien. „Für meinen Beratungskreis Schwalm-Eder habe ich beispielsweise einen jährlichen Zuschussetat von 180 000 bis 200 000 Euro, der sich auf rund 40 bis 45 Projekte verteilt“, erläuterte Zietz.

In der Denkmalpflege gäbe es Höhen und Tiefen. Als Tiefe bezeichnete Zietz verschiedene Abrissanträge. Wenn ein Abbruch 12 000 bis 15 000 Euro koste, dann sei das für manchen Eigentümer nicht finanzierbar, und so würde mancher Schandfleck in den Dörfern stehen bleiben. Bei anderen Anträgen würden Abbruchgenehmigungen unter gewissen Auflagen erteilt. Beispielsweise müsse dann eine neue Verwendung ausgemacht und eingehalten werden. Aber das Denkmal sei weg. „Ich bin mittlerweile froh über jeden, der auf seinem denkmalgeschützten Scheunendach eine Fotovoltaikanlage bauen möchte, denn dann bleibt die Scheune vermutlich noch 20 Jahre stehen“, zeigte sich Zietz kompromissbereit.

Gertrud Köhler, Präsidentin des Landseniorenverbandes Hessen, führte souverän durch das Programm der Vertreterversammlung.

Foto: Lehmkühler

Armin Müller, Vizepräsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), betonte die gute Zusammenarbeit und den wichtigen Erfahrungsaustausch zwischen dem Landseniorenverband und dem HBV.

Foto: Lehmkühler

Prof. Dr. Peer Zietz während seines Vortrags über die Denkmalpflege.

Foto: Lehmkühler

Sich für die Zukunft der Dörfer einsetzend, würde die Denkmalpflege im Schwalm-Eder-Kreis Szenarien erstellen, wie man mit historischen Gebäuden bis zum Jahr 2030 umgehen könnte. Ein wichtiger Punkt dabei sei, dass man keine Neubaugebiete mehr ausweise. Eine andere Möglichkeit sei, in sogenannten Gebäudekarten aufzuzeigen, welche Veränderungen an den Häusern möglich sind, um sie auch für jüngere Generationen attraktiv zu gestalten.

In vielen Dörfern sei die Grundversorgung nicht mehr gegeben. In seinem eigenen Wohnort habe er dies erlebt: In Densberg (Gemeinde Jesberg) stehe das Dorfgemeinschaftshaus leer, vor vielen Jahren hätten ein Tante-Emma-Laden und ein Lebensmittelgeschäft aufgegeben, Post, Pfarrstelle, Schule und Bäcker seien schon lange geschlossen. Als Denkmalpfleger sei er daher dankbar für jeden, der etwas aus einem schützenswürdigen Gebäude machen wolle. „Dabei geht es oft um Kompromisse zwischen den Besitzern und der Denkmalpflege“, räumte Peer Zietz ein. Wichtig sei es ihm, dass man zügig Informationen austausche und erfahre, was die Besitzer mit dem Gebäude vorhätten. Dann wäre vieles möglich.

Wahl des Präsidiums

Nach dreijähriger Amtszeit stand die Wahl des Präsidiums des Landesverbandes der Landsenioren an. Die Wahlleitung übernahm Ehrenpräsident Karl Stumpf. Er dankte dem bisheri­gen Präsidium für die geleis­tete Arbeit und erinnerte noch einmal an die Anfänge der Landseniorentätigkeit. Dabei hob er das große Engagement von Gründer Dr. Kurt Noell und Fritz Allstädt hervor.

Ihre Bereitschaft zur Wiederwahl des Präsidiums bekundeten: Präsidentin Gertrud Köhler, Vizepräsidentin Ilsabe Heymell, die Vizepräsidenten Wilhelm Christmann und Giselherr Dietrich sowie die Beisitzer Ursula Eckert, Willi Gerlach und Karl-Heinz Kampe. Die Vertreterversammlung wählte alle Genannten einstimmig wieder.

Aus Altersgründen schied Beisitzerin Else Kranz aus dem Präsidium aus. Präsidentin Köhler und Geschäftsführer Müller sprachen Kranz Dank und Anerkennung für ihre souveräne Arbeit aus und überreichten ihr einen großen Blumenstrauß.

Zur Wahl auf die Position von Else Kranz als Beisitzer für Südhessen schlug Wahlleiter Stumpf den Vorsitzenden der Landseniorenvereinigung Limburg, Norbert Hanson, vor. Hanson wurde einstimmig als neuer Beisitzer in das Präsidium gewählt.

Regularien gut abgewickelt

Im Anschluss fanden die Regularien statt, darunter der Tätigkeitsbericht von Präsidentin Köhler und der Kassenbericht von Geschäftsführer Müller. Präsidium und Geschäftsführer wurden einstimmig von der Vertreterversammlung entlastet. Nach der Mittagspause standen ein Erfahrungsaustausch über die Altenarbeit und Altersfürsorge im Rahmen allgemeiner und sozialer Aktivitäten der Landseniorenvereinigungen sowie das Arbeitsprogramm für 2013 auf der Tagesordnung.

SL