Denn sie wissen nicht mehr, was wir tun

BWV-Kreisversammlung Kusel tagte in Blaubach

Bei winterlichen Verhältnissen trafen sich die Landwirte des Kreisverbandes Kusel im Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd zu ihrer ordentlichen Mitgliederversammlung. Werner Schwarz, der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbands aus Schleswig-Holstein hatte sich auf den langen Weg gemacht, um in Blaubach über das Thema „Mit Lebensmitteln spielt man nicht – und mit deren Erzeugern auch nicht“ zu referieren.

Werner Schwarz ist sich sicher, dass die Landwirtschaft in zehn Jahren tiergerechter und umweltfreundlicher ist.

Foto: Setzepfand

Passender könnte das Thema nicht sein, bemerkte der Kreisvorsitzende Marcel Müller und wies darauf hin, dass vergangene Woche heimisches Rind als Mittagsmenü bei einem Möbelhaus in Kaiserslautern für 2,50 Euro angeboten wurde. „Die Lage ist auf vielen Betrieben desaströs“, sagte Schwarz. „Der Bauernverband hat nur eines im Sinn: So viel Betriebe, wie möglich durch die Krise zu bringen. Den Markt mit den Weltmarktpreisen können wir nicht ändern, doch all die anderen Hindernisse, die unsere Wettbewerbsfähigkeit einschränken, wie Kontroll- und Dokumentationspflichten, Verordnungen und Anforderungen des LEH. Das sind Mehrkosten, die die Landwirtschaft trägt“, so der Schweinemäster aus dem Norden. Dem schleswig-holsteinischen grünen Landwirtschaftsminister Robert Habeck habe man daher einen Handel vorgeschlagen: Man setze alle seine Forderungen, wie Antibiotikaverzicht, 30 m breite Gewässerrandstreifen, Betreten der Felder nach der Ernte um, wenn er alle Landwirte einstelle, natürlich mit 30 Tagen Urlaub pro Jahr. Leider habe der Minister nicht reagiert, denn seinen Wunsch könne er nicht finanzieren. „Bauern haben ein breites Kreuz, weil wir am Boden, an den Tieren, an unserer Landschaft und am allermeisten an unseren Familien hängen. Und wo sparen wir nun? Nicht an den Tieren, nein an unseren Familien. Kein Wunder, dass immer mehr Landwirte mit psychischen Problemen zu kämpfen haben. Was so lapidar als Strukturwandel bezeichnet wird, ist zu 17 Prozent die Aufgabe des Hofes aufgrund psychischer Krankheit“, sagte Schwarz. „Könne sich die Gesellschaft das leisten?“ In 15 Jahren werden viele in der Politik sagen: Das habe man nicht gewollt. Schwarz appellierte an die Solidarität: Wenn in ihren Reihen einer nicht mehr zu den Versammlungen kommt und sich zurückzieht, dann seien sie für diesen Menschen da, suchen sie zusammen Lösungen. Das könne nur gemeinsam angegangen werden.

Den Landwirten Erfolg gönnen

„Gönnen Sie uns den Erfolg, denn unser Erfolg, sind ihre Lebensmittel, die einen hohen Wert haben. Auch die Landschaft, die wir gestalten hat einen hohen Wert und das Engagement unserer Familien in den Dörfern hat einen hohen Wert“, argumentierte Schwarz gegenüber den Verbrauchern.

„Wir müssen zugeben, dass wir 30 Jahre zu wenig gemacht haben, um die Bürger mitzunehmen“, bemerkte Schwarz. Und dennoch genießen Landwirte eine hohe Anerkennung in der Gesellschaft, wie Umfragen zeigen. Daher sind die wichtigsten Botschafter der Landwirtschaft die Bauern und Bäuerinnen selbst. „Wir sind Tierhalter oder Ackerbauern mit Wissen und Gewissen, wir haben das gelernt. Drum mischen Sie sich ein, wenn es eine öffentliche Diskussionen gibt“, riet Schwarz. Die NGOs haben die Lebensmittel als Kampagnenthema entdeckt. Es betreffe alle, es bringe viel Spenden ein und es beruhige die Spender. „Glauben Sie nicht, dass sich jemals eine NGO auflösen wird, weil sich deren Auftrag erledigt hat. Wir sind oft Opfer von Kampagnen, doch wir müssen selbst Kampagnen starten, entwaffnende und uns mit dem Gegner verbünden, wie das erstmal mit der Initiative Tierwohl gelungen ist. Zwar hat der LEH keine weiteren Finanzierungszusagen gemacht, obwohl viel zu wenig Geld im Topf ist für all die willigen Landwirte. Die Initiative ist dennoch als Erfolg zu werten“, sagte Schwarz. Auch die Sozialen Medien liegen Schwarz am Herzen. In der Kommunikation müssen folgende vier Grundwerte berücksichtigt werden: Glaubwürdigkeit, Ehrlichkeit, Echtheit und Transparenz. „Zur Glaubwürdigkeit, ja, wir müssen auch kritische Themen ansprechen, wie Schwänze kupieren und Düngung. Zur Ehrlichkeit: Das Bild der Landwirtschaft wird von den Gegnern bestimmt, wir sollten selbst wieder den Pinsel in die Hand nehmen. Zur Transparenz: Ich habe eine Webcam in meinen Stall bauen lassen, diese widerspricht den haltlosen Vorwürfen der Tierschutzorganisationen. Und zur Echtheit: Nicht mehr nicht kommunizieren. Bauern und Bäuerinnen kommunizieren selbst. Offen und ehrlich kommunizieren, das ist entwaffnend. Lassen Sie sich Handynummern aus ihrem Dorf geben, auf alle Fälle vom Bürgermeister und dem Feuerwehrführer dazu von einigen Freunden und Nachbarn. Und wenn Sie dann Gülle ausfahren müssen, dann schreiben Sie diesen in einer Gruppe eine WhatsApp oder SMS. Ich fange Morgen früh um 5 Uhr an, dann haben wir Ostwind, daher starte ich im Westen des Dorfes. Erklären Sie, weshalb Sie das so machen. Dann ist Ruhe, dann wissen alle Bescheid.“ Die Sozialen Medien spielen eine große Rolle, da müsse die Landwirtschaft mitmischen. Die Tage des offenen Hofes locken viele Nichtlandwirte und vor allem Familien, das sei eine wichtige Gruppe, wenn die Mutter verstehe, wie moderne Landwirtschaft funktioniere, dann wissen es zwei Kinder mehr. „Mischen Sie mit, sprechen Sie mit ihren Nachbarn, denn selbst diese wissen doch nicht mehr, was wir tun“, schloss Schwarz.

Wahlen

Thomas Ulrich wurde erneut zum stellvertretenden Kreisvorsitzenden gewählt. Als Beisitzer standen Kurt Christoffel, Uwe Eberle, Arno Habermann, Lothar Jahns und Ralf Klein erneut zur Wahl. Günter Pfleger schied aus Altergründen aus. Er war seit 1989 Mitglied im Kreisvorstand und wurde mit einem Geschenk verabschiedet. Für ihn wurde Martin Schneider aus Konken als Beisitzer gewählt.

zep – LW 10/2016