Deutsche und ausländische Arbeitskräfte auf den Feldern

Schwieriger Start in die Spargel- und Erdbeerernte

Die Corona-Pandemie stellt die Sonderkulturbetriebe vor enorme Herausforderungen. Zu wenig Saisonarbeitskräfte, strenge Hygieneauflagen und Quarantänemaßnahmen fordern sowohl den Betriebsleitern als auch den Beschäftigten einiges ab. Das LW hat sich bei einigen Betrieben umgehört, wie sie die Situation meistern.

Markus (l.) und Stefan Schwalb (r.) aus Hettenleidelheim setzen auch in Zukunft auf deutsche Erntehelfer.

Foto: Imke Brammert-Schröder

Gute Erfahrungen mit deutschen Arbeitskräften haben Stefan und Markus Schwalb gemacht. Auf dem Betrieb in Hettenleidelheim bei Grünstadt mit 30 ha Sonderkulturen werden neben Spargel auch Erdbeeren, Rhabarber, Himbeeren, Brombeeren und Heidelbeeren angebaut. Vertrieben werden die Produkte über feste Partner an den Lebensmitteleinzelhandel. Die Lieferbeziehungen der Schwalbs bestehen schon viele Jahre. Die Grenzschließung für ihre rumänischen Saisonarbeitskräfte hat die Familie kalt erwischt. „Wir benötigen rund 70 Arbeitskräfte für die Spargel- und Rhabarberernte“, erklärt Markus Schwalb, der sich im Betrieb seines Bruders um Personal und Büro kümmert. „Zu Beginn der Spargelsaison hatten wir keinen einzigen.“ Also machte er einen Aufruf bei Facebook, mit großer Resonanz. „Es haben sich sehr viele Leute gemeldet, Schüler und Studenten, aber auch Menschen, die in der Gastronomie gearbeitet haben. Wir haben aber nur Leute eingestellt, die aus der Umgebung kommen“, so Markus Schwalb. Sie haben mit rund 20 deutschen Aushilfskräften die Spargelsaison begonnen. Er hat festgestellt, dass die Unterschiede zwischen den deutschen und den rumänischen Arbeitskräften nicht so groß sind: „Die Rumänen, die zu uns kommen, sind meistens Mitte 20 und haben vorher auch noch nicht auf dem Feld gearbeitet. Auch sie müssen wir erst an die Arbeit heranführen, genau wie die deutschen Schüler und Studenten, die den Hauptteil unserer deutschen Aushilfskräfte ausmachen.“ Man müsse sich allerdings darüber im Klaren sein, dass die Rumänen zehn Stunden am Tag arbeiten wollen, die Deutschen eher nur sechs Stunden. Die meisten deutschen Aushilfskräfte sind zwei bis vier Wochen bei Schwalbs beschäftigt. „Wir sind froh, dass wir sie haben“, sagt Markus Schwalb.

Schüler und Studenten auf dem Acker

Die 18-jährige Josefine Klett aus Grünstadt ist eine der Aushilfen bei den Schwalbs. Die Schülerin wollte nicht unnütz zu Hause sitzen und hat mit mehreren Freunden bei Schwalbs angefangen. Sie hat mit Spargel gestochen, aber auch andere Tätigkeiten wie das Pflanzen von Rhabarber und Himbeeren sowie Pflegearbeiten übernommen. Die Arbeit auf dem Feld hat ihr völlig neue Einblicke in die Welt der Landwirtschaft beschert. „Ich weiß nun, was die Arbeit wert ist und welchen Anteil die Arbeitskosten am Produkt haben“, sagt sie. Die Arbeit sei körperlich anstrengend, vor allem das Spargelstechen. Nach ein paar Tagen mit einer täglichen Arbeitszeit von sieben bis acht Stunden habe sie auch zehn Stunden durchgehalten, berichtet die Schülerin stolz. Sie arbeitet seit dem 1. April auf dem Betrieb und übernimmt verschiedene Tätigkeiten. „Es wäre gut, wenn jeder Schüler eine Woche auf einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten würde“, meint Josefine Klett. „Ich hätte nicht gedacht, welche Arbeit die Erzeugung von Obst und Gemüse macht.“ Sie sieht die Erfahrungen aus dieser Zeit positiv: „Ich komme im Sommer auf jeden Fall wieder und helfe in der Himbeerernte.“

Das freut Markus Schwalb, denn er hofft auf eben diesen Effekt. „Ich würde gern langfristig mehr deutsche Aushilfskräfte einstellen. Wir haben zwar bei den Schülern und Studenten eine hohe Fluktuation gehabt, aber selbst wenn sie nur zwei Wochen bleiben, ist es für beide eine Win-win-Situation.“ Dadurch, dass Schüler und Studenten sozialversicherungsfrei beschäftigt werden können, ist der Mindestlohn für sie attraktiv. Er hofft, dass er viele von ihnen zur Ernte der 11 ha Beerenkulturen ab Mitte Juni gewinnen kann. „Für diese Saison benötigen wir etwa 100 Helfer. Durch die jetzigen Gegebenheiten plane ich mit 60 bis 70 ausländischen Kräften. Ich hoffe, dass ich die fehlenden Kräfte durch die Unterstützung von 40 bis 50 Deutschen kompensieren kann“, blickt Schwalb voraus.

Quarantäneauflagen streng eingehalten

Andreas Klein aus Wiesbaden-Nordenstadt hielt frühzeitig Kontakt zu seinen Arbeitskräften aus Polen.

Foto: Imke Brammert-Schröder

Für die Spargelernte sind vor gut zwei Wochen 27 Rumänen per Flugzeug auf dem Betrieb angekommen, weitere sollen im Laufe der Saison folgen. „Einige kommen schon seit zehn Jahren zu uns, das hilft schon, weil sie die Abläufe auf dem Hof kennen“, so Markus Schwalb. In diesem Jahr sei dennoch vieles anders. Die Quarantäneauflagen machen allen zu schaffen. „Wir dürfen die Wohncontainer nur zur Hälfte belegen, haben getrennte Küchenbereiche und feste Arbeitstrupps eingeteilt.“ Es sei nicht einfach gewesen, die Mitarbeiter davon zu überzeugen, nach der Beendigung der Quarantäne nicht wie in den Jahren zuvor mit mehreren und nur noch einmal in der Woche zum Einkaufen zu gehen. „Während der Quarantäne haben wir den Einkauf komplett organisiert und übernommen“, erklärt Schwalb. Ein Caterer aus dem Ort bringe das Essen, auch für ihn eine wichtige Einnahmequelle in diesen Zeiten. Markus Schwalb berichtet, dass er eng mit dem Gesundheitsamt zusammenarbeitet, damit alle Auflagen gut eingehalten werden können. „Ein Mitarbeiter des Gesundheitsamts war zur Halbzeit der Quarantäne hier und hat sich davon überzeugt, dass wir alle Auflagen erfüllen.“ Seit vergangenen Sonntag ist die Quarantäne für seine rumänischen Saisonarbeitskräfte beendet.

Viel Solidarität aus Bevölkerung erfahren

„Wir haben ganz viel Solidarität aus der Bevölkerung erfahren, viele haben ihre Hilfe angeboten“, sagte Erdbeeranbauer Andreas Klein aus Wiesbaden-Nordenstadt kürzlich bei der Eröffnung der Erdbeersaison in Griesheim. Allerdings hätten die Erdbeerbetriebe Anfang April keinen Bedarf an Arbeitskräften gehabt. Auf seinem Betrieb haben einige deutsche Aushilfen in dieser Zeit geholfen, Äpfel zu packen. Bei Andreas Klein ist die Situation hinsichtlich der Arbeitskräfte im Augenblick entspannt. Er beschäftigt ausschließlich polnische sozialversicherungspflichtige Mitarbeiter auf seinem Betrieb, auf dem neben Beerenobst vor allem Äpfel und Kartoffeln angebaut werden.

Seine Arbeitskräfte konnten zu Beginn der Erdbeersaison Mitte April ohne Probleme aus Polen nach Deutschland reisen. „Allerdings waren die Regularien lange Zeit nicht klar, wir haben viel telefoniert.“ Klein, Vorstandsmitglied in der Bundesfachgruppe Obstbau, lobte ausdrücklich die Arbeit des Berufsstandes, der sich für die Einreise von ausländischen Saisonarbeitskräften stark gemacht hat.

Auf dem Erdbeer- und Spargelbetrieb von Andreas Lenhardt aus Griesheim sind ausschließlich Saisonarbeitskräfte aus Rumänien, Ungarn und Slowenien beschäftigt.

„Inzwischen sind 70 Prozent unserer Arbeitskräfte da“, sagte Lenhardt. Er habe sich rechtzeitig darum gekümmert, Kontakt mit den Leuten aufgenommen, die teilweise schon seit Jahren kommen, und Flüge gebucht. „Ich bin froh, dass ich so viele Arbeitskräfte habe. Wenn ich 70 bis 80 Prozent der Ernte bei Spargel und Erdbeeren einbringe, kann ich zufrieden sein.“ Mehr Mitarbeiter könne er durch die gesetzlichen Auflagen auch gar nicht unterbringen, so Lenhardt. Die Wohncontainer können nur zur Hälfte belegt werden. Feste Trupps arbeiten auf den Feldern zusammen, der geforderte Abstand zwischen den Mitarbeitern sei auf dem Feld ebenfalls gut einzuhalten. „Wir werden häufig kontrolliert, ob wir die Hygieneauflagen einhalten“, berichtete Lenhardt, der einen Großteil seines Spargels und seiner Erdbeeren über eigene Verkaufsstände selbst vermarktet.

ibs – LW 20/2020