Durchwachsene Getreideerträge und agrarpolitische Missernte

Nasse Witterung hat die Betriebe besonders gefordert

Während sich in den vergangenen Jahren Trockenheit und Hitze negativ auf die Getreideerträge ausgewirkt haben, sind es in diesem Jahr zu viel Regen und fehlende Sonne, die bessere Ergebnisse verhindern. Bei der Erntepressekonferenz des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV) Anfang dieser Woche in Bobenheim am Berg prognostizierte BWV-Präsident Ökonomierat Eberhard Hartelt daher eine insgesamt unterdurchschnittliche Erntemenge im Verbandsgebiet.

Wieder war „Wasser“ Thema Nr. 1, dieses Jahr besonders im südlichen Verbandsgebiet deutlich zu viel. Daher erwartet der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd (BWV) nur eine unterdurchschnittliche Ernte (v.l.): Stefan Schindler, Gerold Füge, Ökonomierat Eberhard Hartelt und Andreas Köhr.

Foto: Setzepfand

In Rheinhessen sind knapp die Hälfte der Gerstenfelder geern-tet mit optimalen Qualitäts-merkmalen wie 99 Prozent Voll-kornanteil – ein seltenes Erlebnis im Leben eines Landwirts. Da-gegen macht sich aufgrund der geringen Erträge in der Südpfalz Ernüchterung breit.

In Rheinhessen gute Ernte, im Süden schlechte Ernte

„Auffällig ist im Verbandsge-biet ein deutliches Nord-Süd-Gefälle abhängig von den Niederschlagsmengen und Bo-deneigenschaften“, sagte Gerold Füge, der Kreisvorsitzende im Donnersbergkreis und Vorsit-zende im Fachausschuss Pflan-zenbau. So fielen von Juli 2023 bis Juli 2024 in Alzey 650 mm und im selben Zeitraum in Pir-masens 1 200 mm. Damit sind die Landwirte in Rheinhessen mit den bisherigen Resultaten bei Winter- und Sommergerste zufrieden und auch der Blick auf den Winterweizen ist optimistisch. Ihre Kollegen in der Süd-pfalz berichten dagegen von enttäuschenden Ergebnissen bei Gerste und den ersten Partien Weizen. Beim Weizen kann auf-grund der Düngeverordnung in den Roten Gebieten keine Brot-weizenqualität mehr geerntet werden. Dies sei in diesem Jahr bei normaler Düngung bereits schwer. Beim Raps sind die Er-wartungen insgesamt gedämpft, die bisherigen Erträge liegen zwischen 2 und 4 t/ha unter dem Durchschnitt.

Profitiert hat in diesem Jahr das Grünland, die gute Wasser-versorgung machte hohe Erträge möglich. Doch auch diese Aus-sage kann nicht verallgemeinert werden, denn in der West- und Nordpfalz war es den Landwir-ten unmöglich zum besten Zeit-punkt zu mähen, da die Flächen zu nass waren. So ist manches Heu zu spät gemäht worden, so-dass es nur noch als Pferdefutter geeignet ist. Mais- und Zucker-rübenbestände stehen derzeit gut da. „Wir hoffen sehr, dass wir hier mal wieder gute Rüben einfahren können mit hohen Zuckerwerten“, sagte Stefan Schindler, auf dessen Betrieb die Pressekonferenz stattfand.

Aufgrund der SBR-Problema-tik haben Schindlers ihren Zu-ckerrübenanbau von bislang 25 Prozent deutlich heruntergefah-ren. Füge ergänzte, dass derzeit die Fangzahlen der Glasflügelzi-kaden auf den Versuchsfeldern ansteigen, sodass die Zuckerrü-benernte trotz guter Startbedin-gungen nicht gesichert sei.

Leider konnte nicht gedro-schen werden, da es am Abend zuvor erneut geregnet hat. Schindler, der gemeinsam mit seinem Vater rund 300 ha Acker-bau vorwiegend im Eisbachtal betreibt, hat bisher nur einen Acker Weizen gedroschen, ein sehr guter Standort mit gutem Ertrag. „Wir brauchen nun Son-ne, damit die Ernte flott einge-holt werden kann“, erläuterte er.

Zeitfenster für Befahrung waren stets sehr kurz

Die nasse Witterung im bishe-rigen Jahresverlauf brachte für alle Betriebe große Anstrengun-gen mit sich. Die Zeitfenster für anstehende Arbeiten waren ex-trem kurz, ob bei der Saat oder beim Pflanzenschutz – es gab keine Verschnaufpause und die Ausbreitung von Pilzkrankheiten erforderte einen effektiven Pflanzenschutz, um Ernteausfäl-le zu verhindern. Hinzu kamen lokale Unwetterschäden durch Starkregen und Überschwem-mungen rund um Pfingsten.

Abseits der Witterung ist mit dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinpest (ASP) in Rhein-land-Pfalz eine neue Herausfor-derung hinzugekommen. So müssen im Kerngebiet zwischen Oppenheim und Eich die Flä-chen vor der Ernte mit Hilfe von Drohnen nach Wildschweinen abgesucht werden.

ASP fordert die Landwirte vor Ort

BWV-Präsident Hartelt dank-te den Mitarbeitern der zustän-digen Kreisverwaltungen und des Umweltministeriums, den Jägern sowie den betroffenen Berufskollegen für ihren großen Einsatz und die gute Zusammen-arbeit zur Eindämmung der ASP. Er hoffe inständig, dass es ähn-lich wie in Belgien gelingt, die Verbreitung der Tierseuche ge-meinsam zu verhindern. Unsi-cherheitsfaktor sei der Mensch.

Während die Getreideerträge zumindest noch durchwachsen waren, sprach Hartelt mit Blick auf die Agrarpolitik von einer Missernte in diesem Jahr. Nach den Protesten der Landwirt-schaft zu Beginn des Jahres, hat-te die Bundesregierung deutliche Entlastungen für die Branche angekündigt. Das Ende Juni vor-gestellte Agrarpaket wird diesem Anspruch aus seiner Sicht in keinster Weise gerecht.

Die Verlängerung einer klei-nen Steuererleichterung, die na-tionale Umsetzung von europä-ischen Erleichterungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik und eine erneute Ankündigung von Bürokratieabbau sei keine Pers-pektive für den Berufsstand. „Die Betriebe müssen endlich ernst-haft und wirksam entlastet wer-den, sonst geht ihre Wettbe-werbsfähigkeit noch weiter zurück und ihre Zukunft ist ge-fährdet!“

Nach Berechnung des Deut-schen Bauernverbandes wird die deutsche Landwirtschaft seit An-tritt der Ampel-Regierung mit bereits beschlossenen und ge-planten Maßnahmen inklusive der Haushaltskürzungen durch zusätzliche Kosten von bis zu 2,8 Mrd. Euro belastet. Demgegen-über stehen Entlastungen von allenfalls 350 Mio. Euro, die zu-dem zu einem großen Teil von der Europäischen Union vorge-geben waren.

bwv/zep – LW 29/2024