Eichhof – Zukunftskonzepte für die Landwirtschaft

Neue Ansätze werden im Praxiseinsatz erprobt

Kaum ein Arbeitsfeld in der Landwirtschaft ist derzeit vom gesellschaftlichen Wunsch nach Veränderung ausgeklammert. Themen wie Klimawandel, Insektenschwund und Tierschutz sind im Fokus der öffentlichen Debatte auf der Suche nach Lösungsansätzen. In der Landwirtschaft ist es geläufig, Wirtschaftsweisen regelmäßig anzupassen, da Veränderungen in Umwelt, Technik oder Gesellschaft dies zur wirtschaftlichen Sicherung der Betriebe erforderlich machen. Bevor neue Techniken und Lösungsansätze in die Praxis einfließen können, müssen diese auf Tauglichkeit geprüft werden. Das Landwirtschaftszentrum (LWZ) Eichhof als Versuchs- und Bildungsstandort des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen erprobt neue Ansätze, die Lösungen für die genannten Herausforderungen bieten könnten.

Auf dem Eichhof wurde kürzlich ein Verfahren getestet, bei dem Unkraut mit Strom abgetötet wird. Bisher ist eine flächige Behandlung damit noch nicht praxistauglich.

Foto: LLH

In zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen oder Fachveröffentlichungen vermitteln die Fachkräfte die Lösungen schließlich den Landwirten und weiteren Akteuren. Derzeitige Arbeitsschwerpunkte am Eichhof sind insbesondere:

  • die Umgestaltung der Haltungsumwelt von Zuchtsauen,
  • die Ferkelkastration unter Betäubung,
  • der Verzicht auf Glyphosat auf landeseigenen Flächen und
  • Zukunftskonzepte für die Biogaserzeugung.

Mit dem Kastenstandsurteil entschied das OVG Magdeburg 2015, dass die bisher praxisübliche Sauenhaltung in Kastenständen von 55 bis 65 cm Breite nicht mehr rechtskonform ist. Daher entschied die hessische Landesregierung, dass betreffende sauenhaltende Betriebe ein Konzept erstellen müssen, wie und mit welcher Übergangsphase diese Rechtskonformität im Betrieb wieder erreicht wird. Das LWZ Eichhof hat für die beiden 2006 errichteten Deckzentren der Lehrwerkstatt für Schweinehaltung ein solches Konzept entwickelt, welches sich derzeit noch in der baulichen Umsetzung befindet. Eine vom Hessischen Landwirtschaftsministerium eingesetzte Projektgruppe hatte zuvor mögliche Lösungsvarianten ermittelt und miteinander verglichen. Folgende vier Varianten wurden diskutiert:

  • Verbreiterung der Kastenstände auf Widerristhöhe der Sau
  • die Nachbarstände unbelegt zu lassen
  • den Kastenstand im Liegebereich zu verbreitern oder
  • eine Gruppenhaltung mit Besamungs- und Behandlungsständen für die Fixierung der Sau während der Brunst einzuführen.

Tag der offenen Tür

Am Pfingstsonntag, den 9. Juni, findet von 10 bis 17 Uhr ein Tag der offenen Tür am Landwirtschaftszentrum Eichhof in Bad Hersfeld statt. Mit Führungen, Informationsständen und zahlreichen Mitmach-Aktionen (auch für junge Gäste) erhalten Besucher an diesem Tag Einblicke in die vielfältigen Arbeits- und Themenfelder des Eichhofs.

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Die drei erstgenannten Optionen bieten eine Verbesserung des Liegekomforts ohne wesentliche Verbesserung der Bewegungsmöglichkeiten für die Tiere. Hinzu kommt, dass diese Varianten mit der Abstockung des Bestandes von 8 bis 42 Prozent verbunden gewesen wären.

Mit Blick auf die Vorbildfunktion des Eichhofs entschied sich die Projektgruppe für die Einführung der Gruppenhaltung, die im Hinblick auf das Tierwohl Vorteile bietet und gleichzeitig keine Reduktion des Tierbestandes nach sich zieht. Zwar birgt sie ein höheres Verletzungsrisiko durch Aufreiten während der Brunst sowie Rangkämpfen, das allerdings durch eine Fixierung bis zum Abklingen der Brunst und Selbstfangfressgitter abgemildert werden soll. Die Vorteile des Tierwohls belasten jedoch die Wirtschaftlichkeit. Dennoch: Trotz höherer Kosten durch Umbau und Einrichtung überwiegen die betriebswirtschaftlichen Vorteile langfristig, da die Einnahmen nicht durch Abstockung vermindert werden.

Alternativen zu Glyphosat im Versuchswesen

Initiativen wie die hessische Glyphosat-Ausstiegsstrategie unterstreichen die ungewisse Zukunft des derzeit noch zugelassenen Wirkstoffs Glyphosat. Bei einem Wegfall müssen die Landwirte zwangsläufig auf Alternativen zurückgreifen, um ihre pflanzenbaulichen Ziele zu erreichen. Auf landeseigenen Flächen hat das Hessische Umweltministerium bereits den Einsatz verboten. Am Eichhof betrifft dies im besonderen Maße das Versuchswesen für Grünland und Feldfutterbau. Hier wurde Glyphosat bisher zur Trennung von Parzellen und zur Beseitigung von Altnarben vor der Neuanlage von Grünlandversuchen und bei Versuchsbeendigung eingesetzt.

Derzeit werden verschiedene Lösungsansätze auf ihre Praxis‑

tauglichkeit untersucht. So wurde Anfang April ein Verfahren getestet, bei dem Unkraut mit Strom abgetötet wird. Über die Stromeinwirkung wird die Zellstruktur bis in die Wurzeln zerstört. Die Stromeinwirkung erfolgt über Applikatoren, die sich an einem Frontgerät befinden. Die benötigte Energie erzeugt ein zapfwellenbetriebener Generator im Heck, die ein 130 PS-Schlepper liefert. Die Einwirkzeit des Stroms beträgt ca 0,1 bis 0,3 Sekunden. Aktuell scheint eine flächige Behandlung zur Grünlanderneuerung mit den geprüften Geräteeinstellungen noch nicht erfolgsversprechend. Für die Behandlung von Trennungen wird intensiv an technischen Lösungen gearbeitet.

Im Zuge der Energiewende werden regenerative Energieformen zur Deckung des Energiebedarfs immer wichtiger. Strom aus Wind- und Sonnenenergie steht jedoch nicht nach Bedarf zur Verfügung: Die nicht vom Netz abgenommene elektrische Energie muss in anderer Form gespeichert werden. Zu diesem Thema forscht das Fraunhofer IEE am Eichhof. Gefördert vom Hessischen Umweltministerium wurde eine „Power-to-Gas“-Anlage installiert. Mit Hilfe der überschüssigen elektrischen Energie aus Wind und Sonne wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Das daraus gewonnene Wasserstoffgas wird abgeleitet und stellt bereits eine lagerfähige Energieform dar.

Durch ein anschließendes Verfahren, bei dem das Wasserstoffgas mit Kohlenstoffdioxid angereichert wird, entsteht Methangas. Dieses birgt gegenüber dem explosiven Wasserstoff zum einen ein geringeres Gefahrenpotenzial, zum anderen besitzt es eine dreimal höhere Energiedichte. Die Erkenntnisse aus dem Projekt wird der LLH in seine Beratungsarbeit einfließen lassen.

LLH – LW 23/2019