Einigung mit Nachverhandlung?

Wäre die Einigung der Staats- und Regierungschefs über den nächsten EU-Finanzrahmen schon beim ersten Treffen im November zustande gekommen, dann wäre das Signal, die EU ist handlungsfähig, noch stärker gewesen. Und doch ist die Übereinkunft eine erstaunliche Leis­tung angesichts der weit auseinanderliegenden Interessen.

Bundeskanzlerin Merkel hat es geschafft, die Beiträge der Mitgliedstaaten auf 1 Prozent des Bruttonationalprodukts zu beschränken. Das Argument, wenn alle sparen, muss auch Europa sparen, hat sich offensichtlich durchgesetzt. Gleichzeitig wird der Agrarhaushalt stärker als andere Bereiche geschont. Das hatten Merkel und Aigner auch so angekündigt. Dass bei der Zweiten Säule stärker gekürzt wird als bei der Ersten, ist unter den gegebenen Umständen richtig. Denn die Gelder aus der Ersten Säule kommen den Landwirten direkt zugute. Andererseits bietet die geplante Möglichkeit der Umwidmung von bis zu 15 Prozent der Mittel Bund und Ländern die Möglichkeit, Geld nach ihrem Gusto auszugeben. Bislang war dies durch die Modulation auch möglich, allerdings zu 10 Prozent.

Die Einsicht der Staats- und Regierungschefs, dass beim Greening kein Land aus der Produktion genommen werden und es nicht zu ungerechtfertigten Einkommensverlusten führen soll, setzt sich hoffentlich bei den weiteren Verhandlungen durch.

Trotz der Einigung ist der EU-Finanzrahmen noch nicht eingetütet. Das Europaparlament muss zustimmen, und dieses fordert bekanntlich eine höhere Finanzausstattung, weil es mehr statt weniger Aufgaben auf die EU zukommen sieht. Und die Kritik, dass die Summen der Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen weit auseinanderliegen, nämlich um 52 Mrd. Euro, ist nicht unberechtigt. Denn es sollte gelten, wer sich verpflichtet, muss auch zahlen. Es könnte deshalb trotz des großen Drucks zur Ablehnung im Parlament und zu Nachverhandlungen kommen.

Cornelius Mohr