Erbsen und Bohnen in den Trog und auf den Teller

Leguminosentag beschäftigt sich mit der Verwertung

Der dritte hessische Leguminosentag am Landwirtschaftszentrum Eichhof beschäftigte sich vor allem mit der inner- und außerbetrieblichen Verwertung von Erbsen und Ackerbohnen.

Die Referenten waren sich einig, dass Leguminosen auch außerhalb des Greenings eine lohnende Anbaualternative sein können (von links): Moderatorin Brigitte Köhler, LLH, Maria und Karl-Adolf Kremer, Rheinische Ackerbohne, Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser, Dr. Dirk Köckler, Raiffeisen Waren GmbH Kassel, Thomas Bonsels, LLH, Alexander Hissting,Verband Lebensmittel ohne Gentechnik, und LLH- Dirktor Andreas Sandhäger.

Foto: Becker

„Unsere Fruchtfolgen müssen weiter werden, und Körnerleguminosen haben als Sommerungen einen hohen Vorfruchtwert; auch das Greening hat zuletzt für einen Aufschwung des Anbaus gesorgt. Nachdem jetzt aber keine Pflanzenschutzmittel mehr zugelassen sind, dürfte dieser wieder verpuffen“, stellte LLH-Direktor Andreas Sandhäger in seiner Begrüßung fest. Initiativen zur Förderung des Anbaus von Erbsen, Ackerbohnen und auch Soja zeigten aber, dass weiterhin durchaus Chancen bestehen. Außerhalb der betrieblichen Verwertung müssten allerdings noch Kapazitäten aufgebaut werden, und bei Soja sei noch Zuchtarbeit zu leisten, damit diese auch in kühleren Lagen angebaut werden könne.

Hessische Initiative für gentechnikfreies Futter

Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser betonte, dass „der Anbau von Leguminosen dem Boden nützt, Stickstoff bindet und importiertes Gensoja ersetzt. Unsere hessische Initiative gentechnikfreies Futter ist ein wesentlicher Baustein unseres Öko-Aktionsplans. Mit dieser Initiative verfolgen wir das Ziel, die Nutzung heimischer Futtermittel zu stärken und damit gleichzeitig die Soja-Importe zu verringern“, erklärte sie. Auch wenn durch das Pflanzenschutzmittel-Verbot auf Greening-Flächen mit einem Rückgang des Eiweißpflanzenanbaus zu rechnen sei, bleibe das Ministerium mit hinsichtlich der Initiative Gentechnikfreies Futter optimistisch, so die Staatssekretärin. In den vergangenen Jahren habe man einen deutlichen Anstieg der Anbaufläche verzeichnet. Der Anbau von Sojabohnen sei von rund 89 Hektar 2013 auf 556 ha im Jahr 2017 gestiegen. Für Leguminosen insgesamt habe die Anbaufläche von 3 463 ha im Jahr 2014 auf aktuell 9 368 ha zugenommen.

Der Handel könnte mehr verarbeiten

Dr. Dirk Köckler, Geschäftsführer der Raiffeisen Waren GmbH Kassel, zeigte auf, welche Vermarktungsmöglichkeiten für heimische Leguminosen im Landhandel bestehen und sagte zur aktuellen Situation: „Handelsmäßig sind Leguminosen aus deutschem Anbau eine absolute Nische.“ Rund die Hälfte der Ernte werde direkt in der Landwirtschaft verwertet, die übrigen 50 Prozent teilten sich die Industrie und Mischfutterwerke. Die Raiffeisen Vital Mischfutter GmbH verfüge über zwei Werke in Werl und in Hamm, wobei letzteres ausschließlich GVO-freie Ware annehme und verarbeite. „So können wir die geforderten 0,9 Prozent maximaler Beimengung garantieren,“ so Köckler. Zurzeit belaufe sich die Handelsmenge auf unter 5 000 Tonnen, man könne allerdings 12 000 t Leguminosen bei der Raiffeisen Vital verarbeiten.

Karl-Adolf Kremer: „Wir sollten nicht versuchen, die Kunden umzuerziehen, sondern auf ihre Wünsche reagieren.“

Leguminosendilemma bleibt vorerst ungelöst

Als „Leguminosendilemma“ bezeichnete Köckler die Situation, dass mehr heimische Leguminosen angebaut werden müssten, um die kritische Masse für den Marktzugang zu erreichen. Die unregelmäßige Mengenversorgung mache die Verarbeitung in den Mischfutterwerken schwierig und teuer. Außerdem begrenze der Rapsschrotpreis die Ackerbohnenpreise, und die Erbse werde in der Stärkeindustrie besser bezahlt. Wenn aber 2020 die Beimischungspflicht für Biodiesel aus Rapsöl nicht verlängert werden sollte, bräuchten die Futterwerke Alternativen zum Rapsschrot. Der Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik e.V. (VLOG), Alexander Hissting, stellte Entwicklungen auf dem „Ohne Gentechnik“-Markt vor und zeigte, welche Chancen sich dort für Leguminosen ergeben. Der VLOG setzt sich für die Produktion von Lebensmitteln ohne Gentechnik ein; Mitglieder sind Landwirte, Verarbeiter, Vermarkter, Lebensmittelhersteller und Handelsunternehmen ebenso wie Berater, Vereine und Privatpersonen, so Hissting. Außerdem vergibt der Verband Lizenzen für das einheitliche Siegel „Ohne GenTechnik“ für Lebensmittel und für das „VLOG geprüft“- Siegel für Futtermittel.

Wachstumspotenzial bei GVO-freier Fütterung

Wie Hissting ausführte, lehnt die große Mehrheit der Bevölkerung Lebensmittel ab, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurden. Daher fänden sich kaum Lebensmittel im Handel, die laut EU-Gesetz entsprechend gekennzeichnet werden müssen. Allerdings könnten Verbraucher nicht nachvollziehen, ob Produkte wie Milch, Fleisch oder Eier von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden, oder ob gentechnisch her­gestellte Enzyme in der Produktion verwendet wurden. Die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung des VLOG schließe diese Lücke. Vor allem Schweine würden mit Soja gefüttert, das zu großen Teilen gentechnisch verändert sei. Hier bestehe ein großes Potenzial für heimische, GVO-freie Eiweiß-Futtermittel. Aber auch bei Rindern und Geflügel gebe es noch Bedarf: Knapp ein Drittel der Milch sei bundesweit als Gentechnik-frei gekennzeichnet, bei den Eiern seien es rund 70 Prozent. Die 0,1-Prozent-Toleranz hält Hissting für notwendig, da eine völlige GVO-Freiheit von Null-Prozent technisch wegen Verschleppungen kaum einzuhalten sei. „Dann würde sich kein Produzent mehr zur GVO-Freiheit verpflichten, und auch der Anbau käme zum Erliegen“, verdeutlichte er.

Alexander Hissting: „Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt gentechnisch veränderte Produkte ab.“

Eiweiß von heimischen Äckern auf den Frühstückstisch

Die Initiative „Rheinische Ackerbohne“ stellte Landwirt Karl-Adolf Kremer aus Linnich, Landkreis Düren in Nordrhein-Westfalen, vor. „Anfang dieses Jahres haben engagierte Landwirte, landwirtschaftliche Genossenschaften, Unterstützer aus verschiedenen Verbänden und Institutionen mit etwa 40 Personen unseren gemeinnützigen Verein gegründet“, so Kremer. Vereinsziel sei die regionale Vernetzung von Landwirtschaft, Verbraucherschutz, Naturschutz und Vermarktung, um die Rheinische Ackerbohne als gentechnikfreien und regionalen Eiweißträger mit all seinen Vorteilen bekannt zu machen. „Für den Anbau, die Weiterverwendung und Verarbeitung unserer Rheinischen Ackerbohnen suchen wir gezielt Partner aus, die wie wir auf Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit Wert legen. Wir wollen Eiweiß von heimischen Äckern auf den Frühstückstisch bringen“, lautet das Credo des ersten Vorsitzenden. Denn nur 7 Prozent des in Deutschland benötigten Eiweißes würden auch im Land produziert, und ein großer Teil davon werde in Form von gentechnisch veränderten Sojabohnen importiert. Die Verbraucher wünschten aber im Gegensatz dazu GVO-freie Produkte, Transparenz, kurze Transportwege, artenreiche Feldfluren und eine umweltfreundliche Produktion.

Mit Ackerbohnen-Brot Kundenwünsche erfüllen

„Angesichts dieses Widerspruchs, sollten wir nicht versuchen, die Kunden umzuerziehen, sondern auf die Verbraucherwünsche reagieren und die sich daraus ergebenden Chancen nutzen“, verdeutlichte Kremer. Moderne Ackerbohnensorten mit reduzierten gehalten an Vicin und Convicin brächten deutliche ernährungsphysiologische Vorteile bei der Fütterung von Nutztieren – vor allem bei Legehennen. Wichtig für die bessere Wertschöpfung aus solchen Produkten sei die aktive Vermarktung, betonte Kremer. Dem Käufer müsse der Mehrwert ersichtlich sein. Eine Besonderheit stellt hier das „Ackerbohnen-Brot“ der Ini­tiative „Rheinische Ackerbohne“ dar. Das Dinkelbrot mit Ackerbohnenschrot werde mittlerweile in vielen Bäckereien der Region angeboten und entsprechend beworben.

Dr. Dirk Köckler: „Handelsmäßig sind Leguminosen aus deutschem Anbau eine absolute Nische.“

Workshops diskutieren Verwertung und Vermarktung

Am Nachmittag wurde in zwei parallellaufenden Workshops die inner- beziehungsweise außerbetrieb­liche Verwertung von Leguminosen diskutiert. Zum innerbetriebli­chen Einsatz wurde festgestellt, dass die technische Ausstattung der Betriebe für die Trocknung, Lagerung und Belüftung von Leguminosen in der Regel ausreicht. Der Substitutions-wert könne nicht verallgemeinert werden, hieß es, sondern sei immer betriebsindividuell zu ermitteln. Außerdem müsse die Anbauwürdigkeit von Ackerbohnen unter den Bedingungen der neuen Düngeverordnung und des Pflanzenschutzmittelverbotes im Rahmen des Greenings neu bewertet werden. Der Workshop zur außerbetrieblichen Vermarktung wurde wie folgt zusammengefasst: Im Lebensmitteleinzelhandel haben Produktlinien „Ohne Gentechnik“ und mit besonderen ökologischen Leistungen Wachstumspotenzial. Am Beispiel der Dachmarke LandPrimus von Tegut und Qualitätsfleisch des Zerlege- und Weiterverarbeitungsbetriebs „Neuland“ West aus Bergkamen wurden entsprechende Vermarktungswege aufgezeigt.

Mehrwerte kommunizieren und erlösen

Kira von Knoop, bei Tegut verantwortlich für LandPrimus, erläuterte, dass das Unternehmen die kompletten Tiere direkt vom Landwirt beziehe. Kriterien seien Regionalität, GVO-Freiheit, Antibiotika-Einsatz wie im Biobetrieb und 10 Prozent mehr Platz. Neuland-Geschäftsführer Christoph Dahlmann betonte, dass man auch hier strenge Vorgaben für eine tiergerechte Haltung habe und dafür unabhän-gig von Schwankungen bei konven­tionellen Preisnotierungen je nach Magerfleischanteilen im Schnitt über 2 Euro/kg bezahle. Entscheidend für die Vermarktung auf Seiten der Landwirte sei nach wie vor die Angebotsbündelung, beispielsweise in Erzeugergemeinschaften, waren sich die Teilnehmer einig.

KB – LW 46/2017