Erfassung von artenreichen Wiesen und Weiden

Grünlandkartierung Rheinland-Pfalz im Gange

Blumenbunte Wiesen und Weiden zählen zu den artenreichsten Lebensräumen in Mitteleuropa. Daher sind sie von besonderer Bedeutung für den Naturschutz. Ihre Entstehung verdanken diese wertvollen Lebensräume einer vergleichsweise extensiven landwirtschaftlichen Nutzung, zumeist geprägt durch eine ein- bis zweischürige Mahd, keine bis moderate Düngung oder eine Beweidung mit geringem Viehbesatz.

Wiesenmargeriten-Aspekt auf einer mageren Flachland-Mähwiese im Landkreis Vulkaneifel.

Foto: Martin Helmert

Wegen ihrer großen Bedeutung für den Erhalt der Biologischen Vielfalt sind artenreiche Wiesen und Weiden durch das Bundesnaturschutzgesetz sowie das Landesnaturschutzgesetz geschützt. Um einen Überblick über ihr Vorkommen und ihren Zustand zu erhalten sowie ihre Entwicklung beobachten zu können, sollen für den Naturschutz bedeutsame Wiesen und Weiden im Rahmen einer landesweiten Grünlandkartierung in ganz Rheinland-Pfalz erfasst werden. Die Grünlandkartierung wird federführend durch das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz durchgeführt.

Da es sich um vorwiegend landwirtschaftlich genutzte Lebensräume handelt, deren Bestand auch nur durch eine entsprechende landwirtschaftliche Nutzung gesichert werden kann, wird die Kartierung von einem engen Austausch zwischen Naturschutz und Landwirtschaft begleitet. Dieser erfolgt in den jeweiligen Landkreisen durch Expertengespräche und Vororttermine, bei welchen die Kartierung sowie die Kriterien für die Auswahl einer Fläche erläutert werden sowie aktuelle Themen rund um Grünland diskutiert werden.

Damit Landwirt und Flächennutzer die Grünlandkartierung begleiten können, wird das Landesamt für Umwelt in den nächsten Monaten über das Grünland in den verschiedenen Regionen der diesjährigen Grünlandkartierung sowie über erste Erfahrungen aus den bereits durchgeführten Veranstaltungen mit Naturschutz und Landwirtschaft berichten.

Wichtig für den Erhalt der Biodiversität sind vor allem die extensiv genutzten Bereiche des Grünlands. Hierzu zählen unter anderem die artenreichen Glatthaferwiesen, auch Magere Flachland-Mähwiesen genannt. Sie beherbergen eine Vielzahl an unterschiedlichen Pflanzenarten wie die Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), die Wiesenmargerite (Leucanthemum vulgare) oder die Wiesen-Flockenblume (Centaurea jacea). In den höheren Lagen gehen die Glatthaferwiesen in die Goldhaferwiesen über, auch Berg-Mähwiesen genannt, mit Arten wie dem Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum) oder dem Schlangen-Knöterich (Bistorta officinalis). Aber auch so manche Magerweide beherbergt eine Vielzahl an Arten wie den Quendel-Ehrenpreis (Veronica serpyllifolia). Diese drei Lebensräume sind seit dem Jahr 2015 durch das Landesnaturschutzgesetz Rheinland-Pfalz geschützt und stehen im Mittelpunkt der Kartierung. Neben den Wiesen und Weiden der vorwiegend mittleren Standorte werden ebenfalls Grünlandtypen auf Sonderstandorten wie Feucht- und Nassgrünland sowie Heiden, Trocken- und Halbtrockenrasen erfasst, die bereits seit vielen Jahrzehnten durch das Bundesnaturschutzgesetzt geschützt sind.

Warum sind Wiesen und Weiden so wichtig?

Artenreiche Wiesen und Weiden beherbergen eine unglaublich hohe Anzahl an Pflanzenarten. Von jeder dieser Pflanzen sind wiederum eine Vielzahl unterschiedlicher Tierarten abhängig. So bietet Grünland Lebensraum für viele spezialisierte Arten unter anderem aus der Klasse der Insekten, Spinnentiere oder Vögel, wie die Widderchen (Zygaenidae), die Eichblatt-Radspinne (Aculepeira ceropegia) oder den Neuntöter (Lanius collurio). Zusammen bilden der Lebensraum und die Lebensgemeinschaft aus Pflanzen und Tieren das Ökosystem. Dieses leistet wichtige Beiträge wie zur Bereitstellung von Grünfutter, der Reinhaltung von Wasser und Boden sowie der Sicherung eines ausgewogenen Klimas. Nicht zuletzt schätzen Ausflügler, Wanderer und Spaziergänger die bunte Blütenpracht, die duftenden Kräuter, die Schmetterlinge und Grashüpfer als besonderen Naturgenuss im Frühling und Sommer.

Der Neuntöter, Lanius collurio.

Foto: Carsten Renker

Artenreiches Grünland ist mancherorts jedoch selten geworden. Mit den Lebensräumen der Wiesen und Weiden verschwinden auch die Pflanzen und Tiere. Mittlerweile sind nicht nur seltene Arten von einem Rückgang betroffen, sondern auch einst häufige Arten des Grünlands. Mit dem Wegfall einer Art wird ihre Funktion im Ökosystem nicht mehr erfüllt und macht dieses weniger anpassungsfähig gegenüb=er zukünftigen Veränderungen wie den Klimawandel.

Aufgrund des enormen Artenspektrums und der Vielzahl unterschiedlicher Standorte und Funktionen spielt der Erhalt des Grünlands daher eine ganz wesentliche Rolle bei dem Erreichen von nationalen, europäischen und internationalen Biodiversitätszielen.

Was ist die Grünlandkartierung Rheinland-Pfalz?

Die Grünlandkartierung ist die landesweite Erfassung der artenreichen Wiesen und Weiden, die entweder durch das Landesnaturschutzgesetz Rheinland-Pfalz oder durch das Bundesnaturschutzgesetz geschützt sind. Im Jahr 2020 hat die Kartierung im Landkreis Vulkan­eifel begonnen und wird in diesem Jahr in den Landkreisen Mainz-Bingen und Westerwaldkreis sowie in Neustadt an der Weinstraße fortgeführt. Anschließend soll in den nächsten sieben Jahren jährlich eine ausgewählte Anzahl von Landkreisen, verteilt über das gesamte Bundesland, kartiert werden. Die Erfassung erfolgt durch sogenannte Kartierer, erfahrene Experten der Flora und Fauna.

Der Neuntöter, Lanius collurio.

Foto: Carsten Renker

Diese erfassen diejenigen Wiesen und Weiden lagegenau, die eine besondere ökologische Qualität aufweisen. Diese ist etwa dann gegeben, wenn typische Pflanzenarten mit einer entsprechenden Häufigkeit nachgewiesen werden. Die geprüften Ergebnisse der Grünlandkartierung werden jeweils im, auf die Kartierung folgenden Jahr, im Landschaftsinformationssystem der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz (LANIS) veröffentlicht.

Kathrin Linnemann, LfU – LW 28/2021