Erfolg braucht Idealismus
VDAJ-Jahrestagung mit Betriebsbesichtigungen in der Rhön
Mitten in Deutschland, im hessischen Teil des Biosphärenreservates Rhön, trafen sich die Mitglieder im Verband Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) zu ihrer Jahrestagung 2010. Im Mittelpunkt dieser standen Exkursionen, Fachvorträge sowie die Mitgliederversammlung selbst.
Dr. Hubert Beier, Geschäftsführer des Kreisbauernverbandes Fulda-Hünfeld, stellte den Agrar-Experten die Landwirtschaft im Landkreis Fulda mit einer bewirtschafteten Fläche von 65 368 ha (davon 53 Prozent Grünland) vor. Die Viehhaltung spiele in der Region eine besonders große Rolle, betonte Beier im Tagungsort in Dipperz. 24 000 Milchkühe sowie 4 000 Mutterkühe, 5 000 Zucht- und 60 000 Mastschweine stünden dort in den Betrieben, die sich in 30 Prozent Haupterwerb- sowie 70 Prozent in Nebenerwerbsbetriebe aufteilen. Die WachstumsÂgrenze liege dort bei über 80 ha. Etwa 12 Prozent der Betriebe mit 10 Prozent an der Gesamtfläche wirtschafteten ökologisch.Betriebe im Biosphärenreservat
Das Wirtschaften in der Vorder- und Hochrhön verlange viel Bodenhaftung und Idealismus von den Landwirten, Landfrauen und ihren Familien ab, meinte Beier, denn die Bodenarten wechselten stark, ebenso die Höhenlagen und der Niederschlag, der am Westhang der Rhön zwischen 700 und 1 000 Liter/Quadratmeter (an der Wasserkuppe 1 200 l/qm) Jahresniederschlag ausmache. 70 Prozent der Rhön sei Grünland (20 bis 35 Bodenpunkte). Dr. Beier ging auch darauf ein, dass die Landwirtschaft im Jahre 1991 bei der Anerkennung der Rhön zum Biosphärenreservat nicht um ihre Meinung befragt worden sei. „Wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden“, so der KBV-Kreisgeschäftsführer. Schließlich sei MilchÂerÂzeugung die wichtigste EinÂnahme für die Betriebe in der Rhön.
Standort für Mutterkuhhaltung
Auch der Ackerfutterbau habe großen Stellenwert, hingegen die Schweineproduktion in der Region stark rückläufig sei. Als Besonderheit nannte er den Rapsanbau und vorhandene ÖlÂmühlen. Eine Sonderstellung nehme ferner die Rindfleischproduktion ein. Besonders in den Höhenlagen, in denen die Mutterkuhhaltung, der Rhöner Weideochsen- und RhöÂner BiosphärenÂrind eine große Bedeutung habe.
Ebenso die Rhönschaf- und die ZieÂÂgenhaltung zur Pflege und ErÂhaltung der Rhön als dem Mittelgebirge der „offeÂnen Fernen“, die Geflügelproduktion, die Bienenhaltung, die Fischzucht, Pferdehaltung und die Beerenproduktion, die sich mehr im südlichen LandÂkreis abspiele, hätten als Nischen ihre BerechÂtigung. Als wichÂtiges Ziel in der Rhön nannte Dr. Hubert Beier die ErhalÂtung der Kulturlandschaft durch landwirtschaftliche Nutzung. Ihren Beitrag dazu leisÂte auch die Gastronomie, der FremÂdenverkehr soÂwie die Kommunen in einem Allianz-Verbundsystem. Im SpanÂnungsfeld zwischen Landwirtschaft und Naturschutz setze man auf DialoÂge und die IntegraÂtion von Naturschutzzielen auf dem Gebiet der Landnutzung.
Betriebe besichtigt
Was der KBV-Geschäftsführer erläuterte, das konnten die AgrarÂjournalisten am Vortrag in vier Betrieben, die sich um das „Aushängeschild Rhön“ stets bemühen, wahrnehmen. Da war zum einen Rhönschäfer Dietmar WeckÂÂbach aus Wüstensachsen, der es verstand, für das Biosphärenreservat und die dort in den Betrieben erzeugÂten Produkte zu werben. Weckbach baute das fast vom Aussterben bedrohte Rhönschaf wieder auf, arbeitet mit der heimischen Gastronomie sowie mit dem Lebensmittelkonzern „tegut“ in Fulda zusammen.Als deutschlandweit führend in der Zucht von Bachforellen gilt Lothar Keidel aus Wüstensachsen. Er stellte klar, dass ein FamiliÂenbetrieb mit einer JahresÂproÂdukÂtion von 30 bis 35 t Fisch exisÂtieren kann, wenn eine hohe Qualität erÂzielt wird. Keidel stellte den Journalisten seinen 1880 gegründeten in 650 m Höhe liegenden Betrieb mit eigenen mit QuellwasÂser versorgten Teichen, in denen sich vor allem Rhönforelle und Esche befinden, vor. Wie SelbstÂverÂmarktung von Brot- und WurstÂwaren „läuft“ wurde auf dem BioÂbetrieb Christoph Gensler in PopÂpenhausen gezeigt. „Hochprozentiges“ gab es im Rhönschaf-Hotel mit ApfelÂkelterei von Jürgen Krenzer in Seiferts mit verschiedenen Apfelweinsorten und Apfelsherry. Bereits frühzeitig hat Krenzer seinen Gästen Gerichte mit Zutaten der landwirtschaftlichen Produktion aus Betrieben der Rhön serviert, insbesondere Menüs mit Rhön-Lamm und Rhön-Forelle.
Kurhessische Fleischwaren Fulda
Ein starker Partner der Landwirtschaft in der Rhön ist die Kurhessische Fleischwaren Fulda (kff) GmbH, welche tegut-Märkte zwischen Göttingen und WürzÂburg sowie zwischen Frankfurt und JeÂna mit Fleisch- und Wurstwaren beliefert. Abteilungsleiter Sven EuÂen erwähnte 1986 als Start der Herstellung von Bio-Wurstwaren und 1993 als Gründungsjahr der ErzeugerÂgemeinschaft Land-Primus. 1997 erfolgte der Start des Bio-Vollsortimentes, das 27 Prozent am gesamten Fleisch- und Wurstwaren-Sortiment ausmacht. Heute verarbeiten die 370 Mitarbeiter in Produktion und Verwaltung täglich 31 t Wurst-, Schinken- und Speckprodukte sowie 29 t Frischfleisch, in erster Linie für die tegut-Filialen.
An Bio-Schweinen werden in der kff heute 35 000 Tiere vermarktet. Durch die Ãœbernahme eines Verarbeiters sowie dessen Lieferanten stiegen die Schlachtungen von 11 075 Schweine im Jahr 2008 auf 34 346 Schweine im Jahr 2009. Seine Produkte vermarktet das Unternehmen auch an externe Kunden. Burkhardt