Erfolgreich Kälber aufziehen

Gute Kinderstube verspricht hohe Lebensleistung der Kühe

Die Kälberaufzucht war ein wesentliches Merkmal der in der Eifel mit dem Arbeitskreis Milch Fulda und Odenwald besuchten Milchviehbetriebe. Die Betriebsleiter begründen die Milchleistung des Kuhbestandes und die hohe Einsatzleistung der Färsen mit den guten Startbedingungen für das Kalb.

Die Kälberaufzucht stand im Mittelpunkt der besuchten Betriebe des Arbeitskreises.

Foto: Angela Mögel

Bei nicht mehr ganz so tiefen Temperaturen empfing Familie Lichter (Ließem) die Gruppe von Landwirten. Mit einer Laktationsleistung von 12 709 kg (2009: 13 362 kg Milch) seiner 56-köpfigen Milchviehherde konnte sich der Betriebsleiter der Aufmerksamkeit seiner Zuhörer gewiss sein. Der Betriebsrundgang startete im Kälberstall, dem das Betriebsleiterehepaar einen genauso hohen Stellenwert beimessen, wie dem Kuhstall. „Hohe tägliche Zunahmen sind in der Kälberaufzuchtphase entscheidend“, so der Betriebsleiter.

Geburtsüberwachung per Kamera

Die Geburtsüberwachung im Abkalbestall erfolgt per Kamera. So wird die Kuh nicht mit der Anwesenheit des Landwirtes gestört während des Geburtsvorbereitens. Landwirt Lichter versorgt auch nach einer nächtlichen Geburt das Neugeborene sofort mit gespindelter Biestmilch. „Das ist ja ein ungeschütztes Lebewesen und die Frage besteht, wer den Wettlauf um die Besiedlung des Darms gewinnt.“

Säuft das Kalb nicht, wird es ge­drencht. Die ersten Lebensta­ge bekommen die Kälber dreimal täglich Biestmilch. In der Gruppe achtet Lichter auf die rich­tige Konzentration des Milch­austauscher (40 Prozent Magermilch) mit 145 g/ l Wasser. elf Wochen dauert die Tränkphase. Zufütterung von hochwer­tigen Kraftfutter (aufgeschlos­senes Kälberaufzuchtfutter) und der Kuh-TMR ist für die Pansenentwicklung wichtig. Bis zum siebten Lebensmonat werden die Kälber auf Stroh gehalten.

Ab dem zwölften Lebensmonat gehen die Färsen von Mai bis Oktober auf die Weide. Zur Besamung werden sie in den Stall gebracht. Die Färsen kalben zwi­schen 24 und 25 Monaten. Einsatzleistungen über 40 Liter sind normal, so der Betriebsleiter. Seit Jahren züchtet er die Kühe auf einen hohen Eiweißgehalt in der Milch. Stoffwechselanfällige Tiere (Ketose, Azidose) werden mit Fleischrinderrassen besamt. Die Remontierung liegt zwischen 22 und 28 Prozent. Auf Deutschlands beste Dauerleistungskuh mit 186 000 kg Lebensleistung und elf Kälbern ist Familie Lichter besonders stolz. Die problematische Klauenerkrankung Mortellaro ist kaum im Bestand zu finden.

Tierbeobachtung ist wichtig

Betriebsleiter Lichter legt al­ler­größten Wert auf Kuhbeobachtung. So übernimmt das Melken ein Melkroboter. Das Spalten- und Futterranschieben erledigt ebenfalls ein Roboter. Nach zehnjähriger Erfahrung legt der Betriebsleiter nun eine vollwertige TMR mit 6,8 bis 7 MJ NEL und 165 bis 170 g nXP den Kühen am Futtertisch vor. Für Kühe (bei 27 kg Trockenmasseaufnahme!) hat die Ration einen Milcherzeugungswert von 46 Liter und für Färsen 35 Liter. Die TMR besteht aus 9 kg TM Grassilage, 6 kg TM Maissilage, 6 kg FM Biertreber, 6 kg FM Pressschnitzelsilage, 2 kg Getreide/Körnermaismischung), 2,3 kg Eiweißergänzung (mit einem hohen Anteil Durchschflussprotein), 300 bis 600 g Stroh und 1 kg eingemischtes Heu.

Bis zum 80. Tag bekommen alle Tiere 3,5 bis 4 kg einer speziellen Kraftfuttermischung (Propylenglykol 300 ml, L-Carnitin 900- 1000 mg, geschütztes Fett, geschütztes Eiweiß, Trockenschnitzel, Körnermais) und danach ein maislastiges 20/4 Milch­leistungsfutters mit maximal 4 kg pro Kuh und Tag. Auf L-Carnitin als leberstoffwechselunterstützender Futtermittelzusatzstoff möchte der Betriebs­lei­ter nicht verzichten.

Die gute Fruchtbarkeitssituation in der Milchviehherde bildet die Zwischenkalbezeit von nur 407 Tagen ab. Wie die Kuh in die Laktation startet ist entscheidend. Die Kühe stehen nur vier bis fünf Wochen trocken. Sie bekommen die Kuhration, gestreckt mit Stroh und Heu. „Mit Kühen die fast alle die dritte Laktation überschritten haben, muss man auch im Hinblick auf die Fütterung anders umgehen, als mit jüngeren Tieren.“ Ab der vierten Laktation bekommt jede Kuh eine Flasche Kalziumlösung intravenös gegen Milchfieber. In der Regel werden die Tiere auch drei Tage mit einer Glukoseinfusion unterstützt. Die Lebensleistung der Herde mit 58 000 kg spricht für das Mana­gement.

Straff geführter Familienbetrieb

Auf Deutschlands beste Dauerleistungskuh mit 186 000 kg Lebensleistung und elf Kälbern ist Familie Lichter besonders stolz.

Foto: Angela Mögel

Auch der Zuchtbetrieb Meutes (Rommersheim) überzeugte mit der seit 5 Jahren auf dem hohen Niveau von 11 220 kg ermolkener Leistung. Mit nur zwei Familien-AK und zwei Lehrlingen werden 190 Milchkühe, 220 weibliches Jungvieh und 60 Zuchtbullen gemanagt. Ein Großteil der Feldarbeiten wurde ausgelagert.

Die Arbeitstage des Betriebsleiters sind mit 13 Stunden sehr lang. Dennoch spürt man die Freude, die die Arbeit mit und an der Kuh ihm verschafft. Sein Motto lautet „Kühe müssen Spaß machen.“ So wirkt auch der gesamte Betrieb. Man findet kaum einen Strohhalm, dort wo er nicht hingehört. Die Ställe empfangen den Besucher und natürlich die Kühe hell und aufgeräumt.

Die täglichen Arbeiten sind größtenteils mechanisiert (Boxeneinstreu, Entmistung Kälber­iglu). Tierumtriebe können von einer Person erledigt werden, da Boxen und Gitter so angelegt wurden. Einen Großteil des 100 Meter langen Kuhstalles nehmen sechs Strohboxen ein. Die Transitkühe und Tiere, die mit den Hochtiefboxen nicht zurechtkommen, können da auf Stroh liegen. Die Lebenstagsleistung von 22,3 kg und Lebensleistung der abgegangenen Kühe von 52 000 bis 59 000 kg zeigen den Erfolg dieses Systems.

Interessant ist, dass auch in diesem Betrieb die Kühe einen niedrigen Kraftfutterverbrauch haben. So setzt sich die Ration der Hochleistungsgruppe zum Beispiel aus 15 kg FM Grassilage, 21 kg Maissilage, 1,2 kg Luzerneheu, 9 kg Pressschnitzelsilage, 2 kg Getreide, 1,5 kg Kör­­nermais, 2,1 kg Sojaextraktionsschrot, und 1,7 kg Rapsextraktionsschrot zusammen. Bei 23 kg Trockenmasse-Aufnahme entspricht das 36 Liter Milch. Die Grassilage wird in dem Betrieb sehr früh geschnitten. Fünf Schnitte werden auf einer Höhe von 460 m über NN realisiert. Auch Landwirt Meutes sieht in den Kälbern die Leistungskühe von Morgen. In den Jahren 2000 und 2008 baute er zwei Kälberoffenfrontställe. Beginnen die Kälber mit Schwitzen werden sie mit vier Strichen auf dem Rücken geschoren. Die Kälber erhalten zehn Wochen am Automaten Milchaustauscher. Bis zur sechsten Woche beträgt die Konzentration 160 g/Liter Wasser.

Kälber müssen trocken liegen

Nach dem Abtränken bleiben die Tiere noch einige Wochen in diesem Stall, damit das Abtränken, der Gruppen- und Stallwechsel nicht für die Kälber mit einem Mal verkraftet werden muss. Im alten Kuhstall liegt das weibliche Jungvieh in gut eingestreuten Hoch-, beziehungsweise Tiefboxen. „Sobald das Tier nicht mehr sauber ist, sprich es ist nass und dreckig, entwickelt es sich schlechter.“ Es liegen keine Tiere auf Spalten.

Alle besichtigten Betriebe habe ein sehr kritisch durchdach­tes Management vorgestellt und angewandt. Man hat bei keinem den Spaß und die Freude an den Kühen vermisst.

Angela Mögel, LLH Griesheim