Erfolgreich Zuckerrüben anbauen – trotz Klimawandel
Forum „Zukunft Zuckerrübe“ in Worms
Das Projekt „Zukunft Zuckerrübe“ der Stiftung Südwestdeutscher Zuckerrübenanbau unterstützt seit vier Jahren junge Forscher in ihrer Arbeit zum Thema Zuckerrübenanbau. Auf einer Forumsveranstaltung in Worms wurden letzte Woche praxisnahe Ergebnisse vorgestellt.

Foto: Becker
Wissing: Branche ist fit für die Zukunft
Der rheinland-pfälzische Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing trat in seinem Impulsreferat für den Erhalt der Direktzahlungen, höhere Budgets für Agrarforschung sowie den Abbau von Bürokratie ein. „Die Zuckerrüben-ÂProduktion in Rheinland-Pfalz ist fit für die Zukunft. Die Branche steht gut da und wird auch die Zeit nach der Europäischen Zuckermarktordnung meistern“, so seine Einschätzung. „Ich werde die Branche nach Kräften unterstützen und mich bei der Neuordnung der Gemeinsamen Agrarpolitik für die Belange unserer Landwirte einsetzen“, sagte Wissing der Branche zu. Die Landwirtschaft stelle einen besonderen Wirtschaftszweig dar, der durch seine vielfältigen Leistungen unverzichtbar und damit besonders zu unterstützen sei. Der Minister sprach sich für wissensbasierte und nicht vom „Bauchgefühl“ geleitete Entscheidungsprozesse aus – auch und besonders bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln.
Entscheidungen müssen wissensbasiert gefällt werden
Zuckerrüben und Greening
Marie-Christin Mayer vom Hessischen Bauernverband erläuterte, wie das Greening in Zuckerrübenfruchtfolgen mittels Zwischenfruchtanbau umgesetzt werden kann. Als begrenzende Faktoren beschrieb sie ein unsicheres Abfrierverhalten der verwendeten Zwischenfrüchte und den dadurch bedingten Glyphosateinsatz, den eventuell steigenden Nematodendruck, und dass die Bodenbearbeitung im Frühjahr durch viel Biomasse bei entsprechend ungünstiger Witterung schwierig werden könne. Dennoch stellte Mayer fest: Rübe und Zwischenfrucht – das geht, und zwar wenn der Zwischenfruchtanbau an die Fruchtfolge und die Bodenbearbeitung an den Zwischenfruchtbestand angepasst werden. Ebenso seien Standort und Witterungsbedingungen zu berücksichtigen und die Arten in der Mischung. Fazit: „Der Zwischenfruchtanbau muss gut geplant und darf nicht als Nebensache behandelt werden.“
Klimawandel: Rüben eine Woche früher gesät
Drei der vom Vorsitzenden Manz angekündigten Jungforscher stellten ihre Ergebnisse zum Klimawandel vor: Dr. Pascal Kremer, Ina Hanisch und Jonas Fischer kamen anhand der Auswertung und Prognose von Klimadaten hinsichtlich einzelner Wetterphänomene zu folgenden Aussagen: Bei Hagel, Sturm, Wind, Dauer- und Starkregen sind keine wesentlichen Veränderungen zu erwarten. Nässe und Spätfröste werden seltener auftreten, Hochwasser, Dürren und Temperaturextreme dagegen häufiger. „Der Klimawandel ist Fakt; der CO2-Gehalt in der Atmosphäre wurde seit Beginn der Industrialisierung fast verdoppelt. Der Rübenanbau in Deutschland hat darauf bereits reagiert, und die Aussaat erfolgt im Vergleich zum Jahr 1970 um 7,7 Tage früher“, machte Kremer deutlich. Jonas Fischer konnte beim Schädlingsauftreten feststellen, dass die Rübennematoden immer öfter vier Generation in einem Jahr hervorbringen, früher seien es meistens nur drei gewesen. Ina Hanisch wies mit Blick auf die nicht veränderten Zahlen bei Extremwetterereignissen wie Hagel oder Sturm darauf hin, dass deren Erfassung schwierig sei. „Solche Ereignisse sind naturgemäß sehr kleinräumig und müssen, um registriert zu werden, schon zufällig genau eine Wetterstation treffen.“
Konzentration um Zuckerfabriken
Ebenfalls im Rahmen des Projektes „Zukunft Zuckerrübe“ untersuchten Stephanie Kehm und Mareike Schwind, wie man Rübennematoden sicher auffinden kann, um Schadursachen auf den Grund zu gehen. „Rübenzystennematoden können bis zu 30 Prozent Ertrag kosten“, schickte Stephanie Kehm ihren Ausführungen voran. Durch die geringere Anzahl der Zuckerfabriken, habe sich der Anbau in deren Nähe konzentriert; dies trage zur Verschärfung des Nematodenproblems bei. Denn in Deutschland seien keine Nematizide zugelassen und die Einhaltung weiter Fruchtfolgen in Verbindung mit nematodenresistenten Zwischenfrüchten und Zuckerrübensorten wichtige Parameter im Nematoden-Management. Um diese nachzuweisen, gebe es zwei Methoden, die in ihrer Aussagefähigkeit miteinander verglichen wurden. Es habe sich gezeigt, dass die Zystenquetsch- und die Schlupftestmethode nahezu gleiche Ergebnisse lieferten und zur Befallsbestimmung geeignet seien.
Nematoden durch Sortenwahl reduzieren
Mareike Schwind hatte festgestellt, dass die Nematoden-Besatzdichten im Feld von Quadratmeter zu Quadratmeter sehr stark schwanken und dass die Rüben in der Fruchtfolge den Befall extrem stark erhöhen. Sie empfahl daher, bei Verdacht auf resistente oder tolerante Sorten zu setzen, um die Nachhaltigkeit des Zuckerrüben-Anbaus zu gewährleisten. Auch Marie Reuther beschäftigt sich im Rahmen des Projektes „Zukunft Zuckerrübe“ mit dem Nematoden-Management durch tolerante Sorten. Sie verglich anfällige, tolerante und resistente Zuckerrübensorten hinsichtlich Wachstum und Parasitenabwehr. „Wir wissen heute noch nicht, worauf die Toleranz gegenüber Nematoden eigentlich beruht. Wir konnten feststellen, dass sich an toleranten und auch resistenten Rübensorten weniger Weibchen entwickeln, wobei der Ernährungszustand der Schädlinge darüber entscheidet, ob sie sich zu Männchen oder Weibchen entwickeln – unter guten Voraussetzungen entstehen vor allem weibliche Nematoden.“
Blühstreifen verbessern die Nachhaltigkeit
Dorian Depué, Klimaschutzmanager der Verbandsgemeinde Gau-Algesheim, sprach zur Nachhaltigkeit des Zuckerrübenanbaus. Hinsichtlich der Biodiversität gebe es durchaus Verbesserungspotenzial. Blühstreifen, die seit einigen Jahren durch die Südzucker AG gefördert werden, seien einerseits ökologisch wertvoll, da sie für Insekten und Niederwild ein Habitat darstellten. „Sie haben aber auch positive ökonomische und soziale Effekte und erfüllen damit die drei Bedingungen von echter Nachhaltigkeit“, so Depué. Die soziale Komponente bestehe in der Bereicherung des Landschaftsbilds und der Erhöhung des Naherholungswertes landwirtschaftlich genutzter Gebiete. Weiterhin seien Blühstreifen Botschafter einer nachhaltigen Landwirtschaft, die zu den Menschen mit geringem landwirtschaftlichem Bezug eine Brücke bauen sollen. Durch öffentliche Förderprogramme haben sie darüber hinaus für die Landwirte auch eine ökonomische Relevanz erhalten, erläuterte Depué. Besonders auf den ohnehin eher ertragsarmen Randstreifen, an Böschungen, Hecken oder in schlecht zu bearbeitenden Eckstrukturen seien Blühstreifen besonders ökologisch und ökonomisch.
Schutz aus der Pille ist jetzt aufgebraucht
Zur aktuellen Pflanzenschutzsituation auf den Rübenäckern informierte abschließend Axel Siekmann, ARGE Zuckerrübe Südwest. „Wir befinden uns jetzt im Kontrollfenster für Schädlinge und Blattkrankheiten, denn ab dem Reihenschluss endet die Schutzwirkung der Neonicotinoide aus der Rübenpille.“ Zusammengefasst gab der Berater folgende Hinweise:
- Die Gesunderhaltung des Blattapparates erhält das Ertragspotenzial;
- Behandlungen sind direkt bei ErÂreichen der Bekämpfungsschwelle durchzuführen;
- Strobilurine gehören in die erste Behandlungsmaßnahme;
- Azole sollten immer mit voller Aufwandmenge eingesetzt werden;
- Der Behandlungstermin ist an die Witterung anzupassen.