Ernte 2010 bei Hitze und Trockenheit

BWV-Präsident erteilt Spekulationen mit Lebensmitteln Absage

„Die seit einigen Wochen anhaltende Hitze- und Trockenperiode führt nicht nur in Rheinland-Pfalz zu erheblichen Ertragseinbußen“, teilte der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e. V., Ökonomierat Norbert Schindler, anlässlich der diesjährigen Erntepressekonferenz des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e. V. in Monsheim mit. Ein Großteil der Getreidebestände sei inzwischen notreif, so BWV-Präsident Schindler.

„Mit einem Durchschnittspreis knapp unter 20 Euro/dt wären die Landwirte zufrieden und könnten ihre Betriebe langfristig erhalten“, bemerkte BWV-Präsident Norbert Schindler bei der Erntepressekonferenz.

Foto: Setzepfand

Bis vor wenigen Wochen hätten sich die rheinland-pfälzischen Ackerbaubetriebe, bedingt durch das feuchte Frühjahr, noch über gute Bestände freuen können, erläuterte BWV-Präsident Schindler. Dies habe sich jedoch durch die in den vergangenen Wochen anhaltende Trocken- und Hitzeperiode rasch geändert. Die Landwirte hätten zusehen können, wie die Bestände innerhalb dieser kurzen Zeit „notreif“ wurden. „Die Pflanzen waren nach diesem feuchten Frühjahr besonders vom Wasser verwöhnt und bildeten nur oberflächlich Wurzeln aus und weshalb sie nun umso schneller an Wassermangel leiden“, bemerkte Schindler.

Dies habe irreparable Ertragseinbußen zur Folge, erläuterte der BWV-Präsident. Seit Erntebeginn vor rund zwei Wochen habe sich die Lage weiter verschärft. Derzeit gehe der BWV von Ertragseinbußen quer über alle Getreidearten hinweg von rund 30 Prozent aus. Einzig die Wintergerste hätte noch von den letzten Regentropfen im Juni in der Reifephase profitieren können. Bei Raps und Weizen könne man hingegen die Trockenschäden deutlich sehen. Besonders in der Westpfalz wird mit Ertragseinbußen über 30 Prozent gerechnet.

Doch nicht nur Getreide, auch die Zuckerrüben- und Kartoffelbestände leiden unter der Hitze. Sofern es auch in den nächsten Tagen und Wochen nicht nennenswert regnet, seien diese Kulturen ebenfalls massiv von Ertragseinbußen betroffen.

Die Grundfutterernte konnte Ende Mai (Grassilage) noch mit gutem Ergebnis eingefahren werden. Eine weitere Grünfutterernte werde es allerdings in diesem Jahr nicht mehr geben, da die Wiesen braun seien und deutlich unter dem Hitzestress zu leiden hätten, so Schindler. Beim Mais, der im Herbst geerntet wird, seien ebenfalls bereits heute drastische Schäden erkennbar. „Der Mais benötigt wie die Zuckerrüben dringend Regen, sonst verdorrt er auf den Feldern“, stellte BWV-Präsident Schindler fest.

Auch den Zuckerrüben sieht man die Trockenheit an.

Foto: Setzepfand

Positiv sei bisher die Marktentwicklung für Getreide und Raps. Da die Hitzeperiode in ganz Europa und da­rüber hinaus anhalte, seien die Getreidepreise in den vergangenen Wochen leicht gestiegen, erläuterte Schindler. Allerdings reiche der bisherige positive Trend in der Getreidepreisentwicklung nicht aus, um die Einbußen ausgleichen zu können. Zudem sei das Preisniveau der vergangenen beiden Jahre bei gleichzeitig extrem hohen Produktionskosten ruinös gewesen. Es sei daher äußerst wichtig, dass sich die Erzeugerpreise auf einem gewinnbringenden Niveau einpendeln, sodass Getreide wieder zu einer attraktiven Kultur für die heimischen Landwirte werde, so Schindler.

Kein Grund, Backwaren zu verteuern

Eine positive Marktentwicklung bei Getreide sei jedoch kein Grund zur Anhebung der Brotpreise. „Von einem Euro, den Verbraucher für Brotgetreideerzeugnisse ausgeben, erhalten die Landwirte für den darin enthaltenen Getreideanteil lediglich 4,7 Cent“, erläuterte Schindler. Der BWV-Präsident zeigte sich daher verärgert über die Ankündigung der Großbäckereien, eine Anhebung der Brot- und Brötchenpreise aufgrund der gestiegenen Getreidepreise umzusetzen. Auch im Dürrejahr 2003 hätten viele Backwarenhersteller die Preise für Brot- und Backwaren angehoben und dies mit dem gestiegenen Getreidepreis begründet. Nach dem Getreidepreisverfall in den darauffolgenden Jahren seien die Preise jedoch nicht gesenkt worden, stellte der BWV-Präsident fest.

Weltweit gesehen lagern noch 10 Prozent der Ernte 2009 in Silos. „Es gibt keinen Grund zur Panik, die Getreideversorgung ist gesichert. Die derzeitigen Reaktionen an den Terminmärkten sind übertrieben. Der Weiz­enpreis legte in den vergangenen Tagen um 3 Euro auf 17,7 Euro/dt zu. Ich frage mich, ob es sich unsere Gesellschaft leisten kann, mit Lebensmitteln zu spekulieren. Das sind Grundnahrungsmittel und kein Spielzeug für Börsianer“, betonte Schindler. Positiv sehe er, dass viele Landwirte auf die schwankenden Preise reagieren und ihre Ernte in mehreren Chargen zu verschiedenen Terminen verkaufen. „Dennoch, wir brauchen einen Preis um die 20 Euro, um langfristig die Betriebe wirtschaftlich zu führen“, so Schindler.

Gemüse teils verbrannt

In den Gemüsekulturen gebe es durch die Beregnung zwar geringere Einbußen durch die Trockenheit, hier hätten die Betriebe jedoch deutlich höhere Beregnungskosten als in durchschnittlichen Jahren zu verzeichnen, stellte der BWV-Präsident fest. Außerdem mache die starke Hitze den Pflanzen trotz Beregnung stark zu schaffen, sodass es auch hier vereinzelt bereits zu Ernteausfällen kam. So sei es bei Brokkoli zu Ausfällen gekommen, da die Blütenknospen der Pflanze verbrannten.

Im Weinbau verlaufe die Vegetation bisher in diesem Jahr zufriedenstellend. „Die Reben verfügen über tiefe Wurzeln, sodass hier bisher kaum Trockenschäden zu verzeichnen sind“, erläuterte BWV-Präsident Schindler. Bisher könne von einem vielversprechenden Jahrgang ausgegangen werden.

Allerdings hatten viele Winzer und Landwirte, vor allem in der Südpfalz und in der Region zwischen Worms und Grünstadt sowie rund um Kaiserslautern, unter schweren Unwettern zu leiden. Zahlreiche Rebflächen, Gemüsekulturen und auch Getreide wurden durch die Unwetter vor wenigen Wochen mit Hagel und Starkregen erheblich geschädigt oder zerstört.

Erst Hagel, dann Trockenheit

Die Vorderpfalz hatte darüber hinaus über fast zwei Wochen hinweg mit Überschwemmungen und einem damit verbundenen Ertragsausfall durch nicht vermarktungsfähige Ware zu kämpfen. In diesem Zusammenhang erinnert der BWV-Präsident nochmals an die Forderung des BWV nach einer Bürgschaftsregelung für die vom Unwetter betroffenen Betriebe. Die Landesregierung habe bereits vor einigen Wochen zugesagt, dies wohlwollend zu prüfen.

Probleme gebe es auch bei der Saatgutgewinnung, sagte Dr. Gerhard Schilling, der Bundesvorsitzende der Saatguterzeuger, aus Monsheim. Bei der Sortierung des Getreides mussten bei Sommergerste statt der üblichen 10 bis 12 Prozent Ausfall in diesem Jahr bis zu 22 Prozent aussortiert werden. bwv/zep