Erst Konditionen klären,dann abladen

Getreideerfassung und Qualitätsanalytik

Bei der Ernte-Erfassung von Getreide und Raps durch den Agrarhandel oder direkt durch Verarbeiter wird seit jeher Wert auf die verlässliche Feststellung der Qualitätsparameter gelegt. Da die Landwirtschaft bekanntlich unter freiem Himmel arbeitet und keine standardisierte Produktion betreiben kann, sind die Eigenschaften des Erntegutes dabei natürlich Schwankungen unterworfen. Die Qualitätsfeststellung des abgelieferten Erntegutes ist daher sowohl für den Erzeuger als auch für den Abnehmer von großer Bedeutung. Schließlich dient sie unmittelbar der Wertfeststellung, woraus sich wiederum finanzielle Konsequenzen ergeben.

Ist die Ware abgekippt, werden die Verhandlungen nicht leichter.

Foto: agrar-press

Fährt der Landwirt mit seinem Gespann auf den Hof des Agrarhandels, steht zunächst die Probenahme an. Sie ist der erste Schritt zur richtigen Einstufung einer abgelieferten Partie. Sie erfolgt auf unterschiedliche Art und Weise. Während in einigen Betrieben noch der gute alte Probenstecher zum Einsatz kommt, arbeiten andere mit pneumatischen Probenehmern oder auch mit ferngesteuerten Probenehmern.

Letztere sind häufig bei Annahmestationen mit größerem Mengendurchsatz direkt neben der Brückenwaage installiert, um die Probe noch während der Standzeit des Fahrzeugs auf der Waage ziehen zu können.

Sorgfältige Probenahme ist wichtige Grundlage

Die pneumatischen Profigeräte arbeiten, anders als der erste Anschein des Gerätes es vermuten lassen könnte, nicht nach dem klassischen Staubsaugerprinzip. Nur die im Rohr nach dem Einstechen vorhandene Probe wird vom Luftstrom erfasst und in den Sammelbehälter transportiert. Nach Herstellerangaben wird somit von der unmittelbaren Umgebung der Probennahme im Getreide kein Leichtgut zusätzlich angesaugt, das zu einer möglichen Überbewertung von Besatz führen könnte.

Es ist grundsätzlich zu empfehlen, dass mehrere Teilproben an verschiedenen Stellen einer Partie gezogen werden. Von der gesamten Probenmenge wird anschließend eine Mischprobe gebildet und zur weiteren Analyse genutzt. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass die verschiedenen Teilproben tatsächlich gut vermischt werden, damit die daraus entnommene Charge als repräsentativ für die Gesamtmenge angesehen werden kann. Soweit vorhanden, sollte immer ein Probenteiler eingesetzt werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass die verschiedenen Muster (1x für direkte Messung, 1x Rückstellmuster Abnehmer, 1x Rückstellmuster Landwirt) auch identisch sind.

Einer ersten Sichtkontrolle folgt die Analyse

Generell ist die Sichtkontrolle der Ware auf dem Fahrzeug insgesamt beziehungsweise der gezogenen Probe wichtig, um zu sehen, ob das Getreide „gesund“ ist. Dazu gehört die Ãœberprüfung auf sichtbaren Schimmel, Schädlinge oder „unnormalen“ Besatz. Auch wird von erfahrenen Silo- und Lagermitarbeitern oft eine Geruchsprobe gemacht.

Die Feststellung des Besatzes, das heißt den Anteil der unerwünschten Verunreinigungen, muss nach den jeweiligen Vorschriften erfolgen. Belastbare Werte liefern spezielle Probenreiniger. Manchmal wird aber auch nur ein „allgemeiner Durchschnittswert“ festgelegt, ohne jede weitere Messung. Hier lohnt sich oftmals ein kritisches Hinsehen, wenn dieser Wert ungewöhnlich hoch erscheint oder unplausibel ist.

Bei der Bestimmung der weiteren Werte werden nach Möglichkeit Schnellmethoden eingesetzt. Hierzu gehört in der Regel der Einsatz von Ganzkorn-Schnellbestimmern, die in wenigen Minuten und auf Knopfdruck auch von laborunerfahrenem Personal schnell und einfach die Werte ermitteln. Bestimmt werden können im Allgemeinen Feuchtigkeit, Protein und Test-Gewicht in Getreide sowie Feuchte und Ölgehalt in Ölsaaten.

Die Analytik erfolgt hier über Nah-Infrarot-Reflektion (NIR) oder über Nah-Infrarot-Transmission (NIT). Die Proben werden foto-optisch im nahen Infrarotbereich „belichtet“, die unterschiedlichen Reflexionen rechnet das Gerät dann so um, dass zum Beispiel der Proteingehalt in Prozent direkt abgelesen werden kann. Unverzichtbar ist hier eine exakte Kalibrierung anhand von Standardmethoden.

Auf abgesicherte Ganzkorngeräte achten

Wer sicher gehen will, dass die gemessenen Werte seines Vertragspartners für Getreide und Raps vertrauenswürdig sind, sollte auf den Anschluss der eingesetzten Ganzkornmessgeräte an allgemein anerkannte Netzwerke wie die IG NITNET (www.ig-nitnet.de) achten. Dies ist an dem ausgestellten Zertifikat erkennbar.

In Rheinland-Pfalz werden in fast allen Agrarhandelsbetrieben sowie Mühlen und Mälzereien seit vielen Jahren Ganzkornmessgeräte genutzt, die zum weitaus überwiegenden Teil über das Netzwerk der IG NITNET abgesichert sind. Auch in Hessen sind viele Ganzkornmessgeräte diesem Netzwerk angeschlossen.

Der Eichstempel auf den Messgeräten weist auf die Pflicht zur jährlichen Eichung der Feuchtemessung hin, die Proteinmessung ist in Deutschland (noch?) nicht eichpflichtig.

Die aus früheren Jahren bekannten Messgeräte, bei denen das Erntegut erst vermahlen werden muss, bevor der Feuchtegehalt oder der Proteinwert ermittelt werden kann (beispielsweise Typ Pfeuffer HE 90), sind nur noch selten im Einsatz. Teilweise werden sie auch als Ersatzgeräte vorgehalten oder werden auf eher kleinen Standorten eingesetzt.

Friedrich Ellerbrock Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd – LW 26/2013