Erst Optimismus, dann die Enttäuschung

Ergebnisse der LSV Wintergerste 2020/2021

Nach drei trockenen Jahren sorgte das niederschlagsreichere Jahr 2021 für Optimismus, dass die Erträge und Qualitäten der Wintergerste der Vorjahre nun wieder übertroffen werden und sich auf einem gesunden Niveau einpendeln könnten. Die positive Stimmung wurde allerdings mehr und mehr getrübt, als klar wurde, dass die Niederschlagsverteilung letztendlich auch für ein vermehrtes Krankheitsauftreten und Lagerereignisse sorgte und die Ernte zudem merklich erschwert wurde.

In den hessischen Landessortenversuchen wurden zwei mehrzeilige und vier zweizeilige Neuzüchtungen geprüft.

Foto: Hüppe

Im Vergleich zu den vorherigen beiden Jahren nimmt die hessenweite Anbaufläche der Wintergerste laut Schätzungen des Statistischen Bundesamts weiter ab und beträgt voraussichtlich nur noch 64 600 ha. 2020 lag die Fläche noch bei 67 500 ha. Ihren Platz als zweitwichtigstes Getreide Hessens kann sie allerdings verteidigen. Die stärkeren Witterungsschwankungen der letzten Jahre zeigten, welchen Einfluss eine anpasste Sortenwahl auf die qualitativen und quantitativen Erträge, aber vor allem auch auf die Ertragsstabilität haben kann. Letztere wird maßgeblich durch die Krankheits- oder Lageranfälligkeit einer Sorte beeinflusst. Zur Erleichterung der Sortenwahl können als Hilfestellung und Orientierung die Ergebnisse der jährlich durchgeführten hessischen Landessortenversuche (LSV) dienen.

Damit die regional unterschiedlichen Anbaubedingungen in Hessen über die LSV abgedeckt werden können, werden sowohl mehr- als auch zweizeilige Sorten an jeweils fünf über das Bundesland verteilten Versuchsstandorten beurteilt. Der Unterschied zwischen den beiden Gerstenformen liegt hauptsächlich in der der Ertragsstruktur: Mehrzeiligen Gersten liefern höhere Erträgen durch eine höhere Kornzahl je Ähre, zweizeilige Gersten zeigen sich durch bessere Kornqualitäten und Strohstabilitäten aus. Je nach Region und Betriebsstruktur können folglich mehr- oder zweizeilige Kandidaten Vorteile mit sich bringen.

Versuche an fünf hessischen Standorten

Die LSV haben zum Ziel, die Leistungen neuer Sorten anhand der Leistung bewährter, ertragstreuer Sorten zu messen. Die Prüfungen erfolgen nach wissenschaftlichen Standards, die Ergebnisse werden neutral und unabhängig bewertet. Alle Sorten werden dabei unter einheitlichen Bedingungen geprüft. Zur Bewertung der Standfestigkeit und Krankheitsanfälligkeit wird jede Sorte in jeweils zwei unterschiedlichen Intensitätsstufen behandelt. In Stufe 1 wird komplett auf den Einsatz von Fungiziden verzichtet, und es wird nur eine reduzierte Wachstumsreglermenge appliziert. Die in dieser extensiven Variante auftretenden Krankheiten oder Standfestigkeitsprobleme können so unmittelbar den Sorteneigenschaften in Verbindung mit dem Standort zugerechnet werden. Das tatsächliche Leistungspotenzial einer Sorte lässt sich in der Intensitätsstufe 2 abbilden, die standortüblich mit Fungiziden und Wachstumsreglern behandelt wird.

Die Prüfung der mehr- und zweizeiligen Sorten erfolgt in Hessen in zwei getrennten Sortimenten. Im Versuchsjahr 2020/21 wurden im LSV 18 mehrzeilige Wintergerstensorten vollständig geprüft. Bei den zweizeiligen Sorten wurde das Sortiment gegenüber den Vorjahren deutlich erhöht, sodass nun 14 Sorten eingehend geprüft wurden. Um einen Vergleich zwischen zwei- und mehrzeiligen Wintergersten zu ermöglichen, wurde die zweizeilige Sorte California im mehrzeiligen Sortiment und die mehrzeilige Sorte KWS Orbit im zweizeiligen Sortiment mitgeführt.

Manuel Fränzke, Cecilia Hüppe, LLH Landwirtschafts- zentrum Eichhof – LW 32/2021