Erträge unter dem langjährigen Mittel

Landessortenversuch Öko-Sommergerste

Der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) führt seit vielen Jahren auf Öko-Praxisflächen Landessortenversuche mit Sommergerste durch. Dr. Thorsten Haase vom Beratungsteam Ökologischer Landbau berichtet von den Ergebnissen der letzten fünf Versuchsjahre.

Der Landessortenversuch findet auf Flächen des seit 1989 ökologisch bewirtschafteten Betriebs Kasper in Alsfeld-Liederbach (Landkreis Vogelsberg) statt.

Foto: Dr. Haase

Der Landessortenversuch findet auf Flächen des seit 1989 ökologisch bewirtschafteten Betriebs Kasper in Alsfeld-Liederbach (Landkreis Vogelsberg) statt. In der Fruchtfolge steht der Versuch nach Wintergetreide (Vorfrucht) und zweijährigem Kleegras (Vor-Vorfrucht).

Das geprüfte Sortiment umfasste 2020 insgesamt elf Sorten, allesamt Braugerstensorten. Der überwiegende Anteil an zugelassenen Sommergerstensorten ist für die Nutzung als Braugerste gezüchtet und geeignet. Der Rohproteingehalt von Braugerste sollte 11,5 Prozent nicht über- und 9,5 Prozent nicht unterschreiten. Weiter werden von der aufnehmenden Hand bei Anlieferung hohe Anteile (>90 %) an Vollgerste (Kornfraktion >2,5 mm) gewünscht.

In der Praxis des hessischen Ökolandbaus findet Sommergerste vor allem Verwendung als Futtergerste. Die als Braugerste angebauten Sorten können selbstverständlich auch zur Fütterung eingesetzt werden. Bei der Verwendung als Futter ist allerdings ein höherer Proteingehalt (Proteinertrag) erwünscht, verbunden mit einem möglichst hohen Hektolitergewicht (>62 kg/hl).

Zur Bewertung beispielsweise des Ertragspotenzials einer Braugerstensorte wird im vorliegenden Artikel der Kornertrag relativ zum Mittelwert der Verrechnungssorten (VRS) dargestellt und diskutiert. Die Bezugsbasis stellt den Mittelwert des Kornertrags der mindestens dreijährig (hier 2018 bis 2020) geprüften Verrechnungs­sorten Avalon und RGT Planet dar. Der mittlere Kornertrag der zwei genannten Sorten in den Jahren 2016-2019 lag bei rund 54 dt/ha. Der mittlere Kornertrag derselben Sorten lag 2019 deutlich unter diesem Durchschnitt (47 dt/ha).

Rohproteinerträge sind stark witterungsabhängig

Der Rohproteinertrag ist das Produkt aus Kornertrag und Rohproteingehalt. Grundsätzlich wird der Proteinertrag stärker durch den Kornertrag beeinflusst als durch den Rohproteingehalt. Die Rohproteingehalte schwankten sehr stark über die fünf Prüfjahre. Deshalb wird der Rohproteinertrag erheblich durch die jeweils vorherrschende Witterung (Jahreseffekt) beeinflusst.

Der deutlich niedrigere Kornertrag 2020 gegenüber dem Vorjahr findet sich im um 10 Prozent niedrigeren Proteinertrag wieder. Die Proteinerträge von 2017, als sowohl der Kornertrag als auch der Rohproteingehalt sehr hoch ausfielen, werden wohl noch länger unerreicht bleiben. Das für Futtergerste relevante Mindest-Hektolitergewicht (62 kg/hl) wurde in den letzte Jahren von allen Sorten stets erreicht.

Trotz einer guten Stellung in der Fruchtfolge (im zweiten Jahr nach zweijährigem Kleegras) wird der Schwellenwert von 11,5 Prozent Rohprotein nur in einzelnen Jahren (2017) überschritten. Die Sommergersten-Sorten sind genetisch darauf pro­grammiert, wenig Rohprotein im Korn zu bilden. Der für Braugerste maxi­mal tolerierbare Gehalt an Rohpro-tein wurde in vier von fünf Prüfjahren von den geprüften Sorten bisweilen deutlich unterschritten. Zeitweilig wurde sogar der untere Schwellenwert von 9,5 Prozent Rohprotein von den hier vorgestellten Sorten unterschritten.

In der Folge werden das Ertragspotenzial der geprüften Sommergerstensorten und die Ausprägung der für Futter- (Rohproteinertrag, Hektolitergewicht) beziehungsweise Braugerste (Rohproteingehalt und Vollgerstenanteil) relevanten Qualitätseigenschaften sowie wichtige agronomische Eigenschaften beschrieben und bewertet. Noch nicht bewertet werden die nur einjährig geprüften Sorten.

Beschreibung der mehrjährig geprüften Sorten

Avalon hat eine Verarbeitungsempfehlung der Braugerstengemeinschaft. Die Blattgesundheit liegt im unauffälligen Mittelfeld. Lediglich bei Rhynchosporium fällt sie negativ auf. Hektolitergewicht und Rohproteingehalt erlauben eine Nutzung als Brau- sowie Futtergerste. Im Mittel der letzten fünf Jahre kann sie beim Ertrag RGT Planet nicht das Wasser reichen RGT Planet ist die Sorte mit dem höchsten Ertragspotenzial, die auch bezüglich Rohproteingehalt und Vollgerstenanteil stets eine gute Figur macht. Dennoch wurde von der Braugerstengemeinschaft die Verarbeitungsempfehlung nicht erteilt. Sie sollte also auch hinsichtlich ihres Rohproteinertrages und des Hektolitergewichtes, also nach ihrer Eignung als Futtergerste bewertet werden. Auch hier sprechen die Ergebnisse eine deutliche Sprache. Bis auf eine mittlere Lagerneigung weist sie sehr gute agronomische Eigenschaften auf. Die Sorte kann daher unbedingt für den Anbau empfohlen werden Accordine ist eine blattgesunde Sorte und lieferte im Mittel der drei Jahre (2018 bis 2020) bei Proteinertrag, Vollgerstenanteil und Hektolitergewicht erfreuliche Ergebnisse. Sie kann für den Anbau empfohlen werden.

Odilia wurde für den ökologischen Anbau auf Standorten mit mittlerer Nährstoffversorgung gezüchtet. Laut Züchtereinschätzung hat sie gegenüber bisher im Handel erhältlichen Sorten eine ausgeprägtere Massenwüchsigkeit in der Jugend und wird im Wuchs auch länger, was zu einer besseren Beikrautkonkurrenz beitragen kann. Auf besseren Standorten kann das die Standfestigkeit beeinflussen. Sie weise auch, so der Züchter, hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Flugbrand, Hartbrand und Streifenkrankheit auf. Auch gegenüber Mehltau verfüge Odilia über eine ausgeprägte Resistenz. Im Schnitt der drei Jahre beweis die Sorte jedoch ein deutlich unterdurchschnittliches Ertragspotenzial. Leandra ist eine recht gesunde Sorte, die aufgrund relativ hoher Rohproteingehalte erfreuliche Rohproteinerträge lieferte, jedoch bei unterdurchschnittlichem Hektolitergewicht. Als Futtergerste kann sie dennoch für den Anbau empfohlen werden.

Beschreibung der ein- und zweijährig geprüften Sorten

Klarinette wurde zum zweiten Mal geprüft. Sie ist sehr blattgesund, im Mittel der ersten beiden Jahre hinsichtlich Ertrag und Qualitätsmerkmalen noch unter der Leistung der beiden Verrechnungssorten. Ein drittes Prüfjahr bleibt abzuwarten. Dasselbe wie für Klarinette gilt auch für Focus und Prospect.

Amidala schnitt im ersten Prüfjahr 2020 unterdurchschnittlich bei Kornertrag und Rohproteinertrag ab, aber fiel durch einen überdurchschnittlichen Vollgerstenanteil und überdurchschnittliche Tausendkornmasse auf.

Die sehr kurze KWS Jessie, ebenfalls im ersten Prüfjahr, wies einen unterdurchschnittlichen Kornertrag und einen weit unterdurchschnittlichen Rohproteinertrag auf. Für beide Sorten gilt: Weitere Prüfjahre bleiben abzuwarten. Informationen zur Verfügbarkeit von zertifiziertem Öko-Saatgut der beschriebenen Sorten sind auf www.organicxseeds.de zu finden.

 – LW 2/2021