Ertragreiche Sorten sind der wichtigste Produktionsfaktor

Langjährige LSV-Auswertung zeigt Zuchtfortschritte auf

Die Ursachen für die Ertragszunahmen der meisten Feldfrüchte in den letzten zwei Jahrzehnten sind vielfältig. Zu vermuten sind sie in der Anbau-Intensivierung und in einer verbesserten Sortenleistung durch Züchtung. Einen genaueren Anhaltspunkt können die Landessortenversuche liefern. Peter Zilles vom DLR Westerwald-Osteifel hat die Ertragsergebnisse der LSV Winterweizen aus den Jahren 2004 bis 2014 auf einen möglichen Zuchtfortschritt bezüglich des Ertrags untersucht.

Auswinterung bei verschiedenen Triticale-Sorten.

Foto: Zilles

Die Höhe der Erträge von landwirtschaftlichen Feldfrüchten ist in erster Linie witterungsabhängig. Trotz der höheren Anforderungen, die in den vergangen Jahren an die Kulturen gestellt wurden, wie zum Beispiel die Ausweitung der Stoppelsaaten bei Weizen, die Minimierung der Bodenbearbeitung und den damit verbundenen höheren Krankheitsdruck, sind die Erträge der Kulturen in den letzten 20 Jahren gestiegen. Bei den Kulturen Sommergerste, Wintergerste und Winterweizen ist ein linearer Ertragszuwachs von etwa 0,4 dt/ha und Jahr in den letzten 20 Jahren zu verzeichnen. Die Triticale weist einen Ertragszuwachs von 0,25 dt/ha auf.

Eine Ausnahme bildet der Roggen, dessen Ertrag, laut den Ertragsermittlungen des Statistischen Bundesamtes, über 20 Jahre annähernd gleich geblieben ist. Die höchsten Ertragszuwächse wurden mit Körnerraps erzielt, dieser nahm, linear dargestellt, jährlich um 0,46 dt/ha zu.

Weizen legt weiter an Anbaufläche zu

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in Deutschland im Jahr 2014 rund 6,5 Mio. ha Getreide angebaut. Der Winterweizen ist mit einer Anbaufläche von 3,2 Mio. ha die meistangebaute Getreideart und belegt etwa die Hälfte der gesamten Getreideanbaufläche in Deutschland. Tendenziell nimmt seine Anbaufläche jährlich um 38 000 ha zu. Am zweithäufigsten angebaut wurde die Wintergerste; sie belegte 2014 mit 1,2 Mio. ha 19 Prozent der Getreideanbaufläche. Tendenziell nimmt ihre Anbaufläche jährlich um 10 000 ha ab.

Landessortenversuche werden unter standardisierten Anbaubedingungen durchgeführt.

Foto: Zilles

Die Getreidearten Roggen, Triticale und Sommergerste belegen zusammen zirka 21 Prozent der Getreideanbaufläche in Deutschland. Die Anbaufläche von Roggen nimmt tendenziell jährlich um 9000 ha ab, die von Sommergerste sank in den vergangen 20 Jahren sogar um 22 000 ha jährlich. Die Anbaufläche von Triticale stagniert seit vielen Jahren.

Im Jahr 2014 wurden 1,4 Mio. ha Raps angebaut. Der Anbau wird langjährig deutschlandweit um durchschnittlich 31 000 ha ausgeweitet.

Die starke Zunahme der Winterweizen- und der Rapsanbaufläche zeigt, dass Landwirte marktorientiert und wirtschaftlich arbeiten. Fruchtfolgeaspekte und die Arbeitswirtschaft spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Winterweizen zeigt die geringsten Ertragsschwankungen

Im 20-jährigen Durchschnitt wurden beim Roggen 52 dt/ha geerntet. Das Ertragsminimum lag bei 40 dt/ha, das Ertragsmaximum bei 61 dt/ha. Setzt man die Differenz aus Maximum- und Minimumertrag relativ zum langjährigen Durchschnittsertrag, hatte der Roggen unter den dargestellten Getreidekulturen die höchsten Ertragsschwankungen.

Bezüglich der Ertragsschwankungen relativ zum langjährigen Durchschnittsertrag liegen Triticale und Wintergerste auf gleichem Niveau. Die Wintergerste hat einen langjährigen Ertragsdurchschnitt von 64 dt/ha und Triticale von 59 dt/ha. Etwas geringere Ertragsschwankungen als Wintergerste und Roggen hat die Sommergerste. Sie hat einen Durchschnittsertrag von 49 dt/ha, das Ertragsminimum beträgt 43 dt/ha und das Ertragsmaximum 60 dt/ha.

Von den dargestellten Getreidekulturen liefert der Winterweizen die höchsten und sichersten Erträge. Das langjährig Ertragsmittel beträgt 74 dt/ha, das Ertragsminimum lag bei 66 dt/ha und das Maximum bei 86 dt/ha. Erwartungsgemäß hat der Winterraps das höchste Ertragsrisiko. Im langjährigen Durchschnitt wurden 35 dt/ha geerntet, die Erträge schwankten jahresabhängig zwischen 24 und 43 dt/ha.

LSV zeigen langfristige Entwicklung der Erträge

Landessortenversuche werden unter standardisierten Anbaubedingungen durchgeführt. In diesen prüfen die Länderdienststellen eine Auswahl der neu zugelassenen Sorten zwei bis drei Jahre, die dann in der Regel in eine Sortenempfehlung für eine bestimmte Auswahl an Sorten mündet. Sorten, die nach einer maximalen Prüfdauer von drei Jahren nicht empfohlen werden können, werden durch neu zugelassene Sorten ersetzt.

Im Zeitraum von 2004 bis 2014 wurden insgesamt 143 verschiedene Weizensorten geprüft. Ein Versuchssortiment umfasste im Durchschnitt der vergangen elf Jahre 27 verschiedene Sorten. Das wichtigste Auswahlkriterium der Sorten ist der jeweilige Ertrag. Nur in wenigen Fällen kommt es dazu, dass Sorten mit einem sehr hohen Ertrag wegen ihrer Anfälligkeit für Krankheiten aus dem Versuchssortiment ausgeschlossen werden. So wird gewährleistet, dass das Sortenspektrum der Landessortenversuche immer auf dem aktuellen Stand der Züchtung und der neu zugelassen Sorten ist.

Wer auf den Anbau mehrerer Sorten setzt, kann Risiken wie eine unerwarete Gelb-rost­anfälligkeit abfedern.

Foto: Zilles

Die Anlageplanung und Versuchsdurchführung erfolgen nach einheitlichen Grundsätzen. Die Stickstoffdüngung wird nach der Nmin-Methode (Rheinland-Pfalz) durchgeführt. Die jeweilige Berechnung des Düngerbedarfs erfolgt nach einer ortspezifischen Boden-Nmin- Untersuchung. In Abhängigkeit der Ertragserwartung, der Bestandesentwicklung und der Mineralisierungsaktivität wird die optimale Höhe der standortspezifischen N-Düngemenge für die Versuchsfläche berechnet.

Alle Sorten werden in einer extensiven Variante ohne den Einsatz von Fungiziden und in einer intensiveren Variante mit dem Einsatz von Fungiziden geprüft. Die Fungizidanwendung erfolgt nach Bekämpfungsschwellen. Werden diese nicht erreicht, wird zum letztmöglichen Termin eine Fungizidbehandlung durchgeführt. Durch dieses standardisierte Versuchskonzept ist die Anbauintensität der Versuche über die Jahre gleich geblieben, so dass ein eventueller Ertragzuwachs über die Jahre der Ertragsentwicklung der Sorten zu zuschreiben ist.

Einfluss der Witterung auf den Ertrag

Die Durchschnittserträge der Winterweizen-LSVvon 2004 bis 2014 mit Fungizid- und ohne Fungizidbehandlung zeigen: Im langjährigen Durchschnitt wurden in der unbehandelten Stufe 80,9 dt/ha und in der mit Fungiziden behandelten Varianten 89,1dt/ha geerntet. Der Verlauf der Ertragskurve zeigt den hohen witterungsbedingten Einfluss auf die Ertragshöhe. Die Ertrags-Extreme wurden in der mit Fungiziden behandelten Stufe in den Jahren 2011 (76,2dt/ha)und 2013 (101,6 dt/ha) geerntet.

Im Mittel der vergangen elf Jahre betrug der Unterschied zwischen der ertragreichsten- und der ertragärmsten Sorte in der Stufe ohne Fungizide 18,9 dt/ha und in der mit Fungiziden behandelten Stufe 16,4 dt/ha. Es zeigt sich, dass auch die Höhe des Ertragsunterschieds zwischen den Sorten stark jahres- beziehungsweise witterungsabhängig ist. Diese Zahlen machen deutlich, dass die Wahl einer aktuell ertragreichen Sorte im Vergleich zu anderen Produktionsfaktoren an Effizienz nicht überboten werden kann.

Zuchtfortschritt ist durch Pflanzenschutz abzusichern

Will man eine Ertragsentwicklung bedingt durch ständigen Einsatz von neueren und aktuellen Sorten in den Versuchen darstellen, wird diese Ertragsentwicklung durch die jahresbedingte Witterungseinflüsse um ein Vielfaches überlagert. Erst eine lineare Auswertung der Versuchserträge über den Zeitraum von elf Jahren macht deutlich, dass eine Ertragssteigerung der Erträge stattgefunden hat: In der ohne Fungizide behandelten Stufe sind die Erträge um 0,19 dt/ha und Jahr und in der mit Fungiziden behandelten Stufe um 0,34 dt/ha und Jahr gestiegen. Die große Differenz zwischen der behandelten- und unbehandelten Stufe zeigt, dass der durch den Zuchtfortschritt erzielte Mehrertrag der Sorten mit Pflanzenschutzbegleitmaßnahmen abgesichert werden muss.

Sortenwechsel und Anbau mehrerer Sorten

Der hohe Einfluss der Jahre auf den Ertrag und den dazu im Verhältnis geringen Zuchtfortschritt, ermöglicht dem Praktiker die auf seinem Betrieb angebauten Sorten auch mehrere Jahre zu nutzen, ohne auf den aktuellen Ertragsfortschritt zu verzichten. Wichtig ist es, die aktuellen mehrjährigen Ertragsergebnisse der Top-Sorten zu beobachten und dann individuell zu entscheiden, ob ein Sortenwechsel für den Betrieb einen Vorteil bringt.

Ein Extrembeispiel für die Beständigkeit einer Sorte ist die Sorte Cubus, die schon im Jahr 2002 zugelassen wurde und erst in der jüngsten Vergangenheit an Anbaubeutung verloren hat. Sinnvoll ist es, auf mehrere Sorten zu setzen, da auch mehrjährige Versuchsergebnisse nicht alle Risiken im Zusammenwirken von Sorte und Jahr abdecken können. Aktuelle Beispiele sind die Gelbrostempfindlichkeit der Sorte JB Asano aus dem vergangen Jahr oder die Auswinterungsproblematik der Sorte Meister aus dem Jahr 2012.

 – LW 1/2015