Ertragsniveau und -treue auch ohne Pflug

Versuchsergebnisse zur pfluglosen Bodenbearbeitung in Hessen

Weltweit steigt der Bedarf nach Agrarrohstoffen. Höhere Naturalerträge sind eine zentrale Herausforderung. Weil die Ressource Ackerfläche der limitierende Faktor sein wird, ist die standortangepasste Bodennutzung zentrales Element einer nachhaltigen Produktion. Zunehmende Auswirkungen auf die Bodennutzung haben auch die prognostizierten Klimaänderungen. Die Produktionssysteme im Ackerbau müssen an veränderte Temperatur- und Niederschlagsverläufe angepasst werden.

Rapsbestand links nach Streifenlockerung, rechts Mulchsaat.

Foto: Schneider

Mit abnehmender Intensität bei der Bodenbearbeitung reduzieren sich Erosionsereignisse, Wasser wird effizienter für die Ertragsbildung genutzt. Auch hessische Landwirte passen ihre Bewirtschaftungssysteme an und verzichten zunehmend auf die wendende Bearbeitung mit dem Pflug.

Entwicklung der konservierenden Bodenbearbeitung in Hessen

Im Rahmen der Besonderen Ernteermittlung (BEE) werden jährlich etwa 600 bis 700 repräsentativ ausgewählte Flächen in Hessen separat geerntet. Neben den Ertragsdaten werden auch Daten zur Produktionstechnik bei den Landwirten abgefragt. Seit dem Jahr 1999 liegt der prozentuale Anteil der pfluglos bestellten Untersuchungsflächen vor. Die Zahlen belegen eindrucksvoll das Wachstum im Bereich der konservierenden Bodenbearbeitung. Die Weiterentwicklung der Bodenbearbeitungstechnik sowie fachliche Kompetenz der Betriebsleiter sind wichtige Punkte für diese Entwicklung.

Bei einer Auswertung der Anteile pfluglos bestellter Flächen zu unterschiedlichen Kulturen spielen ackerbauliche Faktoren eine entscheidende Rolle. Weizen, der meist in günstiger Fruchtfolgestellung nach Blattfrüchten steht, wird in der landwirtschaftlichen Praxis häufig pfluglos bestellt. Wintergerste, die hingegen meist abtragend nach Getreide angebaut wird, hat deutlich geringere Anteile. Die hohen Strohmengen einer Getreidevorfrucht, die hohen Ansprüche der Wintergerste an das Saatbett und die Herbst-Witterung sowie die eingeschränkten Möglichkeiten bei der Ungrasbekämpfung lassen den Landwirten zur Wintergerste eher den Pflug einsetzen.

Beim Raps ist der relativ hohe Anteil einer pfluglosen Bestellung neben einer ackerbaulichen Eignung mit der Arbeitsbelastung zur Rapssaat im Monat August zu sehen. Oftmals muss neben den noch laufenden Erntearbeiten bereits der Raps ausgesät werden. Hier hat die konservierende Bodenbearbeitung deutlich geringere Arbeitszeitansprüche als bei der wendenden Bearbeitung mit dem Pflug.

Ertragsleistung bei pflugloser Bodenbearbeitung

Am Standort Herleshausen im Landkreis Eschwege werden seit über 15 Jahren verschiedene Bodenbearbeitungssysteme verglichen. Die Bodenschätzung weist eine Bodenzahl/Ackerzahl von 78/70 aus. Das Ertragsniveau dieses Löß-Lehm-Standorts ist als überdurchschnittlich gut anzusprechen. Dabei sind die jahresbedingten Schwankungen der Erträge im Zusammenhang mit der Witterung und der Vorfrucht zu beachten.

Die Direktsaatvariante fällt grundsätzlich nicht im Ertrag ab, in Einzeljahren liegen diese auch über den Erträgen der Pflugparzelle. Die klassische Mulchsaat erzielt in acht von zehn Jahren das Ertragsniveau der konventionell bearbeiteten Pflugparzelle. Oftmals sind sogar deutliche Mehrerträge in diesem Verfahren zu dokumentieren. Insbesondere in den trockeneren Jahren 2003 und 2005 und 2009 mit hitzebedingt abrupter Abreife treten Mehrerträge auf.

Prozentualer Anteil pfluglos bestellter Flächen zu einzelnen Kulturen

Bei der Betrachtung der einzelnen Kulturen wird deutlich, dass Weizen (sowohl Stoppelweizen als auch Blattfruchtweizen) im Mulchsaatverfahren sichere und hohe Erträge bringt. Dagegen liegen die Raps- und Wintergerstenerträge bei pflugloser Bestellung oft nicht deutlich über dem Niveau des Pfluges. Die Frage ist hier, inwiefern die kürzere Anbaupause zwischen der Ernte der Vorfrucht und der Aussaat des Rapses und der Wintergerste aus sich limitierend auswirken kann.

Oftmals sind dann zur Aussaat noch hohe Mengen an unverrottetem Stroh im Saathorizont. Im Einzelfall beschränkt dies die Bestandesetablierung im Herbst dieser Kulturen. Insgesamt lässt sich nach zehn Jahren Versuchsarbeit fest stellen, dass das Ertragsniveau und die Ertragstreue nicht negativ durch den Pflugverzicht beeinflusst werden.

Technische Entwicklungen in pfluglosen Anbausystemen

Während die Pioniere der pfluglosen Bodenbearbeitung noch selbst ihre Technik für Mulchsaatsysteme umbauen mussten, besteht heute ein breites Angebot an mulchsaattauglicher Technik. Die größte Herausforderung in den heutigen engen Fruchtfolgen mit kurzen Anbaupausen ist der Umgang mit dem Stroh.

Vom Mähdrusch über die Bearbeitung bis zur Aussaat sind noch viele Optimierungsschritte zu leisten. Deutliche Vorteile sowohl aus phytosanitärer Sicht als auch hinsichtlich der Arbeitsqualität bei der Aussaat bringt das Mulchen des Strohs nach dem Drusch.

zur konventionellen Bodenbearbeitung mit dem Pflug (2001-2011)

Eine neue technische Entwicklung ist die Streifenlockerung. Der Boden wird streifenweise tief gelockert, im Reihenzwischenraum bleibt der Boden unbearbeitet. Je nach Verfahrensweise kann das Säeaggregat in einem weiteren Arbeitsgang satellitengesteuert im Lockerungsschlitz geführt werden. Die Bestände zeichnen sich durch eine gute Wurzelentwicklung aus. Gleichzeitig werden die wassersparenden und erosionschützenden Effekte einer Direktsaat durch den unbearbeiteten Zwischenreihenbereich mit genutzt. Dieses Verfahren bietet sich insbesondere für Reihenkulturen wie Zuckerrüben oder Mais, aber auch für Raps an.

Nicht nach Schema F, sondern je nach Standort bearbeiten

Die Bedeutung einer standortangepassten Bodenbearbeitung ist Grundlage für hohe Erträge. Um dem Aspekt der Nachhaltigkeit gerecht zu werden, sind in der landwirtschaftlichen Praxis den Problemfeldern Erosion und Wasserverfügbarkeit eine höhere Bedeutung zu zusprechen. Viele Landwirte nutzen mittlerweile die Vorteile pflugloser Verfahren. Zahlreiche Untersuchungen zeigen: Konservierende Bodenbearbeitungsverfahren führen zu Veränderungen wichtiger Bodenfunktionen, die Ertragsfähigkeit leidet allerdings auf den meisten Standorten nicht.

Allerdings sind pauschale Empfehlungen unangemessen. Insbesondere technische Weiterentwicklungen wie die Streifenlockerung sind aus pflanzenbaulicher Sicht vielversprechend und eröffnen völlig neue Möglichkeiten

Dr. Marco Schneider, Dierk Koch, LLH