EU-Agrarpolitik nicht Ursache für den Hunger in der Welt
HBV-Präsident bei Evangelischen Akademie Hofgeismar
Bei einer Tagung der Evangelischen Akademie Hofgeismar in der vergangenen Woche bezog der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, Stellung zum Thema der Veranstaltung „EU-Agrarreform und heimische Landwirtschaft.“
Mit einem Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums und des Deutschen Institutes für Menschenrechte stellte sich Schneider den Fragen nach der Internationalen Verantwortung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik.Auf der einen Seite sei die verantwortungsvolle Durchführung der Gemeinsamen Agrarpolitik mit Blick auf die Landwirtschaft der Drittländer besonders wichtig, so Schneider. Gleichzeitig müsse gesehen werden, dass die EU-Agrarpolitik ein Mittel zur Stabilisierung der Ernährungssicherheit in der EU sei und damit auch ein Mittel zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Entwicklung der europäischen ländlichen Räume darstellen müsse. HBV-Präsident Schneider wies dabei auf das nachhaltige Wirtschaften der Beitriebe in Hessen hin. Hier bewirtschaften Landwirte circa 20 Prozent der Landesfläche unter besonders hohen produktionsbeschränkenden Auflagen. Gleichzeitig dürfe die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe innerhalb des europäischen Agrarmarktes, beispielsweise zwischen Deutschland und Frankreich, nicht verzerrt werden. Deutschland habe sich zwar zum drittwichtigsten Exporteur von Nahrungsmitteln entwickelt, sei aber gleichzeitig weltweit zweitwichtigster Importeur von Agrargütern, so Schneider.
Im Vergleich der Export- und ImportÂländer spiele der afrikanische Kontinent nahezu keine Rolle, obwohl derzeit über Assoziierungsabkommen der Zugang zu den europäischen Märkten für Importe aus den Staaten der Dritten Welt offen sei.
In erster Linie beruhe der HunÂger in Afrika in einem Versagen der internationalen Entwicklungshilfepolitik, in dem weitgehenden Fehlen guter Regierungspraxis in den Ländern der Dritten Welt und in erheblichen Defiziten in der lokalen Infrastruktur. Ein Handel sei aufgrund der instabilen Rahmenbedingungen völlig unmöglich, dies führe zum Nachteil der Länder der Dritten Welt. n Bezug auf die Diskussion über den großen Hunger in der Welt gebe es häufig einen gesellschaftlichen Diskurs über eine Neuausrichtung der Europäischen Agrarpolitik. Diese lehnte Schneider ausdrücklich ab, weil die landwirtschaftlichen Betriebe in der EU und damit in Hessen Planungssicherheit für ihre Investitionsentscheidungen benötigten. Es sei dringend geboten, die weltweite Nahrungsmittelknappheit durch Exporte zu lösen. Eine regionale Selbstversorgung mit Lebensmitteln führe zur Subsistenzlandwirtschaft (Eigenversorgung), aber nicht zum Entstehen starker regionaler und lokaler Märkte.
Diese seien aber nötig, damit Volkswirtschaften der Dritten Welt wachsen und ihren Wohlstand erhöhen könnten, so HBV-Präsident Schneider. Den Wohlstand zu erhöhen, gelinge nur, indem diese Gesellschaften den technischen Fortschritt für eine Erhöhung des Spezialisierungsgrades und somit zur Leistungssteigerung der Agrarerzeugung nutzen können. Der Zusammenhang zwischen den Direktzahlungen an europäische Landwirte und der Zerstörung lokaler Agrarmärkte sei nicht belegt. Der europäische Agrarmarkt bekenne sich zu seiner internationalen Verantwortung. Er sei aber kein Reparaturbetrieb verfehlter allgemeiner Politik“, so Schneider.
Im Vorfeld dieser Tagung fand ein gemeinsames Treffen des HBV-Präsidenten mit dem Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, auf dem Friedrichshof in Niedergründau statt. Gegenstand des Gespräches waren unter anderem die Positionen der Evangelischen Kirchen in Deutschland zur Reform der EuroÂpäischen Agrarpolitik und ihre Auswirkungen auf landwirtschaftliche Familienbetriebe in Hessen.