Fair Play für heimische Zuckerrüben gefordert

Mahnwache in Offstein ruft Politik zum Handeln auf

Im Schulterschluss mit den Arbeitnehmern der Zuckerfabrik Offstein haben die hessisch-pfälzischen Zuckerrübenanbauer am Freitag öffentlich auf die politisch verursachten Missstände auf dem Zuckermarkt und die daraus resultierende Gefährdung der Branche aufmerksam gemacht. Etwa 350 Arbeitnehmer und Landwirte demonstrierten laut einer Pressemitteilung des Verbandes vor den Toren der Zuckerfabrik.

Die Demonstranten vor der Zuckerfabrik in Offstein.

Foto: Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer

Am 29. Januar hatte Südzucker angekündigt, Restrukturierungsmaßnahmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette vornehmen und in diesem Zuge auch zwei deutsche Zuckerfabriken schließen zu wollen. Dr. Christian Lang, Geschäftsführer des Verbandes der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer, betonte in Offstein: „Die Politik hat uns zur Ausdehnung unseres Anbaus gezwungen. Wenn wir uns dem verweigert hätten, hätten wir schon im letzten Jahr Fabriken in vielen Regionen Europas schließen müssen. Denn eine Fabrik, die nur 80 Tage läuft, ist nicht rentabel, wenn man Weltmarktpreise als Maßstab nimmt. Gerne betonen Bundespolitiker, dass sie die Entscheidungshoheit haben. Dann übernehmen Sie bitte auch die Verantwortung!“

Es sei die Politik gewesen, die Mengenbegrenzungen, Mindestpreise und Regulierung beseitigt habe. „Die deutsche Politik hat mit überwältigender Mehrheit für die Abschaffung der Marktordnung gestimmt. Jetzt will es keiner gewesen sein“, klagte Lang an.

Die Politik habe die Zuckerwirtschaft in den freien Wettbewerb stellen wollen, und auf diesen Wettbewerb habe sich die Branche frühzeitig und gründlich vorbereitet. Der Wettbewerb werde nun aber zunehmend durch politische Entscheidungen zu Lasten der deutschen Zuckerrübenanbauer und -verarbeiter verzerrt. Lang erklärte hierzu beispielhaft: „Es ist eine Verhöhnung unserer Anstrengungen im integrierten Pflanzenschutz, wenn wir unsere Pflanzenschutzmittel in Deutschland nicht mehr erhalten, aber 13 Länder der Europäischen Union bekommen die Mittel, die ihnen einen umweltverträglicheren Schutz ihrer Rüben ermöglichen. Es ist ein Versagen der Bundesregierung, wenn in Polen fortschrittliche Methoden der Unkrautbekämpfung erlaubt werden und in Deutschland ein Umweltbundesamt unter einer Umweltministerin dieses verhindert.“

Deutsche Zuckerwirtschaft wird massiv benachteiligt

Die Politik wolle ökologische Produkte, weniger Zucker, mehr Tierwohl, mehr Umweltschutz, weniger Pflanzenschutz und gleichzeitig immer mehr Marktöffnung, immer weniger Schutz vor Dumping, immer billigere Lebensmittel und immer mehr Lebensmittelimporte für Exporte von Industrieprodukten.

„In Offstein stehen 550 Arbeitsplätze in dieser Fabrik, 2 000 Bauernhöfe und tausende Arbeitsplätze in den vor- und nachgelagerten Bereichen auf dem Spiel“, brachte es Lang auf den Punkt. Auch die Umwelt verliere bei einem Verschwinden der Zuckerrübe aus dem heimischen Anbau: „Zuckerrüben sorgen für weniger Nitrat im Grundwasser und bringen Biodiversität in die Flur. Wer die Rübe vernichtet, vernichtet auch Biodiversität!

In Brottewitz und Warburg, in Frankreich, Polen und Belgien – überall dort, wo nun Fabrikschließungen angekündigt sind, werden jetzt plötzlich die lokalen Politiker wach!“ erklärte Lang. „Wir brauchen aber die politische Unterstützung nicht erst, wenn es zu spät ist, wir brauchen sie, um zu verhindern, dass überhaupt eine solche Situation entstehen kann! Wir brauchen sie an den laufenden Standorten, an Standorten wie Offstein!“

„Wir haben in Offstein keinen Grund zur Panik“, stellte Lang abschließend fest. „Aber wir haben überall in Deutschland Grund zu großer Sorge um Zucker und Rüben aus Deutschland. Die Bäuerinnen und Bauern sind solidarisch zu den Mitarbeitern der Südzucker AG hier an diesem Standort. Wir wollen gemeinsam mit ihnen für den Erhalt und die Zukunft dieses Standortes und unseres Rübenanbaus kämpfen!“

LW – LW 9/2019