Fehlt das Grundvertrauen?

Bundeslandwirtschaftsminis­terin Ilse Aigner hat eine Debatte aufgenommen, die ihr Tierschutzgruppen und andere nichtlandwirtschaftsfreundliche Organisationen vorgelegt haben. Diese hatten bekanntlich den Dioxinskandal, bei dem die Bauern Opfer und nicht Täter waren, massiv dazu genutzt, die konventionelle Landwirtschaft und insbesondere die Tierhaltung zu diskriminieren.

Früheren Agrarministern, abgesehen von Renate Künast, wäre das Quasi-Einschwenken auf diese fachlich unhaltbaren Forderungen nicht passiert. Sie hatten eine klare Vorstellung von der Landwirtschaft und haben diese selbstbewusst verteidigt. Gleichzeitig hatten sie ein Grundvertrauen darin, dass die Bauern ihr Vieh tiergerecht halten.

Die Ministerin muss nun aufpassen, dass sie künftig nicht von Tierschutzgruppen getrieben wird. Auch wird Frau Aigner bald merken, dass sie mit einer noch zügigeren Abkehr von der betäubungslosen Ferkelkastration an die Grenzen der technisch-biologischen Machbarkeit stößt. Befriedigende Lösungen, nämlich entweder die Tiere schmerzfrei zu kastrieren ohne sie zu gefährden oder alternativ unkastrierte Schweine ohne Ebergeruch und damit ohne die Gefahr eines Einbruchs des Schweinefleischverzehrs, sind eben noch nicht in Sicht. Dies wurde übrigens bei einer Fachtagung des Bundeslandwirtschaftsministeriums im vergangenen Herbst deutlich. Und nicht ohne Grund wurde mit der Produktionskette und mit den europäischen Tierschutzverbänden auf Brüsseler Ebene der Ausstieg aus der Ferkelkastration auf 2018 terminiert.

Als Frau Aigner vorvergangene Woche in Südhessen auftrat - ihre Vorschläge zur Tierschutzinitiative waren erst Stunden zuvor in der Presse veröffentlicht – erwähnte sie den Tierschutz nur am Rande. Wäre sie darauf eingegangen, hätte sie vermutlich eine alles andere als freundliche Reaktion erfahren.

Cornelius Mohr