Feldhase ändert im Jahresverlauf seine Aktivitäten und Aufenthalte

Frühjahr ist entscheidend für die Bestandsentwicklung

Was braucht der Feldhase, um weiter existieren zu können? Unter anderem ist eine gute Ortskenntnis für Hasen überlebenswichtig. Um auf der Flucht blitzschnell Haken zu schlagen, Deckung geschickt auszunutzen oder durch Absprünge einen Verfolger abzuschütteln, muss Meister Lampe seinen Einstand kennen. Wenn die Pflichten der Fortpflanzung im Januar rufen, kommen die Feldhasen wieder aus den sicheren Ecken ihrer Reviere heraus.

Für den Feldhasen liegt die kritischste Jahreszeit nicht im Winter, sondern im Frühjahr.

Foto: Michael Breuer

Schon vor dem Winter scheinen die Feldhasen aus den Revieren zu verschwinden. Niederwild-Spezialisten erklären dieses Phänomen damit, dass wenn es Paarung und Jungenaufzucht nicht mehr erfordern, die Hasen ihre Aktivitätszeiten und Aufenthaltsorte verändern. So werden sie bereits am Ende des Sommers zunehmend nachtaktiv und suchen dann eher deckungsreiche Einstände auf, während sie sich zuvor auf offenen Flächen konzentriert haben. Die Hasen sind dann schwierig zu sehen. Auch die Ernährung folgt einem jahreszeitlichen Rhythmus. Ein Stratege wie der Feldhase äst vielseitig und wechselt zwischen hochver­dau­lichen, eiweißreichen und rohfaserreichen Pflanzen ab. Während des Winters sind die frischen Sprösslinge, zum Beispiel Wintergerste und Gräser, Hauptäsung. Vorzugsweise spielt sich ihr Leben auf den Getreidefeldern ab. Diese liefern mit ihrer Begleitflora in jeder Jahreszeit die passende Äsung.

Trotzdem gibt es keine Heerscharen unerkannter Hasen in den Revieren. Der Einbruch der Feldhasenbesätze in ganz Europa ist eine Tatsache, über deren Ursachen kaum Zweifel bestehen. Der entscheidende Faktor für die Hasendichte einer Region ist die Strukturierung der Landschaft. Bei Niederwildpopulationen werden auch die Weichen für ihre Überlebenschancen durch die Fressfeinde gestellt. Dabei werden Hasen damit fertig, jedes Jahr „Fuchsfutter“ zu produzieren. Die ersten Sätze an Junghasen erleiden meist deutlich höhere Verluste als die später gesetzten.

Auch wenn die Häsin erst später einen Satz produziert, kann sie das mit mehr Jungen darin ausgleichen. Die Zahl an Nachkommen pro Jahr bleibt so annähernd gleich, egal ob auf drei oder vier Sätze verteilt. Nicht jedoch die Zahl der Junghasen, die bis zum nächsten Winter überleben. Sie sind der Schlüsselfaktor für die Schwankungen der Hasendichte von Jahr zu Jahr und Gebiet zu Gebiet. Ihr Schicksal untersuchen Wissenschaftler der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Die kritischste Zeit scheint im Frühjahr zu liegen. Für die Hasenpopulation steht fest, dass sie auch weiterhin mit Frühjahrskälte und Fuchsaktivität, Parasitenlast und Brachflächen schwanken wird.

Dr. Christine Miller – LW 4/2017