Flächenverbrauch, Greening und regionale Produkte

Landwirtschaft im Gespräch auf dem Hessentag

Traditionell lädt das hessische Landwirtschaftsministerium anlässlich des Hessentags zu einer Podiumsdiskussion über aktuelle Fragen der Landwirtschaft und Agrarpolitik ein. So auch zum Hessentag in Hofgeismar. Umweltstaatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser konnte gemeinsam mit HBV-Präsident Friedhelm Schneider, VÖL-Sprecher Hans-Jürgen Müller, der Abteilungsleiterin Landwirtschaft im Ministerium Dr. Anna Runzheimer und dem moderierenden Pressesprecher Mischa Brüssel de Laskay rund 80 Gäste begrüßen, die sich rege an der Diskussion beteiligten.

Die Podiumsteilnehmer der Veranstaltung, von links: Ministeriums-Pressesprecher Mischa Brüssel de Laskay, Dr. Anna Runzheimer, Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser, VÖL-Sprecher Hans-Jürgen Müller, und HBV-Präsident Friedhelm Schneider.

Foto: Dr. Ernst-August Hildebrandt

Erster Themenschwerpunkt war der Flächenverbrauch für Infrastrukturmaßnahmen, Gewerbe- und Wohnansiedlungen zu Lasten der Landwirtschaft. Die Landwirte wünschen sich hier ein Landwirtschaftsgesetz, dass eine Gleichstellung zwischen Landwirtschaft und Forst garantiert. Dann, wenn Waldflächen für andere Zwecke verbraucht werden, führt die derzeitige Praxis immer noch zu einem Ausgleich durch landwirtschaftliche Flächen, selbst bei der Versieglung von Acker- und Grünland würden im gleichen Umfang Ausgleichsflächen ausgewiesen, die der Landwirtschaft zusätzlich entzogen werden. Die anwesenden Landwirte und Verbandsvertreter bemängeln, dass in Hessen keine erkennbare Absicht besteht, diesen Entwicklungen per Gesetz entgegen zu treten. Auch die Möglichkeit der Verbandsklage sollte eingerichtet werden, da nur auf diese Weise eine „Waffengleichheit“ zwischen Landwirtschaft und Forst geschaffen werden könne. Da beide Bereiche in der Organisation des Ministeriums verankert sind, fordern die Diskussionsredner seitens der Ministeriumsspitze hier auf eine andere Praxis bei der Ausweisung von Ausgleichsflächen hinzuwirken.

Flächenverbrauch ist weiterhin zu hoch

Staatssekretärin Tappeser versicherte, dass auch ihr der Flächenverbrauch zu Lasten der Landwirtschaft ein Dorn im Auge ist. Trotz anderer gesellschaftlicher Belange im dicht besiedelten Hessen werde sie alle Anstrengungen unterstützen, den Flächenverbrauch einzugrenzen. Eine Möglichkeit besteht aus ihrer Sicht darin, eine Dichtbesiedelung innerhalb bestehender Stadtgrenzen der Ausweisung weiterer Baugebiete im Umland vorzuziehen. HBV-Präsident Schneider unterstrich den landwirtschaftlichen Flächenschutz als eine zentrale Forderung der Landwirtschaft. Das Thema müsse auch stärker im Bewusstsein der Bevölkerung verankert werden. Hierzu sei die Öffentlichkeitsarbeit zu verstärken und für eine Unterstützung durch Bündnispartner in den Kommunen und Regionalparlamenten zu werben.

Zur Blühflächenansaat im Rahmen des Greenings

Zum Aspekt der Blühflächenansaat im Rahmen des Greenings mit der Terminvorgabe spätestens bis 1. April auszusäen, mahnt Jürgen Düster, Fachdienstleiter für Landschaftspflege vom Kreis Kassel an, dass in einigen nordhessischen Regionen dieser Termin nicht einzuhalten sei und deshalb die Anlage und Pflege von Blühbiotopen erschwert beziehungsweise unmög­lich gemacht werde. Tappeser bedauerte dies, wies darauf hin, dass der Termin als Vorgabe des Bundes nicht veränderbar ist. Hier müssten andere Möglichkeiten ergriffen werden, um den Verlust von biologischer Vielfalt zu vermeiden. In dem Zusammenhang wird seitens der Teilnehmer bemängelt, dass durch Auflagen, wie zum Beispiel die Pflicht zur Offenhaltung von Gräben ebenfalls Ruderalbiotope zerstört würden. Ein Umstand, der der veranlassenden Bürokratie offenbar nicht bekannt und durch entsprechende Gesetzes- oder Verordnungsänderung zu heilen sei. Andererseits wird beklagt, dass der Anbau von Ackergras zur Futternutzung zur Ausweisung von Dauergrünland geführt habe und damit die bisherige Wechselnutzung mit Ackerland verbiete. Staatssekretärin Dr. Tappeser informierte, dass die Bestimmungen auf EU-Richtlinien und dem EuGH-Urteil beruhten, der EU-Agrarkommissar habe aber kürzlich versprochen, sich in diesen Bereichen für Änderungen einzusetzen.

In einer weiteren Themenrunde schnitten Verbandsvertreter absehbare Probleme bei der rechtzeitigen Auszahlung der Zahlungsansprüche an. Die Staatssekretärin zeigte sich hier optimistisch, da anfängliche Schwierigkeiten bei der Datenverarbeitung der auszahlenden WIBank zwischenzeitlich behoben seien. Die Verantwortung liege allerdings vollumfänglich bei der Bank. Abteilungsleiterin Runzheimer ergänzt dazu, dass man auch damit rechne, dass trotz des Jahrs des Umbruchs auch die Förderung nach dem neuen HALM rechtzeitig bedient.

Vermarktung regionaler Produkte thematisiert

Beim Thema Vermarktung regionaler Produkte beklagten Direktvermarkter die Diskrepanz zwischen Verbrauchererwartungen und Verbraucherverhalten. Hinsichtlich zunehmender Aktivitäten bei der Vermarktung regionaler Produkte durch Discounter befürchten besonders di­rektvermarktende Kleinanbieter den Verlust von Marktanteilen, da die Erfahrungen zeigen, dass der Verbraucher bei ähnlichen Produktauszeichnungen zum billigeren Angebot greift. Tappeser wies darauf hin, dass seitens des Öko-Aktionsplans und der Hessischen Marketinggesellschaft Konzepte entwickelt werden und wurden, die für den Verbraucher ein besseres Erkennen der Produkterstellung, der regionalen Herkunft und der Verarbeitung ermöglichen soll und damit mehr Transparenz als Basis neuen Vertrauens bildet.

Über Ausbringungsfristen und Lagerzeiten diskutiert

Zum Thema Gülle und Ausbringungsfristen sowie Lagerzeiten sahen die Diskussionsteilnehmer durch enger werdende Spielräume ähnliche Probleme wie bei der rechtzeitigen Aussaat von Blühmischungen in der Land­schaftspflege. Auch hier wird die künftige Düngeverordnung keine Spielräume lassen, wenngleich die Verhandlungen derzeit noch nicht abgeschlossen sind und Hessen sich um flexiblere Sperrfristen bei der Ausbringung und Lagerung bemüht.

Als Erfolg der hessischen Bemühungen sieht Tappeser, dass künftig beispielsweise keine Sperrfristen für die Lagerung von Festmist gelten sollen. Entscheidend sei, dass die Nitratbelastung hessischer Grundwassermessstellen keine Zunahme erkennen lassen. Bei der durchschnittlichen GV-Ausstattung und der überwiegend moderaten mineralischen Düngung seien hohe N-Belastungen in Hessen selten. Im Hinblick auf bedenkliche Messwerte bei einigen Grundwassermessstellen werde das Messnetz zur besseren Einschätzung landwirtschaftlicher Einflüsse und zur besseren Erfüllung der Wasser-Rahmenrichtlinie überarbeitet.

Abschließend erging angesichts größerer Flächenkäufe zur Kapitalanlage durch Nichtlandwirte die Bitte, diesen Trend über das Grundstücksverkehrsgesetz Einhalt zu bieten. Zudem kritisierte HBV-Präsident Schneider, dass die Grunderwerbssteuer inzwischen nach Sätzen von 0 und 2 nun 6 Prozent betrage. Für Landwirte, die auf Flächen angewiesen sind sollte dieser Satz wieder auf 0 Prozent zurückgefahren werden. Außerdem forderte er, die doppelte Grunderwerbssteuer abzuschaffen, die durch das Vorkaufsrecht der Hessischen Landgesellschaft (HLG) und den nachfolgenden Verkauf an die Landwirte entsteht. Darüber hinaus müsse auch die Genehmigungsgrenze beim Grundstücksverkehrsgesetz von 50 auf 25 Ar reduziert werden.

Staatsekretärin Tappeser sieht in diesem Fall nur wenig Einflussmöglichkeiten durch die Landesregierung. Sie wies diesbezüglich darauf hin, dass bei Eigentumswechsel von landwirtschaftlichen Flächen immer die Zustimmung der zuständigen Agrarbehörde notwendig ist.

Dr. Hildebrandt  – LW 24/2015