Fleischverzehr als Politikum

Über die Höhe des Fleischkonsums in den Industrieländern wird seit geraumer Zeit diskutiert. Neben dem Gesundheitsaspekt und dem Tierwohl stehen dabei die Auswirkungen der tierischen Erzeugung auf die Ernährungslage in der Welt und die Veredelungsverluste der Tierhaltung im Vordergrund.

Renate Künast, ehemalige Bundeslandwirtschaftsministerin von den Grünen, brachte es bei einer Veranstaltung wieder einmal auf eine prägnante Formel: „Der Anbau von Futtermitteln für Tiere ist schon heute ein Hungerauslöser für Menschen.“ Millionen Hektar in Brasilien und Argentinien seien zu Futteranbaugebieten für Tiere im Norden geworden. Soweit die inszenierte Dramatik. Die Wirklichkeit ist, wie so oft, komplizierter. Bei einer von der Edmund Rehwinkel-Stiftung geförderten Studie haben Wissenschaftler berechnet, dass der Rückgang der Fleischnachfrage in den Indus­trieländern durch einen erhöhten Fleischkonsum im Rest der Welt ausgeglichen würde, weil die Verbraucher dort auf die fallenden Fleischpreise reagieren. Damit würden die Auswirkungen auf die Ernährungssicherung und auf den Anbau von Futterpflanzen sowie auf Umwelt und Klima deutlich geringer ausfallen als derzeit in der Öffentlichkeit vermutet.

Mit dem direkten Verzehr der eingesetzten Futtermittel, beispielsweise Mais oder Weizen, kann man sicherlich, theoretisch, einen größeren Beitrag zur menschlichen Ernährung leisten als mit tierischen Nahrungsmitteln. Wie die Wissenschaftler aber auch feststellen, ist die Hauptursache der Unterernährung die Armut. Ohne Veränderung der Kaufkraft hat der Verzicht auf Fleisch in den Industrieländern keinen Effekt auf den Hunger in der Dritten Welt.

Gleichwohl ist die Ermittlung des effektivsten Einsatzes der Ressourcen bei der Nahrungsmittelerzeugung angesichts der weltweiten Verknappung von Boden, Wasser und Energie sowie der Auswirkungen auf das Klima notwendig. Hierbei steht die deutsche Landwirtschaft nicht schlecht da. Darüber hinaus sind aber auch Wohlstand, Genuss und Lebensqualität, welche die tierische Veredelung in Deutschland bietet, ein gewichtiges Argument für den Fleischkonsum, hier und anderswo.

Cornelius Mohr