Flughafen und Landwirtschaft

Hessen wird, nachdem der Vorsitzende Schäfer-Gümbel durch taktische Fehler und aus Angst vor der eigenen Basis die SPD ins Abseits manövriert hatte, eine schwarz-grüne Landesregierung erhalten. Die Koalitionsverhandlungen haben am Montag begonnen. Der Ausbau des Frankfurter Flughafens und der Lärmschutz für sein Umfeld sind die größten Knackpunkte, aber nicht nur die. Denn so konträr die Auffassungen der künftigen Partner hier sind, so widersprechend sind sie auch in der Landwirtschaftspolitik. In den Parteiprogrammen ist dies nachzulesen. Die Stichworte lauten aus dem Blickwinkel der Grünen: verstärkter Ausbau des Ökolandbaus, höhere Tierhaltungsstandards, neue Ausrichtung der Investitionsförderung, Verbandsklagerecht, keine Veränderung beim naturschutzrechtlichen Ausgleich und so weiter. Deshalb schauen die Bauern jetzt gebannt darauf, wer wohl das Agrarressort besetzen wird. Die Landwirtschaft ist, nachdem der Atomausstieg eingeleitet ist, eines der großen Politikfelder der Grünen. Sie haben – im Gegensatz zur SPD – sehr klare eigene Vorstellungen. Und sie haben im Wahlkampf sehr polarisiert, insbesondere beim Thema Tierhaltung. Die Ökopartei wird das Ressort gewiss anstreben.

Einen grünen Landwirtschafts­minister gab es in Hessen bislang nicht. Bei den rot-grünen Landesregierungen in den achtziger und neunziger Jahren hatten stets SPD-Politiker das Ressort Landwirtschaft besetzt, die Grünen das Ressort Umwelt und Energie. Die Bauern, die bei der letzten Wahl wieder mit großer Mehrheit die Union gewählt haben, würden es kaum gutheißen, überließen die Konservativen das Ressort den Grünen. Aufgrund der besagten konträren Auffassungen innerhalb der Koalition in spe darf man gespannt sein, inwieweit ein gegebenenfalls grüner Minister seine eigenen Auffassungen umsetzen kann. Der Koalitionsvertrag, der derzeit in den Arbeitsgruppen verhandelt wird, kann Leitplanken einziehen, aber nicht die tägliche Arbeit vorschreiben.

Bei der derzeitigen Unsicherheit über die Perspektiven ist es gut, dass sich Anfang November die Agrarminister von Bund und Ländern wenigstens auf eine Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik geeinigt haben.

Cornelius Mohr