Gefahr durch den Maiswurzelbohrer Käfer ist kaum aufzuhalten

Erhebliche Schäden – Quarantänemaßnahmen führen bis zum Anbauverbot

Seit einigen Jahren beobachtet auch Rheinland-Pfalz den Anmarsch eines Schädlings, der besondere Schwierigkeiten für Mais-Bauern darstellen wird: der „Westliche Maiswurzelbohrer“ (Diabrotica). In den USA und Ungarn ist der Schädling etabliert und verursacht dort große Schäden, erste Funde sind in Süddeutschland und im Rheingraben vorhanden. Da keine klimatischen Barrieren erkennbar sind, ist es eine Frage der Zeit, bis der Schädling, der gern Transportmittel wie Flugzeuge oder KFZ nutzt, auch in Rheinland-Pfalz gefangen wird.

Käferfraß an Narben führt zu Befruchtungsstörungen.

Foto: Dr. Peter Baufeld, Julius-Kühn-Institut (JKI)

Während für uns bisher nur die Einschleppung mit Verkehrsmitteln über größere Distanz bedeutend war, sind die Maiswurzelbohrer 2009 so nahe an die Südpfalz gerückt, dass sie unser Land durch eigenen Flug erreichen können. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit eines baldigen Auftretens deutlich. Die Bekämpfungsmöglichkeiten sind sehr eingeschränkt, so dass der derzeit wirksamsten Vorbeugungsstrategie, eine vernünftige Fruchtfolgegestaltung, nun auch im Maisanbau Rechnung getragen werden muss.

Schäden an Blättern, Blüte und vor allem an den Wurzeln

Die Schäden verursachen – ähnlich wie beim Maiszünsler – hauptsächlich die Larven des Käfers an und in der Maiswurzel. Die Käfer erzeugen auf den Blättern einen Schabefraß, ähnlich dem der Getreidehähnchen auf Getreideblättern. Schwerwiegender sind die Schäden an der Maisblüte, wo die Narbenfäden abgefressen werden, was zum Verlust der Kornanlagen führt, so dass an den Kolben mitunter nur noch wenige Körner zu finden sind. Der größte Schaden entsteht durch Fraßaktivität der im Boden lebenden Diabrotica-Larve. Je nach Entwicklungsstadium frisst diese zunächst die Wurzelhaare der Maispflanzen; später bohrt sie sich in die Hauptwurzel ein, was erheblich die Wasser- und Nährstoffaufnahme in der Maispflanze erschwert. Befallene Maispflanzen lassen sich leicht aus der Erde ziehen, da das Wurzelsystem nicht mehr intakt ist. Wegen fehlender Wurzeln verlieren die Maispflanzen an Stabilität und können bei Starkbefall umkippen.

Der Schädling ist kaum aufzuhalten

Die Käfer sind 5-7 mm lang. Sie fressen eiweißreiche Pflanzenteile wie Pollen oder Pollenanlagen, auch an Kürbispflanzen. Sie benötigen aber zur normalen Entwicklung den Mais. Sie sind gute Flieger, bewegen sich recht schnell und flüchten oder lassen sich bei Bewegung fallen. Die Eier werden in den Boden des Maisackers gelegt und überwintern dort. Im Frühjahr schlüpfen dann die Larven, die zur normalen Entwicklung den Mais benötigen, also Felder, wo Mais nach Mais steht. In Europa haben sie bisher keine natürlichen Feinde, und die Ansätze zur biologischen Bekämpfung befinden sich erst im Stadium der Erforschung. Der Maiswurzelbohrer wurde erst 1992 nach Europa in die Nähe des Belgrader Flughafens eingeschleppt. Von dort verbreitete er sich über zwei Wege weiter: Zum einen fliegt er selbst 60 bis 80 (bis 100) km/Jahr weiter, in Abhängigkeit von der Maisdichte des Gebietes. Auf diesem Weg hat er die Alpen umgangen und ist inzwischen über Ungarn bis nach Bayern vorgedrungen. Die zweite Möglichkeit der Verbreitung ist die bereits genannte Verschleppung mit den Transportmitteln. Dieser will man damit begegnen, indem man versucht, die isoliert eingeschleppten Käfer auszurotten.

Quarantänemaßnahmen können nur Ausbreitung verlangsamen

Der Maiswurzelbohrer ist als Quarantäneschädling eingestuft. Daher wurde auf EU-Ebene ein umfangreiches rechtliches Regelwerk erlassen. Die nördliche Grenze der Ausdehnung befand sich im Jahr 2009 auf französischer Seite bei Haguenau (Elsass) und auf deutscher Seite nördlich von Offenburg. Der Käfer war also noch etwa 40 bis 50 km von der deutschen Grenze entfernt und es ist möglich, dass er in diesen Tagen die Südpfalz erreichen wird. Die Ausbreitung ist nicht aufzuhalten. Sie ist denkbar bis in die Mittelgebirgslagen oder sogar bis nach Süd-England oder Süd-Schweden. Die Quarantänemaßnahmen haben jedoch das Ziel einer möglichst langsamen Ausbreitung. Daher sollte auch die Landwirtschaft diese Maßnahmen unterstützen, auch wenn sie für den betroffenen Landwirt einschneidend sein können. Zuständig für die Umsetzung der „Verordnung zur Bekämpfung des Westlichen Maiswurzelbohrers“ ist in Rheinland-Pfalz die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), unterstützt vor Ort durch die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR).

Seit 2003 finden Überwachungsmaßnahmen in Rheinland-Pfalz statt. Dazu werden Pheromon- (Sexuallockstoff-) Fallen in der Zeit zwischen 1. Juli und 1. Oktober aufgestellt und durch die DLR kontrolliert, bis 2009 zum Glück ohne Ergebnis.

Vorgehen bei einem Fund am Beispiel Rheinland-Pfalz

Den größten Schaden verursacht der Schädling als Larve an der Maiswurzel.

Foto: Dr. Peter Baufeld, Julius-Kühn-Institut (JKI)

Wird ein Maiswurzelbohrer auf einem Klebeboden einer Pheromonfalle festgestellt, wird der Spezialist für Schädlinge am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück zur Bestätigung hinzugezogen. Dann werden die Angaben überprüft und unverzüglich die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion benachrichtigt.

Wenn die Art Diabrotica virgifera (westlicher Maiswurzelbohrer) festgestellt wurde, legt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion die Befallszone (1 km Durchmesser) und eine Sicherheitszone (weitere 5 km Durchmesser) um den Fundort herum fest. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion beschafft über das DLR RNH Landkarten vom Quarantänebereich (Befalls- und Sicherheitszone), in denen die Maisflächen eingetragen sind. Mit diesen Angaben wird von der ADD eine Allgemeinverfügung erlassen. Im südlichen Landesteil ist mit einem Lohnunternehmer, der eine selbst fahrende Feldspritze mit großer Bodenfreiheit hat, gesprochen worden, so dass er auf einen Einsatz vorbereitet ist. Das zuständige DLR muss dann die Behandlung aller Maisfelder in der Befallszone vorbereiten.

Das betroffene DLR organisiert eine Informationsveranstaltung für die betroffenen Landwirte zur Erläuterung der Situation, der Bestimmungen und Gegenmaßnahmen durch die ADD. Das Dienstleistungszentrum stellt weitere Pheromonfallen in den Maisfeldern um den Fundort herum auf und kontrolliert sie wöchentlich. In der Befallszone werden die Fallen im Raster 250 mal 250 m und in der Sicherheitszone im Raster 1000 mal 1000 m aufgestellt.

Die ADD überwacht die Allgemeinverfügung. Sie beauftragt den oder die Lohnunternehmer mit der großflächigen Bekämpfung der Käfer mit Insektiziden („Biscaya“, in Bio-Betrieben „Spruzit Neu“) in der Befallszone. Die Wirkung muss bis 30. September gewährleistet sein, so dass eventuell mehrere Maßnahmen nötig sind. Anhand des dichten Netzes mit Pheromonfallen wird überprüft, ob die insektizide Wirkung eingetreten ist.

Weitreichende Anbaueinschränkungen

Die Landwirte werden unterrichtet, dass in den zwei Folgejahren nach dem Festsetzen der Befallszone kein Mais auf allen Feldern dieser Zone angebaut werden darf. Als Ausnahme nach Antrag (an die ADD) darf in der Befallszone einmal Mais in den folgenden zwei Jahren auf Feldern angebaut werden, wenn dort in den zwei Vorjahren jeweils kein Mais stand und das Saatgut mit einem Insektizid gegen den Schädling behandelt wurde oder insektizides Granulat beigedrillt wurde und Insektizidspritzungen gegen die Käfer durchgeführt werden. Aufgrund dieser Auflagen ist es eigentlich ratsamer, im Befallsgebiet den Maisanbau für zwei Jahre auszusetzen. In der Sicherheitszone darf Mais nur jedes zweite Jahr auf derselben Fläche angebaut werden bzw. Mais nach Mais ist nur mit einer Ausnahmegenehmigung mit verschärften Bekämpfungsauflagen möglich.

Um eine Verschleppung zu verhindern, dürfen Maispflanzen in der Befallszone nicht vor dem 1. Oktober geerntet werden. Es darf keine Erde von den Maisfeldern herausgebracht werden, auf denen im Jahr der Festsetzung der Befallszone Mais angebaut wurde. Außerdem sind die landwirtschaftlichen Maschinen intensiv zu reinigen, bevor sie die Befallszone verlassen. Im Folgejahr ist der Mais-Durchwuchs bis zum 14. Juni zu entfernen. Wenn keine weiteren Maiswurzelbohrer gefunden werden, können die Beschränkungen nach drei Jahren aufgehoben werden. Wenn aber die Käfer nach zwei Jahren noch nicht ausgerottet sind, oder sich sogar vermehrt haben, muss das Gebiet großräumig zu einem Befallsgebiet erklärt werden. Durch von der EU in den Befallsgebieten geforderte Eingrenzungsprogramme kann der Maisanbau insbesondere in einzelnen Betrieben erheblich beeinflusst werden, beispielsweise durch Vorgaben, Mais während bestimmter Zeiträume nicht anzubauen oder Mais nur im Wechsel mit anderen Pflanzenarten anzubauen, oder dass ein Maisanbau nur in zwei von drei Jahren in Verbindung mit vorgeschriebenen Insektizidanwendungen möglich ist.

Chemische Bekämpfungsmöglichkeiten

Männlicher Käfer in der Pheromonfalle.

Foto: Dr. Frank Burghause

Derzeit steht kein zugelassenes Mittel für die Bekämpfung der Larven zur Verfügung, sondern es gibt nur besondere Genehmigungen des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Die Bekämpfung des Käfers erfolgt mit zugelassenen Insektiziden und entsprechender Technik im Bestand. Da der Befall in der Blüte von besonderer Bedeutung ist, sind entsprechende Stelzenschlepper erforderlich, die den Schaden am Mais gering halten und das Gestänge 50 cm über dem Bestand führen können. Die Bodenfreiheit der selbstfahrenden Pflanzenschutzspritze muss mindestens 1,50 m betragen, besser mehr. Problematisch dürfte die Anwendung in Hanglagen werden.

Mais ist bisher in unseren Breitengraden im Anbau mit sich selbst verträglich. Die Abwesenheit bodenbürtiger Schaderreger wie Nematoden, Viren, oder Pilze ermöglicht den wiederholten Maisanbau auf der selben Fläche, insbesondere wenn entsprechende Maßnahmen zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit wie Erosionsschutz, ausgleichende Humuswirtschaft und Erhaltung einer guten Bodenstruktur beachtet werden. Hat sich der Maiswurzelbohrer bei uns etabliert, muss dies neu bewertet werden!

Intensive Tierproduktion und der Betrieb von Biogasanlagen erfordern, dass möglichst im nahen Umfeld Silomais angebaut wird, und die Gärreste ortsnah und gleichmäßig verbracht werden können. Weitere Transportwege verringern die Wirtschaftlichkeit entweder für den Maisanbauer oder den Betrieb beziehungsweise die Anlage und führen zu erhöhten Akzeptanzproblemen in der Bevölkerung.

Die für den Silomaisanbau geeigneten Flächen sind relativ ebene, tiefgründigere Böden mit einer hohen Speicherkapazität an pflanzenverfügbarem Wasser. Diese Flächen ermöglichen auch in Jahren mit schwierigerer Witterung noch kalkulierbare Erträge und gewährleisten den Einsatz von Technik mit hoher Schlagkraft. Da ein solches Flächenangebot im Umfeld von großen Tierbetrieben und Biogasanlagen in Mittelgebirgslagen naturgemäß begrenzt ist, dürfte die Neigung zu Mais-Mais-Fruchtfolgen auf bestimmten Flächen zunehmen. Darin liegt als große Gefahr, dass beim Auftreten von Schadorganismen, die eine weiter gestellte Fruchtfolge erfordern, es für den Maisanbau zu erheblichen Einschränkungen kommen kann.

Investoren sollten Biogas-Anlagen nur in den Größen konzipieren, die in die Landschaft passen. Ausreichende Flächen in näherer Umgebung, auf denen die Grundsatze der „guten fachlichen Praxis“ in Bezug auf Düngung und Fruchtfolge einhaltbar sind, gehören zu den erforderlichen Planungsarbeiten. Eine simple Addition von Flächen, die im Umkreis liegen, ist sicher keine ausreichende Grundlage. Martin Nanz, Dr. Frank Burghause, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Karl-Wilhelm Krähling, DLR Westpfalz, Michael Schaaf, DLR Eifel

Auf einen Blick

Die Ausbreitung des Maiswurzelbohrers in bisher befallsfreie Gebiete ist wahrscheinlich nicht zu verhindern. Langfristig wird man mit dem Schädling leben müssen. Der Preis dafür wird die chemische Bekämpfung mit Geräten mit hoher Bodenfreiheit sein, sowie die Notwendigkeit, den Mais in Fruchtfolge mit andren Ackerfrüchten zu stellen. Mono-Maisanbau wird nicht möglich sein. Da der Maiswurzelbohrer erst in jüngeren Jahren nach Europa bzw. Deutschland eingeschleppt wurde, ist er als Quarantäneschädling eingestuft. Die Landwirte werden zu ihrem eigenen Nutzen dringend angehalten, die Quarantänemaßnahmen mitzutragen. Als Vorteil davon erhalten sie eine langsamere Ausbreitung des Schädlings. Vor allem in den Befalls - und Sicherheitszonen wird es allerdings zu Erschwernissen kommen.