Gemeinsame Agrarpolitik?

Nachdem sich Europaparlament und EU-Agrarrat jeweils auf ihre Positionen verständigt haben, befinden sich die Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik auf der Zielgeraden. Eine Einigung in den beiden Gremien war offensichtlich nur mit Zugeständnissen an die Ausgestaltungsmöglichkeiten in den Mitgliedstaaten zu erzielen. Im Ergebnis findet eine Individualisierung der Agrarpolitik statt, die die Bezeichnung „gemeinsam“ in Frage stellt. Das fängt an mit der Kappung, die ebenso freiwillig ist wie die Einführung eines Zuschlags für Junglandwirte. Es geht weiter mit der Kopplung der Zahlungen an die Produktion, für deren Beibehaltung insbesondere Frankreich erfolgreich gestritten hat und die in Deutschland schon weitgehend abgeschafft wurde (wobei damit immer die Hoffnung verbunden war, dies würde einen Verhandlungsbonus bringen – offenbar ein Trugschluss). Weitere Beispiele für Maßnahmen, die im Ermessen der Mitgliedstaaten liegen sollen, sind die Möglichkeit einer Sonderförderung für kleine Betriebe oder gar individuelle Anrechnungsmöglichkeiten für ökologische Vorrangflächen.

Mit der Individualisierung besteht immer die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Staaten. Die politische Ausrichtung der Nationalregierungen wird stärkeren Einfluss auf die Wirtschaftsbedingungen für die Betriebe haben. So wird eine rot-grüne Regierung das Greening sicher anders auslegen als eine schwarz-gelbe. Auch die Kopplung an die Produktion kann zu Verzerrungen führen.

Das zweite Phänomen, das in den Positionen deutlich wird, ist die Umverteilung. Da die Obergrenzen der Zahlungen feststehen werden, wird bei der Anwendung neuer Programme zwangsläufig dem einen genommen, um dem anderen zu geben. Das wird noch zu lebhaften Diskussionen führen.

Cornelius Mohr