Georg Scheu – der Rebenflüsterer
Scheurebe-Tag – viel mehr als „nur“ Wein
Die Scheurebe wird in diesem Jahr 100 Jahre alt. Aus diesem Anlass hatten Rheinhessenwein, das DLR RNH Oppenheim und das Weingut Dr. Eva Vollmer aus Mainz-Ebersheim alle Scheurebe-Fans zu einem Scheurebe-Tag eingeladen.Das Programm begann mit Vorträgen der Experten am DLR zu Weinbau und Kellerwirtschaft, setzte sich fort mit zwei Degustations-Workshops und fand seinen Abschluss mit einem grandioÂsen Scheurebe-Geburtstags-Fest.

Foto: Torsten Zimmermann/Rheinhessenwein
100 Jahre Scheurebe – wissen, schmecken, feiern
Bernd Kern, Geschäftsführer von Rheinhessenwein, wies darauf hin, dass die Scheurebe genau genommen in Worms-Pfeddersheim gezüchtet wurde und dann erst nach Alzey kam.
Die Experten befassen sich mit den Herausforderungen dieser Rebsorte im Weinberg und im Keller. Arno Becker, DLR Oppenheim, zeigte die große Lebensleistung von Georg Scheu auf, der die Drahtrahmenerziehung propagierte und damals revoluÂtionäre Reihenabstände von 1,20 m forderte. Üblich war die Einzelstockerziehung 90 cm x 90 cm. In Vorträgen sprach er sich damals schon für 2 m Reihenabstand aus und einen Halbbogen. „Stell mich frei – ich trag für zwei“, ist ein überliefertes Zitat von Scheu. Für seine Neuzüchtungen hat er Pioniere gefunden, die die Sorten auf verschiedenen Böden testeten. Scheu war nicht nur Rebenzüchter, sondern darüber hinaus ein voraus schauender Weinbauberater. Scheu verteidigte vehement den Anbau von Müller-Thurgau. Er war in vieler Hinsicht ein Vorkämpfer des modernen Weinbaus. Scheu beschrieb die Blattrollkrankheit und rottete sie durch konsequente Selektion nahezu aus. Viele seiner Theorien konnten später bewiesen werden. Was er in Vorträgen erklärte, ist heute noch aktuell: „Wir müssen anbauen, was die Verbraucher wünschen.“ Scheu war überzeugt davon, dass der Qualitätsgedanke im Mittelpunkt stehen müsse: „Die Quali-tätsfrage ist die Lebensfrage des deutschen Weinbaus.“
Kein Rezept, aber viel Fingerspitzengefühl

Foto: Bettina Siée
Bernd Wechsler, Kompetenzzentrum Weinmarkt und Weinmarketing, berichtete von einem klaren Trend zu aromatischen Weißweinen und sieht Scheurebe-Weine in einer Nische, die ausbaufähig sei. Es fehle bislang eine Marketingstrategie. Die Branche müsse sich Gedanken machen und auf ein Profil einigen – trocken oder lieblich. Wechsler regt an, einen passenden Namen zu suchen und erklärte dazu die Marketingstrategie vom Veltliner, der als „Pfefferl“ vermarktet werde.
Auch Christian Frens von Sommelier-Consult glaubt, dass die Marktnische noch besser besetzt werden könne. „Scheu ist als Speisebegleiter eine Granate“, schwärmte Frens, aber ohne aktive Empfehlung gehe es nicht. Junge Weintrinker spricht Scheu an, weil die Aromen zu erkennen sind. Die von Christine Balais, Sommelière Köln, zelebrierte Weinprobe zeigte das Potenzial dieser Sorte. Es wurden Weine des 1. Internationalen Scheurebe-Wettbewerbs vorgestellt. Welche Geschmackserlebnisse Scheurebe-Weine bieten und wie man mit diesen Weinen große Feste feiern kann – das alles zeigte der Scheurebe-Tag.
Der Tag endete mit einem lauwarmen Sommerabend im Weingut Dr. Eva Vollmer. Hier fand ein unvergessliches Geburtstagsfest statt, mit einem Scheurebe-Dinner und passenden Scheurebe-Weinen, dazu ein lockerer Bühnentalk mit Scheurebe-Winzern und dem international bekannten Weinkritiker Stuart Pigott.
bs – LW 37/2016