Getreide-Vermarktung nach Plan

Drei Termine haben sich als günstig herausgestellt

Die optimale Getreidevermarktung hat einen erheblichen Einfluss auf die Höhe des Betriebsgewinns. Ausschlaggebend dafür ist die Wahl des richtigen Verkaufszeitpunktes. Um den auszumachen, bedarf es eines Vermarktungsplans, der das Vorgehen dazu beschreibt.

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Die Auswirkung eines Vermarktungsplans auf den Gewinn soll hier am Beispiel von Brotweizen für den Zeitraum seit 1996 aufgezeigt werden. Datengrundlage bilden die Schwerpunkpreise für diese Getreideart in Rheinland- Pfalz. Deren Preishöhe weicht wohl regional davon ab, nicht aber die Preisrichtung. Daher hat das Ergebnis landesweit Gültigkeit.

Erster Schritt: Lagerkapazität und Liquiditätsbedarf ermitteln

Im ersten Schritt ist der zu erwartende Weizenertrag mit der vorhandenen Lagerkapazität abzugleichen. Etwa 1,3 m3/t Lagerbedarf verlangt Weizen, 10 m3 reichen damit für einen mittleren Hektarertrag von 7,6 t Weizen aus. Allerdings dürfte der Raummangel, wegen der voraussichtlichen Ertragseinbußen gegenüber dem Vorjahr, derzeit wohl die geringste Sorge darstellen.

Problematischer gestaltet sich da schon das Warten auf optimale Getreidepreise, da diese oft erst zum Jahresende eintreten. Das kann zu einem Engpass bei der betrieblichen Liquidität führen, da die zuvor ausgegebenen Geldmittel zur Weizenerzeugung, etwa 120 Euro/t, ja bis zum Verkauf darin gebunden bleiben. Wiederkehrende Ausgaben gehen aber weiter und mitunter fallen gerade im Betrachtungszeitraum betriebsnotwendige Ersatzinvestitionen an.

Nur mit einer Planung der erwarteten Einnahmen und Ausgaben lässt sich etwa der Geldbedarf für den Zeitraum bis zum Jahresende abschätzen (Tabelle 1). Im Beispielsfall, Schwerpunkt Milcherzeugung, gleicht die im Dezember ausgezahlte Betriebsprämie das laufende Konto aus und beendet damit die Li­quiditäts-Anspannung.

Kreditbereitstellung wie Lagerung verursachen jeweils Kosten von 1 Euro/t im Monat. Deren Zinsbelastung errechnet sich aus 10 Prozent Kontokorrentzinssatz und 120 Euro/t Erzeugungskosten (12 Euro Zinsen/Jahr/12 Monate).Dazu kommen Lagerkosten von 1 Euro/t/Monat. Folglich sind mindestens 1,67 Prozent (2 von 120 Euro) monatliche Preissteigerung oder 8,33 Prozent (5x 1,67 Prozent) für den Betrachtungszeitraum vonnöten, um nur die mit dem Zuwarten aufgeführten zusätzlichen Kosten abzudecken.

Das scheint aber machbar, da die Notierungen von Brot- um 12 Prozent bzw. Futterweizen um 14 Prozent von der Ernte bis zum Jahresende im Mittel seit 1996 ansteigen.

Reicht aber die betriebliche Liquiditätsausstattung aus, entfällt eine Kreditaufnahme. Einzig die Finanzierung der Lagerkosten von 5 Euro/t (5 Monate á 1 Euro/t) bleibt, die aber bereits mit einer Preissteigerung von 4,16 Prozent bei Brotweizen im Betrachtungsraum ausgeglichen sind.

Vermarktungsteilmengen verringern das Risiko

Das eingelagerte Getreide wird zur Risikostreuung in Teilmengen von jeweils einem Drittel vermarktet. Damit gelingt es, auch nach der ersten Teilvermarktung von ansteigenden Notierungen zu profitieren. Geben andererseits in der Folge die Notierungen von Brotweizen nach, konnte zumindest ein Teil der verkaufsfähigen Ware zu einem günstigen Preis vermarktet werden. In jedem Fall führen Teilverkäufe aber dem Betrieb Liquidität zu.

Neben dem Barverkauf stehen dem Landwirt eine Reihe weitere Vermarktungsinstrumente zur Verfügung, so der Vor- wie Prämienvertrag oder gar die direkte Teilnahme an der Terminbörse. Im Beispielsfall kommt neben dem Barverkauf nur das Vermarktungsinstrument Vorvertrag zum Einsatz.

Vorvertrag mit Lieferung in der Ernte hat Vorteile

Der Abschluss eines Vorvertra­ges mit Lieferung in der Ernte vereinigt zwei Vorteile auf sich, er schafft Liquidität und beansprucht keine Lagerkapazität.

Im Beispielsfall genügt der Verkauf von fünf LKW-Ladungen Getreide oder 125 t (125t x 120 Euro/t = 15.000), um die dort errechnete Liquiditätslücke zumindest für den August zu schließen. Zudem reicht nun die Lagerkapazität, die verbleibende Brotweizenmenge selbst zu lagern. Das ist preiswerter als das beim Handel vorzunehmen. Zudem verbessert sich dadurch die Verhandlungsposition bei der künftigen Weizenvermarktung, da auch an andere Landhändler mit wettbewerbsfähigeren Preisen, und das ohne zusätzliche Kosten für Auslagerung, verkauft werden kann. Möglichst kurz vor der Weizen­ernte stellt sich der Abschluss eines Vorvertrages als günstiger Termin dar. Denn da die Ertragshöhe noch nicht genau abzuschätzen ist, neigt der Markt zu preislichen Übertreibungen. Trotzdem werden im Mittel der letzten 14 Jahre die November Weizennotierungen der MATIF von Mitte Juli gegenüber der ersten Augustwoche, dem Hauptzeitraum der hiesigen Weizenernte um 30 Cent/t niedriger bewertet. Allerdings beschert der Entschluss des Ackerbauers, ein Drittel seiner erwarteten Erntemenge zu vermarkten, ihm einmal Geldmittel und das bereits zur Ernte und es entfällt gegebenenfalls die Notwendigkeit beim Handel zu lagern.

Zweites Drittel ab Oktober vermarkten

Planung der erwarteten Einnahmen und Ausgaben.

Nach der Planvorgabe verbleiben noch zwei weitere Vermarktungsgelegenheiten. Brotweizen verlässt dann das Lager, so der Plan, sobald ab Oktober dessen Notierung gegenüber der Vorwoche nachgibt. Datengrundlage für diese Entscheidung liefern die Wochennotierungen für Brotweizen im landwirtschaftlichen Wochenblatt. Dann geht ein weiteres Drittel des eingelagerten Weizens aus dem Lager. Dieses Abwarten bis zu diesem Zeitpunkt ist notwendig, da sich erst ab Ende September die Marktsituation übersichtlicher darstellt. Denn steht eine überdurchschnittliche Ernte an, versucht die aufnehmende Hand mit „Abwehrpreisen“ dieses Angebotes Herr zu werden ‑ im anderen Fall mit „Lockpreisen“ an Ware zu gelangen.

Der erzielte Mehrgewinn oder auch Verlust nach der Vermarktung errechnet sich nach der Formel: Verkaufspreis - Lagerkosten - Erstnotierung = Gewinn oder Verlust. Für die Kostenstelle Lagerung werden bis zum Verkaufszeitpunkt mit 35 Cent/t pro Woche berechnet und vom erzielten Preis abgezogen.

Übertrifft danach die Weizennotierung den ersten Verkaufspreis und fällt in der darauffolgenden Woche zurück, geht die restliche Ware aus dem Lager. Die Gewinn- und Verlustermittlung erfolgt dann nach der gleichen Formel.

Diese beschriebenen Regelungen gelten aber nicht auf die einem „Gutpreisjahr“ folgende Vermarktungsperiode. Im Betrachtungszeitraum sind das die Vermarktungsjahre 2004 und 2008. Denn 2003 übertrifft der Mittelwert der Weizennotierung den von 2002 um 31 Prozent, 2007 sogar um 77 Prozent. Nach solchen Jahren vollzieht der Markt eine Gegenbewegung und die Notierungen geben im darauffolgenden Vermarktungszeitraum dann fast nur noch nach. Dem gilt es vorzubeugen.

Vermarktungsplan langfristig im Vorteil

11, 92 Euro/t (12,24 2xBarverkäufe - 0,32 1x Vorverträge) weist dieser Vermarktungsplan im Mittel von 14 Jahren aus. Zwei Verlustjahren 2010 und 1998 bei der Barvermarktung stehen zwölf mit positivem Ergebnis gegenüber. Auf knapp 84 Euro/ha beläuft sich damit beim Hektarertrag von 7 t Brotweizen der Mehrgewinn.

Zudem lösen die Planvorgaben bereits 19 Wochen nach der Erstnotierung von Ende Juli (zweite Dezemberwoche) den ersten Barverkauf aus, drei Wochen später geht das restliche Brotgetreide im Mittel des untersuchten Zeitraums aus dem Lager. Das schafft einmal Platz für eine alternative Nutzung und generiert zugleich Geldmittel zur Beschaffung der notwendigen Betriebsmittel für die Frühjahrsbestellung.

Es ist noch anzumerken, dass Landwirte, die das Getreide komplett in der Ernte vermarkten – wie das hier als Vergleichsgrundlage herangezogen wird – wohl die Ausnahme bleiben. Selbst wenn aber der Getreideerzeuger als Gegenentwurf jede Woche, das summiert sich auf 42 im dargestellten Vermarktungszeitraum, eine gleichbleibende Menge an Weizen zum Beispiel als LKW Ladung mit 25 t vermarktet, erreicht der Mehrerlös im Betrachtungszeitraum trotzdem nur 10,9 Euro/t gegenüber 12,24 Euro/t bei der vorgestellten ersten Vermarktungsvariante.

Außerdem verlangt dies gegenüber dem vorgestellten Vermarktungsplan zusätzlich 40 Mal Angebote hereinzuholen, Abholtermine zu vereinbaren und Abrechnungen zu kontrollieren. Wird dafür nur jeweils eine Stunde veranschlagt und die Arbeitsstunde mit 25 Euro berechnet, ist damit jede Weizentonne mit 1 Euro (25 t/25 Euro) zusätzlichen Kosten belastet. Folglich schrumpft der Mehrerlös weiter um 1 Euro/t auf nun 9,9 Euro/t. Das bedeutet 2,34 Euro/t Mindererlös gegenüber dem vorgestellten Vermarktungsplan mit 12,24 Euro/t. Joachim Ruhmann, DLR Rheinhessen-Hahe-Hunsrück

Auf einen Blick

Vermarktung ohne Plan gleicht einem Glücksspiel und hat nichts mit Unternehmungsführung zu tun.

Auch der oft angeführte erhöhte Arbeitsaufwand trifft für den hier vorgestellten Plan nicht zu. Denn nach Abschluss des Vorvertrages bleibt einzig, ab Anfang Oktober die Wochennotierungen des Landwirtschaftlichen Wochenblattes zu verfolgen. Treten dann die festgelegten Verkaufsbedingungen ein, gilt es tätig zu werden.

Wohl ist das grundsätzlich einfach, aber dennoch nicht leicht, da einem oft die eigenen Emotionen bei der Umsetzung im Wege stehen. Das bleibt aus, wenn dem Lebens­partner die Ausführung des Vermarktungsplans übertragen wird. Ruhmann