Gewinne der Betriebe brechen ein

HBV: Schwache Ernte ist nur eine Seite der Medaille

Infolge der nur mäßigen Ernte in diesem Jahr können die Landwirte mit den Ergebnissen ihrer Betriebe nicht zufrieden sein. Vielmehr sind es aber anhaltend schwache Erzeugerpreise, die die Gewinne einbrechen lassen. Es kann kaum noch investiert werden.

HBV Generalsekretär Peter Voss-Fels informierte über die wirtschaftliche Entwicklung der Betriebe in Hessen.

Foto: Bernd Weber

Peter Voss-Fels, Generalsekretär des Hessischen Bauernverbandes (HBV), informierte im Vorfeld des diesjährigen Landeserntedankfestes vorigen Freitag in Bad Arolsen die Medien über die Ernteergebnisse und über erste Betriebsergebnisse aus dem abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2015/16.

Einkommen der Betriebe sinken besorgniserregend

Im laufenden Wirtschaftsjahr ist die Ernte 2016 noch nicht verbucht, stellte der Generalsekretär voraus, als er die ersten hessischen Unternehmensergebnisse aus dem zum 31. Juni abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2015/16 erläuterte. Demnach mussten die Landwirte in Hessen im Unternehmensergebnis über alle Betriebsformen hinweg bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ein Minus von 16,5 Prozent gegenüber dem vorangegangenen Jahr registrieren. Infolge der schwachen Erträge dieses Jahr, aber vor allem wegen der bis dato weiter zu niedrigen Erzeugerpreise rechnet der HBV auch für das laufende Wirtschaftsjahr mit einem weiteren Rückgang der Unternehmensergebnisse von circa 10 Prozent. Im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr 2015/16 ist das Unternehmensergebnis je Familienarbeitskraft um 4 700 Euro auf durchschnittlich 23 800 Euro je Familienarbeitskraft gesunken. „Das sind im Monat keine 2 000 Euro je Familienarbeitskraft“, so Voss-Fels. Er erläuterte, dass dies nicht dem Gewinn gleichzusetzen sei. Von der Summe müssten die Landwirte noch Zukunftsinvestitionen bezahlen, um den Betrieb wettbewerbsfähig zu halten, plus Sozialabgaben und Steuern. Alle Betriebsformen mussten Gewinneinbußen hinnehmen. Im Ackerbau beläuft sich nach HBV-Angaben der Gewinnrückgang infolge gesunkener Erzeugerpreise bei Getreide, Raps und Zuckerrüben auf über zwölf Prozent.

Bei Milch auf knapp 9 Prozent, die Milcherzeuger mussten bereits im vorangegangen Jahr heftige Verluste ertragen. Am stärksten hat es im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr die Veredlungsbetriebe mit einem Minus von 46 Prozent getroffen. Zu Beginn des laufenden Wirtschaftsjahres seien die Schweinepreise zwar kurzzeitig angezogen, derzeit seien sie aber wieder unter Druck. Auch Milch und Milchprodukte würden weiterhin in den Lebensmittelläden zu Lockpreisen angeboten, auf Kosten der Erzeugerpreise, kritisierte Generalsekretär Voss-Fels. So seien die Einkommen in Hessens Betrieben bereits im zweiten Jahr stark rückläufig, in vielen Betrieben gebe es Liquidi­tätsengpässe. Erwähnt werden müsse, dass die Betriebe mit immer mehr Fremdkapital arbeiten müssen, im Schnitt seien das inzwischen 230 000 Euro je Betrieb in Hessen. Die Nettoinvestitionen, die nötig sind um den Betrieb zukunftsfähig zu halten, sind um fast 60 Prozent zurückgegangen.

Moderne Landwirtschaft muss kommuniziert werden

Weiterhin ging Voss-Fels auf die Bemühungen des Berufsstandes ein, sich gegen eine häufig negative Darstellung der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit zur Wehr zu setzen. Gebe es in Einzelfällen Missstände, beispielsweise in einer unsachgemäßen Tierhaltung „müssen wir uns damit auseinandersetzen“ und fügte hinzu: „solche Bilder wollen auch die Landwirte nicht sehen, das ist keine Produktionstechnik.“ Der HBV will vor allem Transparenz. Es dürfe kein falscher Eindruck von der Landwirtschaft vermittelt werden. Ihm geht es darum realistisch darzustellen, wie die Abläufe im modernen Betrieb und im Stall sind und auch darum zu zeigen, dass der Landwirt als Betriebsleiter dahinter steht, wie er arbeitet: „Wir möchten zeigen, was wir tun. Und wir möchten zeigen, dass wir verantworten, was wir tun“, konstatierte Voss-Fels.

Ernte von unter 2 Mio. t Getreide wurde eingefahren

Die Bedingungen, unter denen die Landwirte in diesem Jahr säen und ernten sind extrem. Erst ein Winter mit wenig Frost, dann ein Sommer mit zu viel Regen, aber zu wenig Sonne und schließlich ein prächtiger Herbst. Der September 2016 versuchte vieles wieder gut zu machen, was die Landwirte im Erntejahr 2016 vermisst hatten. Da war aber die Getreideernte gelaufen und nun das Ergebnis: „Beim Getreide haben wir seit drei Jahren erstmals eine Ernte von unter 2 Mio. t (1,99 Mio. t) in Hessen eingefahren“, berichtete HBV-Generalsekretär Voss-Fels. Das sind circa sieben Prozent weniger gegenüber dem Vorjahr, gut drei Prozent davon seien allerdings auf einen Rückgang der Getreideanbaufläche in Hessen zugunsten anderer Feldfrüchte zurückzuführen. In Hessen wurde auf der knapp 470 000 ha großen Ackerfläche 287 000 ha Getreide angebaut, circa 10 000 ha weniger gegenüber dem vorangegangen Wirtschaftsjahr.

Im Erntejahr 2016 war vieles anders als sonst

Die Erträge beim Getreide liegen im Schnitt etwa vier Prozent niedriger gegenüber dem Vorjahr. Bei Wintergerste sind das 69 dt pro ha und 74 dt/ha beim Winterweizen sowie circa 37 dt/ha beim Winterraps. Voss-Fels erklärte einige Besonderheiten in diesem Jahr. Zum einen sei gerade bei Raps eine starke Spreizung der Erträge von 20 dt/ha bis über 40 dt/ha in Hessen festzustellen. Auch sei in diesem Jahr die Getreideernte auf flachgründigen Standorten Nordhessens besser ausgefallen als in der Mitte und im Süden, weil der Regen besser abfloss, während es auf tiefgründigen Böden häufig zu Staunässe und dann zu Ertragseinbußen kam. „Dieses Mal war vieles anders: In Waldeck gab es bessere Erträge als in der Wetterau“, ist sein Fazit. Er stellte fest, dass wegen der nassen Witterung ein hoher Pilzdruck in den Beständen war. Der Einsatz von Fungiziden sei nötig, um Ertrag und Qualität zu sichern. Stefanie Wetekam, Geschäftsführerin des Kreisbauernverbands Waldeck, informierte über interessante Aktivitäten in ihrem Kreis­verband.

Pfarrer Gerhard Lueg freute sich, dass die Landwirtschaft daran festhalte, ihr Jahresfest mit einem kirchlichen Einstieg zu verbinden und stellte den Ablauf des Festgottesdienstes (siehe Seite 8) in Bad Arolsen vor.

Moe – LW 42/2016