Gülle geplant einsetzen

Mehr Lagerkapazität schafft mehr Flexibilität

Im Herbst zeigt sich immer wieder, in welchen Betrieben die Lagerkapazität für flüssige Wirtschaftsdünger großzügig bemessen und wo sie mehr oder weniger knapp ist. Besonders ausgeprägt ist das bei nasser Witterung, und die kommt erfahrungsgemäß etwa jeden zweiten Herbst vor. Der Gülleeinsatz muss also geplant und vorbereitet werden, und zwar umso gründlicher, je knapper der Lagerraum bemessen ist. Außerdem bringt die Novelle der Düngeverordnung wahrscheinlich ab 2015 neue Vorgaben zur Gülleausbringung mit sich, wie Dr. Friedhelm Fritsch vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach berichtet.

Auf unbestelltem Ackerland sollte Gülle möglichst sofort eingearbeitet werden, um Ammoniakverluste und Geruchsbelästigungen zu vermeiden.

Foto: Dr. Fritsch

Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit eines Neu- oder Erweiterungslagers für Gülle bergen großen Unsicherheiten. Niemand weiß, was Düngemittel künftig kosten, denn von den Vergleichspreisen hängt es ab, ob sich ein größeres Lager lohnt. Aber richtig billig werden Mineraldünger wohl kaum wieder.

Ausreichend große Güllelager schaffen einige Vorteile. Durch eine bessere Anpassung an die Befahrbarkeit können Fahrspuren auf zu nassen Böden vermieden werden. Bei Hitzeperioden nicht unbedingt Gülle fahren zu müssen, kann Geruchsbelästigungen und Ärger mit Anwohnern vermeiden. In erster Linie ermöglichen größere Güllelager aber eine zeitliche Anpassung der Düngung an den Bedarf der Pflanzen. Damit bieten sie eine höhere Nährstoffausnutzung, vor allem bei Stickstoff und bei leichten Böden auch bei Kalium. In der Folge werden weniger Nährstoffe ausgewaschen oder es geht weniger N in Form von Ammoniak gasförmig verloren.

Nur einen Teil des Bedarfes mit Gülle decken

Alle diese Argumente für große Lagerkapazitäten fallen umso schwerer ins Gewicht, je mehr Gülle pro Flächeneinheit anfällt. Ein Schweinemastbetrieb, der die N-Obergrenze nach der Düngeverordnung (170 kg N/ha aus Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft) knapp erreicht, ist also anders zu sehen als ein Rinder haltender Betrieb mit dem halben Nährstoffanfall bei etwa 1 GV/ha und entsprechendem Grünlandanteil, der im Jahresverlauf wesentlich mehr Möglichkeiten hat, seine Gülle optimal einzusetzen.

Auf Grünland kann im Frühjahr Gülle bei kühlen Temperaturen gut verwertet werden, ebenso eine kleine Gabe nach der letzten Herbstnutzung. Nach dem ersten Schnitt und insbesondere bei sommerlicher Hitze muss dagegen mit hohen gasförmigen Ammoniakverlusten gerechnet werden.

Im Ackerbau steht im Frühjahr vor allem das Wintergetreide zur Begüllung zur Verfügung, wobei eine gute Bodenstruktur, ein Schleppschlauchverteiler sowie eine einigermaßen feuchte Witterung die N-Verwertung verbessern. Vor Mais kann Gülle sofort eingearbeitet werden, und entsprechend dem Bedarf sind recht große Gaben möglich. Auf leichten oder flachgründigen Böden können diese mit einem Nitrifikationshemmstoff versehen werden (zumindest kann man dies einmal ausprobieren), damit der Stickstoff auch noch zur Hauptwachstumsphase im Frühsommer zur Verfügung steht.

Vor einer Zwischenfrucht oder vor Winterraps kann ebenfalls eine eher kleinere Güllegabe gut verwertet werden. Größere Güllegaben zur Förderung der Strohrotte oder vor später gesätem Wintergetreide haben nur eine geringe N-Ausnutzung zur Folge, denn es besteht kein großer Bedarf, und sie bergen die Gefahr der N-Auswaschung über Winter.

Um diesen „Güllekalender“ überhaupt ausnutzen zu können, muss die Gülle bedarfsgerecht vorhanden sein, zum Beispiel vor Mais, das heißt die Lagerkapazitäten dürfen die Aufteilung nicht zu stark begrenzen.

Da die N-Wirkung der Gülle letztlich aber immer etwas schwer vorhersehbar ist, sollte mit Gülle immer nur ein Teil des N-Bedarfs abgedeckt werden, beispielsweise die Hälfte, und der Rest mit sicher wirkenden Mineraldüngern oder im Ökobetrieb mit anderen N-Quellen.

Nitrifikationshemmstoffe passen nicht immer

Diese Stoffe sollen die Bodenbakterien, die den Stickstoff aus der Ammoniumform in Nitrit, die Vorstufe des Nitrats, umwandeln, vorübergehend in ihrer Tätigkeit hemmen, damit der Stickstoff aus der Gülle (auch aus Gärresten oder Jauche) bei erwärmten, feuchten Böden nicht schlagartig zur Verfügung steht und ausgewaschen werden kann. Am besten funktioniert das auf niederschlagsreichen Standorten, leichten oder flachgründigen Böden sowie bei langer Kulturdauer (insbesondere bei Mais).

Deshalb kann diese Maßnahme auch nicht grundsätzlich empfohlen werden. Bei den flüssigen Wirtschaftsdüngern setzt der Einsatz voraus, dass der Dünger sofort in den Boden kommt. Ist der Ammoniumstickstoff nämlich bereits durch zögerliche Einarbeitung gasförmig verloren gegangen, kann er nicht mehr in seiner Umwandlung gehemmt werden, und der Zusatz wäre umsonst und gegebenenfalls sogar nachteilig.

Schwierige Entscheidung bei der Verteilertechnik

Im Grünland ist ein Schleppschlauchverteiler nur für dünnflüssige Gülle oder Gärreste geeignet; ansonsten gibt es „Würste“.

Foto: Dr. Fritsch

Wenn die Düngeverordnung geändert wird, ist mit erhöhten Anforderungen an die Gülleausbringungstechnik zu rechnen, auch wenn es eine mehrjährige Übergangsfrist gibt. Voraussichtlich wird ab 2020 auf bestelltem Ackerland nur noch eine streifenförmige Ablage oder eine direkte Einarbeitung von Gülle möglich sein. Im Grünland und mehrschnittigen Feldfutterbau kommt diese Anforderung wahrscheinlich fünf Jahre später.

Damit ist es momentan schwierig, eine Entscheidung über einen eventuell neu anzuschaffenden Gülleverteiler zu treffen, da einfache Gülleverteiler in absehbarer Zeit nicht mehr zur Kopfdüngung eingesetzt werden können, es sei denn, gefährliche Hanglagen lassen nichts anderes zu. Bislang haben sehr viele Betriebe einen Schwenkverteiler angeschafft, der aber längerfristig nur noch eingeschränkt nutzbar ist, wenn die Düngeverordnung wie angegeben geändert wird.

Die teurere und schwerere, aber auch die exaktere Technik mit besserer Quer- und Längsverteilung ermöglicht eventuell auch Güllegaben zu späteren Zeitpunkten in stehende Bestände, als sie mit einem Breitverteiler sinnvoll sind. Investitionsförderung, Maschinengemeinschaften oder -ringe sowie Lohnunternehmer können eventuell den Einsatz der „Streifentechnik“ trotz hoher Anschaffungskosten ermöglichen.

Der Verbotszeitraum wird ausgeweitet

Um eine Gülleausbringung auf Silomaisstoppeln im Herbst (in den folgenden Wintermonaten besteht kein oder kaum ein N-Bedarf) oder nach der Rapsernte (leicht umsetzbare Erntereste setzen Stickstoff frei) zu unterbinden, hat zum Beispiel das Land Niedersachsen bereits im Sommer 2013 solche Gülleaufbringungen verboten. In der neuen Düngeverordnung ist entsprechend vorgesehen, den Verbotszeitraum auf Ackerland auszuweiten, so dass er ab der Hauptfruchternte beginnt.

Werden Raps, Zwischenfrüchte oder Feldfutter bis 15. September eingesät, eventuell auch Getreide nach Getreide bei Einsaat bis 1. Oktober, kann dort bis 1. Oktober Gülle gefahren werden, und zwar in Höhe des N-Düngebedarfs bis zu 40 kg verfügbarem oder 80 kg Gesamt-N pro Hektar. Eine kleine Erleichterung gibt es auch: Mehrschnittiger Feldfutterbau soll künftig wie Grünland betrachtet werden, das heißt der Verbotszeitraum beginnt dort erst am 15. November.

Um im Herbst Gülle ausbringen zu können, müssen möglichst Zwischenfrüchte eingeplant werden. Nach Raps oder Mais geht nichts, dafür aber vor beziehungsweise zu diesen Kulturen.

Richtig eng dürfte es für Betriebe mit überwiegendem Maisanbau werden –egal ob für Rinder oder für Biogasanlagen. Hier muss über Fruchtfolgen, beispielsweise mit mehrschnittigem Feldfutterbau, über Zwischenfrüchte und Untersaaten nachgedacht werden. Auszuprobieren wäre je nach Standortgunst, sehr frühe Maissorten zu verwenden und mit einer Untersaat zu versehen, die nach einer frühen Maisernte als Zwischenfrucht noch im September mit Gülle gedüngt werden dürfte, wenn sie einen entsprechenden Aufwuchs bilden kann.

Die Bevölkerung über effiziente Landwirtschaft aufklären

In Rheinland-Pfalz und Hessen beispielsweise werden die neuen Bestimmungen der Düngeverordnung zu einem erhöhten Angebotsdruck von Gülle insbesondere aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, aber auch aus den Niederlanden führen. Um solche Gülle, die ganzjährig angeboten wird, im Frühjahr sinnvoll verwerten zu können, ist der Bau von preiswerten Güllelagern, wie Güllelagunen, in den Verwertungsregionen zu erwägen. Die Anlieferung könnte somit über das Jahr verteilt werden und für eine schlagkräftige Ausbringung im Frühjahr wäre die Gülle vor Ort verfügbar.

Allerdings ist aus Furcht vor Gestank oder Emissionen mit Widerstand aus der Bevölkerung zu rechnen, wenn ein Ackerbauer diese Initiative ergreift. Gegebenenfalls muss über eine Abdeckung oder Schüttung, zum Beispiel mit Blähton, nachgedacht werden, wenn sich nämlich keine Schwimmdecke bildet oder wegen häufiger Entnahme nicht bilden kann. An diesem Beispiel zeigt sich, wie sinnvoll es ist, die Bevölkerung über effiziente Formen der Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung sachlich aufzuklären, damit keine unnötigen Ängste entstehen.

Gülle oder Gärreste separieren

Die bei der Separation von Wirtschaftsdüngern anfallenden Feststoffe enthalten immer noch gewisse Anteile an schnell verfügbarem Stickstoff, so dass sie ebenfalls im Verbotszeitraum nicht ausgebracht werden dürfen. Insbesondere die Feststoffe, die relativ mehr Phosphat enthalten, sind jedoch vermarktungsfähiger als die Ursprungsgülle, und können bei Abgabe an andere einen betrieblichen Nährstoffüberhang, insbesondere bei P, reduzieren.

Die dünnere Restgülle ist dann mit Schleppschlauch- oder Schleppschuhverteilern besser einsetzbar. Sie dringt leichter in den Boden ein und hat eine höhere N-Ausnutzung zur Folge.

Mindestanrechnung auf den N-Bedarf nach Düngeverordnung

Mit der Novelle der Düngeverordnung wird künftig sehr wahrscheinlich die N-Düngebedarfsermittlung für alle Schläge oder Bewirtschaftungseinheiten schriftlich festzuhalten sein. Dabei werden bestimmte, vom Ertrag und beim Grünland auch vom Rohproteingehalt abhängige Bedarfswerte bundeseinheitlich vorgegeben. Von diesen ist für Ackerland der gemessene oder ein repräsentativer Nmin-Gehalt abzuziehen. Weiterhin sind die langjährige organische Düngung, die Vorfrucht und der Humusgehalt, beim Grünland zusätzlich der Leguminosenanteil, zu berücksichtigen.

Auf den errechneten N-Bedarf sind die Gesamt-N-Gehalte von Rindergülle und flüssigen Gärresten mit 50, von Hühnertrockenkot und Schweinegülle mit 60, von Jauche mit 90 und von Rindermist mit 25 und Schweinemist mit 30 Prozent anzurechnen. Diese Anrechnungsgrade beziehungsweise Mineraldüngeräquivalente sind erreichbar. Durch gute Quer- und Längsverteilung, unverzügliche Einarbeitung, bedarfsgerechte Mengen sollten sie sogar zu überbieten sein.

Hofnahe- und hofferne Flächen

Zeit ist Geld, und da liegt die hofnahe Fläche doch scheinbar günstiger. Je mehr organischer Dünger aber auf eine Fläche gefahren wird, umso schwieriger wird es, die N-Nachlieferung aus dem Boden einzukalkulieren, da diese mit der zugeführten N-Menge allmählich ansteigt. Sobald mehr Wirtschaftsdünger als etwa von einer Großvieheinheit produziert (ca. 80 kg N/ha und Jahr) auf einer Fläche eingesetzt werden, sollte man die Verteilung innerhalb der betrieblichen Flächen einmal überdenken. Wer mehr als eine GV/ha hat, muss dies ohnehin.

Außerdem steigen die P- oder K-Gehalte im Boden durch langjährige organische Düngung an. Grundsätzlich ist es so, dass geringere Düngermengen eine bessere Nährstoffausnutzung zur Folge haben. Deshalb sollten auch die hofferneren Flächen mit Wirtschaftsdüngern bedacht werden. Genauso, wie die Flächen von Marktfruchtbetrieben dankbare Abnehmer von Wirtschaftsdüngern aus Tierhaltungsbetrieben sein können.

Unverzügliche Einarbeitung

Gülle stinkt zwar nach der Ausbringung, aber wenn sie sofort eingearbeitet wird, geht weniger Stickstoff in Form von Ammoniak gasförmig verloren. Der Gesetzgeber schreibt vor, auf unbestelltem Ackerland „unverzüglich“ einzuarbeiten, in Zukunft wird dies mit innerhalb von vier Stunden nach Beginn der Ausbringung definiert. Nicht nur wegen der „sozialen Kontrolle“, sondern um die Ammoniakverluste zu verringern, sollte man wirklich nicht so lange warten.

Unter ungünstigen Bedingungen wie Sonnenschein und Wind ist innerhalb von vier Stunden bereits ein großer Teil des Ammoniums verschwunden, was nur durch schnellstmögliche, also sofortige Einarbeitung verhindert werden kann. Der nicht verloren gegangene Stickstoff steht dann der nachfolgenden Kultur zur Verfügung.

 – LW 15/2014