Gute Stimmung, aber zu wenig Wein

Die Pro-Wein in Düsseldorf ist immer die erste Weinfachmesse im Jahr, die ein Stimmungsprofil für den Handel mit Wein abgibt. Nach der knappen Ernte des letzten Jahres durfte man gespannt sein, wie sich das Geschäft entwickelt und wie sich Gastronomie, Fach- und Lebensmitteleinzelhandel auf die Situation einstellen.

Um es kurz zu formulieren, es gibt zwar Preiserhöhungen bei Flaschenweinen, aber die Zuschläge sind moderat und keinesfalls von solchen Preissprüngen gekennzeichnet wie auf dem Fassweinmarkt. Zähneknirschend mussten viele Flaschenweinvermarkter erkennen, dass sie teuer Trauben, Most oder Fasswein zukaufen mussten, um die Kunden zu bedienen, es aber in der Kalkulation nicht voll umsetzen konnten. Richtig sauer sind einige Fassweinabnehmer auf ihre Lieferanten, weil diese angesichts der diesjährigen Knappheit der Ware versuchten quasi den letzten Cent herauszuholen, ohne auf gewachsene Geschäftsbeziehungen zu achten. Besonders im preisaggressiven Sektor suchen Kellereien wie auch der Handel händeringend nach preiswerten Alternativen für die bisher gelisteten deutschen Weine und werden vor allem in Südeuropa und Übersee fündig.

Diese Ware wieder aus den Regalen zu bekommen, so die Befürchtung, wird einige Zeit dauern und den künftigen Bedarf nach deutschen Basisweinen schmälern. Ein Gutes habe die knappe Ernte – so der Tenor zahlreicher ausstellender Winzer, die im Fachhandel gelistet sind: Die Nachfrage nach Literweinen sei deutlich gesunken und im mittel- und hochpreisigen Segment würden bei entsprechender Qualität auch Preiserhöhungen akzeptiert. Inwieweit der Export, der im Moment ganz gut läuft, ein Absatzventil darstellt, muss sich jedoch längerfristig erst noch zeigen.

Henning Seibert