Gutes Vermarkten ist gefragt

Beobachten, bewerten, handeln

Wer gäbe nicht viel für die richtige oder eine gute Vermarktungsstrategie? Doch diese Strategie kann man nirgendwo kaufen oder bekommt sie gar geschenkt. Die eigene Strategie muss sich jeder Betrieb selbst „basteln“. Dazu bedarf es neben dem sicheren Umgang mit den vorhandenen Vermarktungsinstrumenten der Beachtung der wesentlichen Vermarktungsparameter die im folgenden Beitrag angesprochen werden.

Der Beobachtung der fundamentalen Daten wie Produktions- und Verbrauchserwartungen sowie Witterungserwartungen und so weiter kommt eine tragende und auch zeitaufwendige Bedeutung zu.

Foto: agrar-press

Oft wird von Landwirten der Verkauf in verschiedenen Zeiträumen wie zum Beispiel 1/3 vor der Ernte, 1/3 während oder nach der Ernte und auch 1/3 im Frühjahr des darauffolgenden Jahres als Strategie bezeichnet. Das ist falsch, denn stereotype beziehungsweise gleiche Vermarktungstermine über die Jahre hinweg haben nichts mit einer Strategie zu tun, sie bewirken allenfalls eine Risikoverteilung und natürlich eine planbare Liquidität.

Verteilung auf drei Termine ist noch keine Strategie

Um eine Strategie festzulegen muss man sich zunächst mit den betrieblichen Voraussetzungen und den fundamentalen Marktdaten beschäftigen. Wesentlich ist die Kenntnis der eigenen Stückkosten, diese sind von Betrieb zu Betrieb und von Standort zu Standort sehr unterschiedlich.

Die wettbewerbsrelevanten Stückkosten beim Weizen bewegen sich in Deutschland in spezialisierten Ackerbaubetrieben vielfach zwischen 130 bis 200 Euro/t. Dabei ist grundsätzlich von einem Nord-Süd- und einem Ost-West-Gefälle auszugehen. Zu den Stückkosten zählen neben den Direktkosten auch die festen Kosten und die Kostenansätze – für eigene Arbeit, Land und Kapital – im Prinzip, müssen alle betrieblichen Kosten auf die einzelnen Produktionsverfahren umgelegt und durch den jeweiligen verkaufsfähigen Ertrag dividiert werden. Die struk­turellen Voraussetzungen in den Regionen, aber auch das Denken und

Handeln der Betriebsleiter, sind die Ursachen für die relativ großen Kostenunterschiede. Die Minimierung der betriebsindividuellen Stückkosten ist der erste wichtige Schritt zu einer erfolgreichen Vermarktungsstrategie. Dabei muss das Dreieck des guten Wirtschaftens beachtet werden, ein schwaches Glied in der Produktionskette muss unbedingt vermieden werden.

Neutrale Informationsangebote finden und nutzen

Der Beobachtung der fundamentalen Daten wie Produktions- und Verbrauchserwartungen sowie Witterungserwartungen und so weiter kommt eine tragende und auch zeitaufwendige Bedeutung zu. In der heutigen modernen Medien- und „Internetwelt“ gibt es eine Vielzahl von Informationen und leider auch Desinformationen. Der Leser sollte zunächst immer einmal hinschauen, von wem die Informationen kommen und welches mögliche Ziel die Informanten verfolgen. Von daher besitzen „ungefilterte“ neutrale Informationen den höchsten Stellenwert.

Während die Produktionsschätzungen anhand der angebauten Flächen und der erwarteten Erträge rechnerisch relativ leicht zu ermitteln sind, aber aufgrund der Witterungseinflüsse immer wieder korrigiert werden müssen, ist der Verbrauch ebenfalls eine sehr variable Größe. Absolutes Preisniveau, weltwirtschaftliche und auch einzelstaatliche Einflüsse geben den Takt für den Verbrauch an.

Tendenziell ist der Getreideverbrauch in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen, aber wie man aus den Grafiken 1 und 2 auf Grundlage von USDA-Daten erkennen kann, auch schon einmal in einem Jahr rückläufig. Den Jahressaldo zwischen Produktion und Verbrauch rechtzeitig zu erkennen und mit der Addition der Jahresanfangsbestände zum Jahresendsaldo hochzurechnen ergibt erste Hinweise auf die weitere Kursrichtung. Bei Getreide sind wie bei vielen anderen Rohstoffen dabei die gesamte Welterzeugung und der Weltverbrauch relevant und nicht so sehr der Blick in die eigene Umgebung.

Hans Jürgen Hölzmann, Lk Nordrhein-Westfalen – LW 21/2018