Heilsam: Löffelkraut, Postelein und Portulak
Drei alte Gartenpflanzen – früher oft in der Küche eingesetzt
Einst wurden sie in den Gärten angepflanzt, als Nahrungspflanze oder um ihre heilenden Wirkungen zu nutzen. Heute sind Löffelkraut, Postelein und Portulak kaum noch bekannt, die Samen im Handel selten vorrätig. Liebhaber ausgefallener Gartenpflanzen können jedoch fündig werden. Ursprünglich wächst das Echte Löffelkraut (Cochlearia officinalis) an salzhaltigen Standorten der Küsten und Binnensalzstellen Europas und NordÂamerikas. An den natürlichen Standorten ist die Pflanze in Deutschland heute nur noch selten zu finden. Als „stark gefährdet“ oder ausgestorben wird sie auf den Roten Listen der gefährdeten Pflanzen der norddeutschen Bundesländer geführt.
In den Bauerngärten wurde das Löffelkraut früher als Gemüse- oder Würzpflanze vor allem wegen des hohen Vitamin-C-Gehaltes angebaut. Mancherorts ist es unter dem Namen „Skorbutkraut“ bekannt. Seefahrer schätzten das in ihrer Region wachsende Kraut als Vitamin-C-Spender auf den langen Schiffsreisen.
Echtes Löffelkraut schmeckt ähnlich wie Kresse Wie ein Löffel sehen die Grundblätter des Krautes aus (lateinisch: cochlea = Löffel). Da es im Geschmack an Kresse erinnert, wird es auch Löffelkresse genannt. Der scharfe, leicht bittere Geschmack geht auf Senf-Glykoside zurück. Das sind Inhaltstoffe, die für die Kreuzblütler typisch sind.Gegen zahlreiche weitere Krankheiten wurde das Kraut früher angewendet. Darauf weist auch der wissenschaftliche Artname „officinalis“ hin, der die heilsame Wirkung von Pflanzen bezeichnet. Verdauungskrankheiten, Verschleimungen der Luftwege und Hautausschläge wurden mit dem Löffelkraut behandelt. Aus zerquetschten Blättern entsteht durch Gärung eine Art Wein („Conserva Cochlearia“), ein Mittel gegen Wassersucht und Rheumatismus. „Löffelgeist“ entsteht aus den ausgepressten, sehr scharfen Samen, dem früher ein große heilsame Wirkung gegen unterschiedliche Leiden nachgesagt wurde.
Der Kreuzblütler ist zwei- bis mehrjährig. Während die gestielten Grundblätter wie kleine Löffel aussehen, sitzen die oberen, grob gezähnten Blätter mit herzförmigem Grund stängelumfassend auf. Die Pflanze entwickelt von Mai bis in den September hinein weiße Blüten und bildet waagerecht abstehende, eiförmig-kugelige Schötchen aus.
In der Küche lässt sich der Kreuzblütler wie Kresse verarbeiten. Die glatten, saftreichen Grundblätter werden vor der Blüte geerntet und schmecken zu Blattsalaten, in Kräuterquark und -butter, oder einfach als Belag auf dem Butterbrot. Einer Kartoffelsuppe verleiht das Kraut eine besondere Note. Früher wurden auch die blühenden Triebe und Stängelblätter in der Küche verarbeitet.Samen sind im Handel nicht leicht zu finden, jedoch über das Internet erhältlich. Wild wachsende Pflanzen dürfen nicht geerntet oder ausgegraben werden, da sie aufgrund ihrer Seltenheit heute unter strengem Schutz stehen!
Eine verwandte Art des Echten Löffelkrautes, das Dänische Löffelkraut (Cochlearia danica) wächst wild in ähnlichen Lebensräumen. In den 1990er Jahren hat sich das Kraut mit den efeuähnlichen Blättern von den natürlichen Standorten aus besonders entlang der Mittelstreifen der deutschen Autobahnen ins Binnenland ausgebreitet. Dort scheint es den hohen Salzkonzentrationen besser gewachsen zu sein als ihren Mitkonkurrenten der heimischen Flora. Stellenweise tritt es massenhaft auf. Diese Verwandte des Echten Löffelkrautes lässt sich ebenso in der Küche verarbeiten.
Postelein – Kopfsalat der Bergleute Winter-Portulak, Gewöhnliches Tellerkraut, Durchwachsenblättrige Claytonie oder auch Kubaspinat wird das niedrigwüchsÂige Portulakgewächs genannt.Mit wissenschaftlichem Namen heißt es Montia oder Clytonia perfoliata. Ursprünglich ist Postelein in Nordamerika beheimatet. Kalifornische Minenarbeiter haben sich davon ernährt, was der Pflanze auch den englischen Namen „miner“s lettuce“ (Kopfsalat der Bergleute) eingebracht hat. Nordamerikanische Indianerstämme schätzten das Kraut als Heilmittel gegen rheumatische Beschwerden, Appetitlosigkeit und bei AugenerkrankunÂgen.
In unseren Breiten wurde der winterharte Postelein etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts als Gartenpflanze in Kultur genommen und war vor allem als Vitamin-C-Spender für die kalte Jahreszeit geschätzt. Aus den Gärten ist der Winter-Portulak in die freie Landschaft verwildert und hat sich stellenweise einen festen Platz in unserer heimischen Flora erobern können. Auch über Baumschulen hat sich der Winter-Portulak bei uns verbreitet. Pflanzen, die nach der Entdeckung Amerikas auf diese oder ähnliche Weise bei uns eingewandert sind, werden auch Neubürger oder Neophyten genannt.
Postelein wird bis zu 30 cm hoch. Die grundständigen Blätter sind wie beim Echten Löffelkraut fleischig, dicksaftig und sehen ebenfalls kleinen Löffeln ähnlich. Sehr auffällig und unverwechselbar sind die unter dem Blütenstand stehenden zwei zusammengewachsenen Tragblätter, aus deren Mitte mehrere kleine, weiße Blüten erscheinen.
Die Blätter lassen sich sowohl roh als auch gekocht verwenden. Als Salat ähneln sie im Geschmack dem Feldsalat, als Gemüse dem Spinat. Die Blätter sollten immer frisch geerntet werden, was bei der winterharten Pflanze fast das ganze Jahr über möglich ist. Nach dem Schnitt treibt sie wieder aus. Eine Ernte ist auch während der Blütezeit möglich. Außer Vitamin C weist das Kraut reichlich Eisen, Kalium und Kalzium auf. Wertvoll sind auch die für Pflanzen auffallend hohen Anteile an Omega-3-Fettsäuren.
Vor allem Biobauern haben heute Postelein wieder im Angebot. Die Pflanze lässt sich auch im eigenen Garten anbauen. Vielleicht als Grundlage für eine Frühjahrskur im nächsten Jahr? Eine Aussaat erfolgt im Herbst oder Frühjahr.
Sommer-Portulak ist säuerlich bis bitter im Geschmack Noch weniger als Gemüse bekannt als der Winter-Portulak ist der verwandte Sommer-Portulak (Portulaca oleracea). Er wird bei uns nur noch sehr selten angebaut. Heimisch ist der Sommer-Portulak im mediterranen Raum. Er bevorzugt warme, trockene Standorte, weshalb er früher vor allem auf sandigen Böden angebaut wurde, auf denen andere Blattsalate nicht gedeihen können. Bei uns hat diese Pflanze es nur an wenigen Stellen geschafft, in die freie Landschaft zu verwildern.Die Pflanze wurde früher in Gärten angebaut und als Nahrungs- wie auch als Heilpflanze gegen Appetitlosigkeit und Verstopfung verwendet. Samenfunde gehen auf die Römerzeit zurück.
Das maximal 40 cm hoch werdende Kraut hat bis zu 5 cm lange fleischige Blätter, die je nach Jahreszeit hellgrün bis gelblich oder purpur bereift erscheinen. Nach den kleinen gelben Blüten bilden sich ovale Samenkapseln mit zahllosen kleinen schwarzen Samen. Bis zu 10 000 Samen je Pflanze werden produziert, die bis zu 40 Jahre keimfähig bleiben können.
Die frisch geernteten, knackigen Blätter schmecken leicht säuerlich, ältere Blätter dagegen sehr bitter. Sommer-Portulak kann in der Küche roh als Beigabe zu Salaten, in Kräuterquark und -butter verarbeitet werden. Gekocht wird er wie Spinat zubereitet, zur Herstellung von Suppen und gedünsteten Gemüsegerichten verwendet oder allein in Butter gedünstet.
Da die Pflanze sehr wärmebedürftig ist, wird sie erst ab Mai in leicht sandigen Boden ausgesät. Schon nach etwa vier Wochen können die ersten Blätter geerntet werden. Auch Samen vom Sommer-Portulak sind nicht einfach, aber doch im Handel aufzustöbern.
Gisela Tubes