Herbizid-resistenter Raps ist kein Allheilmittel
Chancen und Risiken des Clearfield-Systems im Rapsanbau
Die Kombination aus Herbizid und Sorte einer Kultur, die durch das Herbizid nicht geschädigt werden kann, weil sie einen speziellen Schutz in Form einer Resistenz gegenüber dem Herbizid besitzt, bezeichnet man weltweit als Clearfield-System. Die Resistenz ist jeweils auf herkömmlichen Weg in die Kulturpflanze eingekreuzt worden.
Clearfield-Systeme machen es möglich, Unkrautarten, die mit der Kulturart nah verwandt sind, auszuschalten, ohne die Kulturart selbst zu schädigen oder gar abzutöten. Sorten der Kulturart, die dagegen keine Resistenzeigenschaften gegenüber dem Herbizid besitzen, werden durch das Herbizid abgetötet. Herbizid darf nur in speziellen Rapssorten eingesetzt werdenClearfield-Systeme werden in anderen Ländern bereits unter anderem in Soja, Sonnenblumen, Weizen und Reis eingesetzt. In Europa wird dieses System nun erstmalig in Winterraps eingeführt.
Für die kommende Rapssaison stellt die Firma BASF ein neues Herbizid namens Clearfield-Vantiga zur Verfügung. Dieses Herbizid darf nur in speziellen Rapssorten eingesetzt werden, die eigens für dessen Einsatz entwickelt wurden und resistent gegenüber Clearfield Vantiga sind.
Das Herbizid Clearfield Vantiga enthält die bekannten Wirkstoffe Metazachlor und Quinmerac in einer Konzentration, die 2 l Butisan Top entspricht. Darüber hinaus beinhaltet es 12,5 g des Wirkstoffes Imazamox aus der Gruppe der Sulfonylharnstoffe. Zusätzlich ist der Formulierungshilfsstoff Dash enthalten.
Auch dem Raps verwandte Arten können im Bestand bekämpft werdenDer Wirkstoff Imazamox tötet wie die meisten Sulfonylharnstoffe herkömmlichen Raps ab. Andererseits schaltet er jedoch auch schwer bekämpfbare rapsverwandte Arten (Kreuzblütler) wie Raukearten, Hederich, Hirtentäschelkraut, orientalisches Zackenschötchen oder Pfeilkresse im Nachauflauf aus. Um diese Unkräuter bekämpfen zu können ohne die Kulturpflanze zu schädigen, ist Clearfield Vantiga daher nur in Imazamox resisÂtenten Rapssorten einzusetzen. Durch den Anbau dieser Sorten können die erwähnten Problemunkräuter im Nachauflauf des Rapses sicher bekämpft werden, ohne den Raps zu schädigen.
Die Resistenz wurde konventionell aus Sonnenblumen eingekreuztDie Resistenz gegenüber Imazamox wurde einst in Sonnenblumen entdeckt und mit herkömmlichen Methoden ausschließlich in bestimmte Hybridrapssorten eingekreuzt. Resistente Hybridrapssorten, die mit Clearfield Vantiga behandelt werden dürfen, tragen am Ende des Sortennamens das Kürzel CL. Die Sortenzulassung erfolgt momentan über das EU-Zulassungsverfahren (EU-Sortenkatalog). Erste passenden CL-Sorten wurden 2011 in England zugelassen und sind über die EU-Sortenliste auch in Deutschland vertriebsfähig.
Das Clearfield-System bietet Vorteile, die unbestritten sind. In der Fachwelt werden derzeit aber auch Probleme diskutiert, die durch den Einsatz des Clearfield-Systems in der Zukunft auftreten könnten.
Vorteile und Probleme des SystemsVorteilhaft sind die folgenden drei Punkte:
Behandlung im Nachauflauf: Im 2- bis 3-Blattstadium des Rapses werden durchschnittlich die besten Bekämpfungsergebnisse durch Clearfield-Vantiga erzielt. Der Raps ist zu diesem Zeitpunkt etabliert und weniger empfindlich gegenüber Herbiziden. Die Behandlungsnotwendigkeit lässt sich besser abschätzen.
Keine Nachbauprobleme bei Sulfonylharnstoffeinsatz in der Vorfrucht Getreide: Wurde in der Vorkultur ein Sulfonylharnstoff (etwa Attribut in Weizen) eingesetzt und dieser Wirkstoff durch Trockenheit nicht abgebaut, schädigt die im Boden verbliebene Aktivsubstanz den Clearfield-Raps im Gegensatz zum herkömmlichen Raps nicht.
Bekämpfung von Altraps in Clearfieldbeständen: Bei starkem Auftreten von Altraps (beispielsweise durch Hagelschlag) kann dieser bei erneutem Rapsanbau (Clearfieldsorte) durch das Clearfield-Herbizid ausgeschaltet werden.
Als problematisch sind folgenÂde Fakten einzustufen:
Resistenzentwicklung wird gefördert: Bislang werden in Raps keine Sulfonylharnstoffe eingesetzt. Da Imazamox auch eine Wirkung auf Ackerfuchsschwanz (Nebenwirkung) und Kamille hat, könnten in der Kultur Raps durch diesen Sulfonylharnstoff resistente Pflanzen herausselektiert werden. Metazachlor wirkt auf Grund des späten Einsatzes schlechter und kann somit nur noch bedingt unterstützen.
Verwechslung von Rapsschlägen kann zu Totalausfällen führen: Wird ein konventioneller Rapsschlag versehentlich mit dem Clearfield-Herbizid behandelt, kann das zum Totalausfall führen. Es wäre wünschenswert, Clearfield-Sorten eindeutiger zu kennzeichnen, zum Beispiel zusätzlich zu dem Kürzel CL durch die verbale Kennzeichnung „Clearfield-Sorte“.
Schwierige Ausfallrapsbekämpfung in anderen Kulturen: CL-Ausfallraps kann nur noch mit wenigen Mitteln im Herbst bekämpft werden. Das schränkt den Werkzeugkasten der Möglichkeiten ein. Sulfonylharnstoffe wirken nicht mehr gegen CL-Raps. In Zuckerrüben ist CL-Raps relativ schwer zu bekämpfen.
Einkreuzung in herkömmlichen Raps und Verbreitung durch Erntemaschinen: Als partieller Fremdbefruchter kommt es zum Austausch zwischen blühenden Rapspflanzen. So kann auch die Herbizidresistenz (bezogen auf Imazamox) in einem sehr eingeschränktem Maß (etwa 1 Prozent) weitergegeben werden. Ein Problem entsteht, wenn herbizidresistenter Raps in Flächen von Landwirten eingetragen wird, die sich gegen das System entschieden haben. Darüber hinaus wird Raps grundsätzlich durch Ernte- und Transportmaschinen verbreitet, was in der Hektik der Ernte oft nicht verhindert werden kann.
Bisher gibt es zu dieser Problematik keinerlei rechtliche Reglementierung, so dass die Haftung bei dem verursachenden Landwirt liegen kann. Weitere Haftungsrisiken können entstehen, wenn Vertragspartner wie beispielsweise der Lohnunternehmer nicht informiert ist, dass es sich um Clearfield-Raps handelt. Die Geräte sind vom Lohnunternehmer gründlichst zu reinigen, um einen Austrag der Samen beim nächsten Kunden zu vermeiden.
Die Vertragspartner sind ebenfalls zu informieren, wenn der Lohnunternehmer zuvor Clearfield-Raps geerntet hat, damit sie sich auf eventuelle Risiken vorbereiten können. Beim Anbau von Clearfield-Raps sollten diese Haftungsrisiken bedacht werden.
Da die Vorteile durch Probleme, die in der Zukunft zu vermuten sind, überlagert werden, sollten beim Anbau von Clearfield-Raps wichtige Punkte beachtet werden, zum Beispiel:
- Clearfield-Raps nicht in Zuckerrübenfruchtfolgen anbauen.
- >Clearfield-Raps nicht in unmittelbarer Nähe zu konventionellem Raps anbauen, insbesondere wenn bekannt ist, dass der Nachbar das System ablehnt.
- Mähdrescher, die aus CL-Flächen in konventionelle Flächen einfahren, vorher gründlich reinigen. Kunden informieren, wenn vorher mit dem Mähdrescher durch eine Clearfield-Fläche gefahren wurde.
- CL-Ausfallraps in den Folgekulturen intensiv bekämpfen.
- Eingeschränkter Einsatz von Wirkstoffen der Klasse B (Sulfonylharnstoffe/ALS-Hemmer) innerhalb der Fruchtfolge (In nur maximal zwei von vier Vegetationsperioden sollten Wirkstoffe der Klasse B eingesetzt werden).
Landwirte, deren Flächen stark mit speziellen Problemunkräutern belastet sind (Orient. Zackenschötchen, Durchwuchsenf, Ölrettich) oder die Minimalbestellflächen mit kruziferen Leitunkäutern (Hirtentäschelkraut, RauÂkearten) bewirtschaften, könnten diese Probleme mit dem Clearfield-System lösen.
In diesen speziellen Fällen sollte man sich in jedem Fall an den für ihre Region zuständigen Berater wenden und gemeinsam mit der Beratung einen möglichen Einsatz des Clearfield-Systems planen.
Allgemein wird in Hessen seitens der amtlichen Beratung derzeit nicht die Notwendigkeit gesehen, das Clearfield-System einzusetzen.
In einer Infobroschüre „Clearfield-Raps“, die in Gemeinschaftsarbeit der amtlichen Dienste mehrerer Bundesländer erstellt und durch Einschätzungen von Beratern und Beratungsorganisationen ergänzt wurde, werden Vorteile und Probleme des Systems ausführlich erörtert (kostenloser Download: http://media.repro-mayr.de/04/542004.pdf).
Dr. Dominik Dicke, Regierungspräsidium Gießen, Pflanzenschutzdienst Hessen