Hessens Rapsbauern um Ölmühle Mainz besorgt

Weite Transportwege verteuern die Vermarktung

Wie sieht es aus mit dem Raps in diesem Jahr? Die Ölfrucht steht in der Vollblüte. Dass sie die Landschaft bereichert, wird jetzt beson­ders deutlich. Daher haben der Hessische Bauernverband (HBV) und die Hessischen Erzeugerorganisation für Raps (HERA) vorige Woche zum Pressegespräch nach Hungen-Bellersheim auf dem Betrieb von Torsten und Sabine Müller geladen, um sowohl über die Bedeutung des Rapsanbaus in Hessen, den Nutzen der Kultur für Verbraucher, als auch über aktuelle Probleme in der Vermarktung zu informieren.

Ein Ehrenamt für die Landwirte in voller Blüte, wie derzeit auch der Raps (v.l.): Hessens Bauernpräsident Karsten Schmal, Rapsblütenkönigin Nadine Krug, HERA-Vorsitzender Heinrich Fritz-Emmerich, Betriebsleiter Torsten Müller und Bauernverband-Vorsitzender Gießen/Wetzlar/Dill Manfred Paul.

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Karsten Schmal, Präsident des HBV, informierte über den wirtschaftlichen Stellenwert der Marktfrucht für die Betriebe. Dieses Jahr werde in Hessen auf 62 000 ha Winterraps angebaut und damit auf 13 Prozent des Ackerlandes von 478 000 ha, berichtete der HBV-Chef. Im Vergleich zum Vorjahr sei der Anbau der Öl- und Eiweißpflanze Raps in Hessen um knapp elf Prozent ausgedehnt worden. Bundesweit wachse Raps auf circa zehn Prozent der deutschen Ackerfläche.

Gründe für den Stellenwert der Kultur in den Betrieben seien neben der Bedeutung für die langfristige Fruchtfolgeplanung auch bessere Erzeugerpreise für Winterraps im Vergleich zu den anderen Mähdruschfrüchten. Rapsfelder stellen auch eine wichtige Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten dar, von einem ha Raps können Imker etwa 40 kg Rapsblütenhonig ernten.

Die Kultur habe viele weitere Vorteile: „Das Interessante am Raps ist, dass die Pflanze zu 100 Prozent genutzt werden kann“, sagte Schmal. Für den Landwirt sei außerdem ihre Vorfruchtwirkung für den Winterweizenanbau mit einem Mehrertrag von etwa 10 Prozent wichtig. In der Tierfütterung sei Raps ein wertvoller Eiweißträger. So ersetze rechnerisch der Rapsanbau in Deutschland etwa 1,3 Mio. ha So­jaanbau in Südamerika und schütze indirekt den Regenwald.

Auch für die menschliche Ernährung sei Rapsöl wichtig. Der Marktanteil von Rapsöl am Speiseöl sei deutlich gestiegen. Habe man vor rund 25 Jahren Rapsspeiseöl nirgendwo kaufen können, sei es jetzt das beliebteste Speiseöl der Deutschen. Mit einer Absatzmenge von 78,5 Mio. Liter, beziehungsweise einem Marktanteil von 41 Prozent, liege Rapsöl an der Spitze der Speiseöle, vor Sonnenblumenöl und Olivenöl. Zum wirtschaftlichen Erfolg trage die Arbeit der Hessischen Erzeugerorganisation für Raps bei, um bestmögliche Preise für die Betriebe am Markt zu erzielen, resümierte Schmal.

Wirtschaftlichkeit des Anbaus ist gefährdet

Die Landwirte müssen daher auf die Rentabilität des Rapsanbaus schauen, sagte Schmal. Das Unternehmen Cargill will seine Ölmühle in Mainz im Juli schließen. Der Raps aus Hessen muss dann zu weiter entfernten Ölmühlen in Mannheim, Neuss, Hamm oder Salzgitter transportiert werden. Hohe Transportkosten werden dann die Rentabilität des Rapsanbaus in Hessen verschlechtern, befürchtet der HBV-Präsident. Die vielfach gewünschte regionale Verarbeitung und Vermarktung sei dadurch infrage gestellt.

Weiteres Argument für den Rapsanbau sei der Klimaschutz. Zwar sei derzeit wegen der niedrigen Rohölpreise die Biodieselerzeugung kaum konkurrenzfähig. Im Jahr 2014 seien aber noch mehr als 1,4 Mio. t Rapsöl für die Produktion von Biodiesel oder als reiner Rapsölkraftstoff verwendet worden. Damit sei die gleiche Menge Mineralöl und rund 50 Prozent der von Mineralöl verur­sachten Treibhausgas-Emissionen eingespart worden. Besonders hervorzuheben sei, dass der Rapsanbau hierzulande nachhaltig betrieben werde.

Heinrich Fritz-Emmerich, Vorsitzender der Hessischen Erzeugerorganisation für Raps, informierte zur Bündelung des Absatzes ihrer 1 500 Mitgliedsbe­triebe mit einer Anbaufläche von rund 9 000 ha Raps. Dazu beauftragen die Mitglieder bereits im Winter die Erzeugerorganisation den Raps über ein Poolpreissystem zu vermarkten. Ergänzt mit betrieblichen Kontraktmöglichkeiten trage die Mengenbündelung zur höheren Wirtschaftlichkeit bei.

Manfred Paul, Vorsitzender des Bauernverbandes Gießen-Wetzlar-Dill, erläuterte den Rapsanbau in der Region. Derzeit bauen im Landkreis Gießen 637 Betriebe knapp 4 000 ha Raps an. Damit sei es die drittwichtigste Frucht in der Region, nach Weizen und Gerste bei insgesamt gut 22 000 ha Ackerland.

Diplom-Agraringenieur Tor­sten Müller erläuterte den Rapsanbau auf dem Marienhof der Familie Müller am Nordrand der Wetterau in Hungen-Bellers­heim mit Bodenpunkten zwischen 45 und 85 am Standort. Begonnen mit dem Rapsanbau haben Müllers vor gut 25 Jahren. Die Kultur habe einen festen Platz innerhalb der Fruchtfolge und werde auf den Schlägen alle vier Jahre angebaut, berichtete der Betriebsleiter. Neben dem Ackerbau sind die Putenhaltung und Direktvermarktung die wirtschaftlichen Standbeine des Betriebes, der mit vier Arbeitskräften sowie einigen Aushilfskräften bewirtschaftet wird. Die Altgebäude des Marienhofes werden durch die Putenmast genutzt. Im Außenbereich befindet sich ein moderner Putenzuchtstall.

Nadine Krug ist vor zwei Jahren zur Hessischen Rapsblütenkönigin proklamiert worden. Die zweijährige Amtszeit neigt sich langsam dem Ende zu. Beim Hessischen Bauerntag am 1. Juni wird ihre Nachfolgerin im Amt vorgestellt.

Moe – LW 18/2016