Hoch am Weltmarkt, Abwarten in Deutschland

ASP verändert Handelswege bei Futtergetreide

In den vergangenen Wochen bewegten sich die internationalen Getreide- und Ölsaatenmärkte nach oben. In den USA stieg seit Anfang August der Dezemberweizen von 34 auf 214 US-Dollar/t, der Dezembermais um 30 auf 150 US-Dollar/t und die Sojabohne um 58 auf 374 US-Dollar/t. Allein in der letzten Septemberwoche kletterten der Weizen und die Sojabohne um 10 US-Dollar/t und der Mais um 6 US-Dollar/t nach oben. Die Pariser Börse folgte den Vorgaben aus Übersee mit einem Kursanstieg bei Weizen seit Anfang August von 20 Euro/t und 10 Euro/t beim Raps. Prof. Reimer Mohr von der HanseAgro Unternehmensberatung gibt einen Überblick.

Während der europäische Weizen einem stetigen Aufwärtstrend folgte, wurde beim Raps der Anstieg durch kurze Kurseinbrüche begleitet. Während sich die Börsen nach oben bewegten, ist die Preisentwicklung in Deutschland sehr verhaltend und folgt regional nur zögerlich den internationalen Vorgaben. Im Folgenden werden die Entwicklung an den Börsen, die gedämpfte Stimmung am deutschen Markt und deren Auswirkung auf die Vermarktung diskutiert.

Weniger Vorräte in den USA

Die traditionellen Quartalsmeldungen des USDAs am 30. September über den Stand der US-Vorräte löste weltweit einen Kurssprung an den Börsen aus. Das USDA hat in diesem Bericht die US-Sojabohnenvorräte gegenüber dem Monatsbericht vom 11. September um 1,4 Mio. auf 14,2 Mio. t nach unten korrigiert und die Maisvorräte um 6,5 Mio. auf 50,6 Mio. t. Bei einem monatlichen US-Verbrauch von 26 Mio. t reichen damit die Vorräte für zwei Monate. Die US-Maisernte dauert von Anfang September im Süden bis in den November hinein an der kanadischen Grenze. Ende September waren insgesamt erst 16 Prozent der Aussaatfläche geerntet. Damit handelt es sich bei den US-Vorräten überwiegend um Übergangsvorräte zur Sicherstellung der Inlandsversorgung.

Beim US-Weizen waren die Korrekturen dagegen gering. Während die Vorräte mit knapp 59 Mio. t zum ersten September den Erwartungen entsprachen, wurde die Weizenernte um 300 000 t auf 49,7 Mio. t gesenkt. Beim Weizen fiel der Blick der Börsianer auf die US-Witterung während der Aussaat. Die US-Aussaat fand im September unter sehr trockenen Bedingungen statt. Während es mittlerweile in den südöstlichen Anbaugebieten geregnet hat, ist es vor allem von Texas bis Dakota zu trocken. Es wird befürchtet, dass weniger Weizen ausgesät wird und der Weizen seine Mindestentwicklung vor dem Wintereinbruch nicht erreicht.

Steigende Preise in der Schwarzmeerregion

Während der russische Weizen im Juli und August noch mit sehr niedrigen Preisen alle Ausschreibungen gewonnen hat, schloss sich im September die Preislücke zur EU-Ware nahezu komplett. Fob Seehafen am Schwarzen Meer wird Brotweizen mittlerweile für umgerechnet 201 Euro/t gehandelt. Im französischen Rouen notiert der Brotweizen mit 203 Euro/t. Durch den höheren Preis und die etwas höheren Frachtkosten ist die EU-27 in den Ausschreibungen aber weiterhin zweiter Sieger. Russland hat die Rolle des Billig­anbieters verlassen. Neben dem Preis entscheiden mittlerweile die Qualität und die Lieferfähigkeit über den Vertragsabschluss. Die Getreideexporte in Russland laufen derzeit auf Hochtouren. Rusagrotrans, der größte russische Logistiker im Agrarbereich, berichtet, dass im September mit knapp 6 Mio. t ein neuer Rekordwert erreicht werden soll. Im Oktober rechnet das Unternehmen mit Exporten auf dem gleichen Niveau. Für das Gesamtjahr werden sogar Exporte auf einem Rekordniveau von 49 bis 50 Mio. t (Vj. 46 Mio. t) prognostiziert. Das USDA erwartete in dessen Septemberbericht russische Exporte von knapp 47 Mio. t.

Auch bei einer nachlassenden Exporttätigkeit in den Wintermonaten wird Russland das ganze Jahr Ware auf den Weltmarkt liefern können. Durch die hohe Schlagzahl im Export besteht wieder die Befürchtung, dass der Inlandspreis für Weizenmehl und Mischfutter steigt und damit die Inflation im Inland fördern könnte. Es wird befürchtet, dass die russische Regierung im ersten Halbjahr 2021 erneut Exportquoten einführen könnte.

Neben den USA ist es auch in Russland und der Ukraine während der Aussaat viel zu trocken. Seit den Sommermonaten sind in vielen Regionen nur zwischen 10 und 30 Prozent der langjährigen Niederschläge gefallen. Für die Ukraine erwartet Sovecon einen Rückgang der Winterweizenfläche um 9 Prozent auf 6,1 Mio. t. Bis Ende September waren erst 25 Prozent der Flächen bestellt. Es ist zu erwarten, dass Sommerweizen gesät wird, dessen Ertragserwartung deutlichen Schwankungen unterliegt.

Die Südamerikaner diskutierten bereits über das Witterungsphänomen La Nina. Bei einer La Nina-Konstellation kann es in Argentinien und Südbrasilien zu einer Dürre kommen, während in Ost- und Südaustralien sowie in Südostasien die Regenfälle zunehmen. Insgesamt führt dies zu einer Zunahme des Wettbewerbs insbesondere für die nordamerikanischen Farmer im pazifischen Raum.

Die Schätzung der EU-Getreideproduktion wurde in den vergangenen Wochen weiter nach unten korrigiert. Coceral hat in der Schätzung vom 25. September die Erntemenge auf 294 Mio. t herabgesetzt. ADM Germany lag im September bei 296 Mio. t und das USDA bei 298 Mio. t. Insbesondere die Maisproduktion wurde herabgesetzt, die Coceral zuletzt auf 63 Mio. t schätzte. Besonders stark getroffen hat es in diesem Jahr Rumänien. Der Mais ist in Zentralrumänien bis zum Schwarzen Meer vertrocknet. Coceral erwartet bei gleicher Fläche nur noch einen Durchschnittsertrag bei Mais von 39 dt/ha. Damit sinkt die Produktion im Vorjahresvergleich um 3,2 auf 10,3 Mio. t. Auch in Bulgarien wird ein Rückgang um 0,5 auf 2,6 Mio. t erwartet.

Schwer tut sich die EU-27 weiterhin am Weltmarkt. Trotz der Annäherung der Preise in den Schwarzmeerhäfen fehlt noch ein wenig zur Wettbewerbsfähigkeit mit Russland. Das höhere Preisniveau im Vergleich zum Weltmarkt findet seine Begründung in der niedrigen EU-Ernte. Dies führt dazu, dass die im Binnenmarkt benötigte Ware nicht auf dem Weltmarkt abfließt. Die EU-27 einschließlich dem Vereinigten Königreich haben bis zum 27. September 7,1 Mio. t Getreide exportiert. Dies steht im Vergleich zu knapp 11 Mio. t im Vorjahr. Insbesondere der Weizenexport ist von 7,4 auf 4,6 Mio. t gefallen. Die EU-Importe bewegen sich bisher mit 5,6 Mio. t auf dem Vorjahresniveau.

ASP beeinflusst Handel mit Futtergetreide

Durch den ASP-Ausbruch in Brandenburg ist es neben der starken Verunsicherung auf dem Schweinemarkt auch im Getreidehandel insbesondere mit Futtergetreide zu einem vorsichtigen Einkaufsverhalten der Mischfutterwerke und des Erfassungshandels gekommen. Ob der ASP-Ausbruch ein lokales Ereignis bleibt oder sich über Deutschland ausbreitet, ist trotz aller Vorkehrungen nicht vorhersehbar. Die Folge ist, dass Schweinehalter, Erfassungshändler und Mischfutterwerke sich zurückhaltend am Markt bewegen. In den ASP-Sperrgebieten und den angrenzenden Kreisen werden keine oder weniger Schweine aufgestallt. Neben seuchenrechtlichen Vorschriften findet sich hier die kaufmännische Vorsicht.

Die Folge ist, dass lokal weniger Futter gebraucht wird. Aber auch in anderen Teilen Deutschlands sind die Kontraktlaufzeiten kürzer. Kurzfristig fehlt damit die Nachfrage. Dadurch entsteht trotz steigender Preise am Weltmarkt ein leichter Druck bei Futtergetreide. Letztendlich sind die Sauen belegt, Ferkel geboren, oder die Mastschweine stehen bereits im Stall. Im Zweifelsfall werden die Ferkel in anderen Teilen Deutschlands und der EU-27 gemästet oder geschlachtet. So melden zum Beispiel die dänischen Schlachthäuser einen starken Anstieg der Schweineschlachtungen. Letztendlich wird durch die ASP kein Gramm Mischfutter weniger gebraucht. Es verändern sich allerdings die Handelswege. Im Gegensatz zum Futtergetreide folgt der Brotweizenpreis den Vorgaben aus Paris mit einer leichten Zeitverzögerung. Die Marktbeteiligten warten erst einmal ab, inwieweit die Stimmung und Richtung an der Börse sich verfestigt.

Schlussfolgerungen für die Vermarktung

Der Aufwärtstrend an den Börsen hielt in der zweiten Septemberhälfte an. Es zeichnet sich ab, dass die Versorgungslage nicht so komfortabel ist, wie es aufgrund der Aussaatflächen im Sommer zu erwarten war. Hinzu kommen die Aussaatverzögerungen für Wintergetreide in der Schwarzmeerregion und den USA. In Deutschland reagieren die Märkte infolge der ASP-Fälle vorsichtig auf das Weltmarktgeschehen. Die verhaltene Reaktion führt dabei regional zu einem hohen Preisabstand zur Börse. Bei hohen Preisdifferenzen zur Börse ist daher zu empfehlen, mit den Verkäufen zu warten. Es ist allerdings immer wieder zu beobachten, dass einzelne Händler stärker auf die Börse reagieren und attraktive Preisgebote stellen. In diesen Fällen ist es ratsam, die Vermarktung fortzusetzen.

 – LW 41/2020