Hochspezialisierter Geflügelhof mit Gänsen in der Wetterau

Familie Antony erzeugt Martini- und Weihnachtsgänse

Die Martini-Gänse haben den Kunden vergangene Woche bereits gemundet. Sabine und Berthold Antony aus dem Wetterauer Dorf der drei Kirchen Rockenberg und ihre Mitarbeiter bereiten sich schon auf den Höhepunkt der Gänse-Vermarktung vor: die Tage vor Heiligabend. Insgesamt 450 Tiere, frisch geschlachtet, entfedert und ausgenommen werden sie dann auch dieses Jahr wieder über die Theke ihres Hofladens in der Kirchgasse verkaufen.

Die Martini- oder Weihnachtsgänse auf dem Geflügelhof von Sabine und Berthold Antony in Rockenberg genießen tagsüber großzügigen Auslauf auf einer Weidefläche von drei Hektar. Die Nacht verbringen sie im ehemaligen Bullenmaststall und sind somit vor Raubwild geschützt.

Foto: Dietz (3), Werkfoto (1)

Schon seit 130 Jahren gibt es den landwirtschaftlichen Betrieb Antony mitten in der Ortslage von Rockenberg in unmittelbarer Nachbarschaft zur katholischen Kirche und der Marienapotheke. Vor 29 Jahren übernahm Berthold Antony den Hof, stieg ein Jahr später in die Gänsehaltung ein und nahm Enten und Miniputen hinzu.

Milchlädchen zu modernem Hofladen weiterentwickelt

Gemeinsam mit Ehefrau Sabine, beide in einer GbR vereint, erweiterte er das Milchlädchen der Eltern und entwickelte den Betrieb über die Jahrzehnte zu einem ausgeprägten Geflügelhof, der hessenweit einen guten Ruf genießt. Zum Verkaufssortiment gehören heute zudem Rindfleisch der selbst gehaltenen Weidetiere der Rassen Schottisches Hochlandrind und Angus. Den ehemaligen Bullenmaststall im Außenbereich hat das Geflügel ganz für sich. Abgerundet wird das Angebot im Hofladen ganzjährig durch Puten, Putenteile, Hähnchen, Eier und Geflügelwurst und saisonales Gemüse aus der Region.

Bereits Mitte Juni werden die zehn bis 14 Tage alten Gössel aufgestallt. Tagsüber steht ihnen eine 3 Hektar große Weide zur Verfügung. Die Kleinen sind noch empfindlich. Vor allem Regen dürfen sie nicht abbekommen.

Im Juni werden die Gössel aufgestallt

Der erforderliche Schatten von alten Obstbäumen und aufgestellten Schutzdächern wurde dieses Jahr durch eine eigens eingesäte Maisfläche erweitert. Die Tiere nahmen die Pflanzen gerne auch als Futterquelle an. Im Stall wird zusätzlich eigenes Getreide, Erbsen und nur noch zu einem geringen Anteil Soja angeboten, das allerdings aus heimischer Wetterauer Erzeugung stammt. Damit steht dem Verbraucher ein wirklich regionales Produkt zur Verfügung. Nachts halten sich die Gänse ausschließlich im Stall auf und sind somit vor Raubwild geschützt.

Vermarktung beginnt etwa ab Anfang November

Die Vermarktung der Tiere beginnt ab etwa Anfang November. Rund vier bis fünf Kilogramm bringen die Gänse am Schlachttag auf die Waage. Geschlachtet wird selbst, denn die Antonys führen einen zugelassenen Geflügel-Schlachtbetrieb. Davon gibt es aufgrund der hohen hygienischen Anforderungen nicht besonders viele in Hessen. Die Vermarktung findet ausschließlich im Hofladen in der Kirchgasse in Rockenberg statt. Und, darauf legt Sabine Antony Wert, die Erzeugnisse wandern nur frisch über den Ladentisch.

Telefonische Vorbestellung unerlässlich

Gemeinsam mit der Marienapotheke (links) und der katholischen Kirche bildet der Hofladen der Familie Antony einen ansehnlichen Dorfmittelpunkt.

Foto: Dietz (3), Werkfoto (1)

Deshalb ist es gerade in der winterlichen Jahreszeit notwendig, den Festtagsbraten telefonisch vorzubestellen. Und zwar unter dem Namen der abholenden Person. Bei einer Namensverwechslung entstünden sonst äußerst peinliche Situationen dann, wenn gerade an Heiligabend der Traum vom Festtagsbraten platzen sollte.

Betriebsabläufe wegen Corona geändert

Die Corona-Pandemie hat auch die Antonys getroffen. Von jetzt auf gleich wurde ein Hygiene-Konzept für den ganzen Betrieb entwickelt und umgesetzt. Schon zu Beginn war den Antonys klar, dass Corona eine langandauernde Beeinträchtigung des laufenden Betriebes verursachen würde. Und so investierten sie unmittelbar in zugelassene Glasabtrennungen, die zwar teurer, dafür aber leichter in hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten sind.

Sehr froh darüber sind Berthold und Sabine Antony, dass ihre Mitarbeiter von Anfang an konsequent den Weg der höheren Corona-Hygiene-Anforderungen mitgegangen sind, auch bis in das private Umfeld hinein. Zum Personal gehören ein fest angestellter Metzgermeister, eine fest angestellte Verkäuferin, eine fest angestellte 450 Euro-kraft und Saisonarbeitskräfte, deren Arbeitsleistung in diesem Jahr zum Teil durch „Familie“ aufgefangen werden musste. Die mitarbeitende Familie besteht aus dem Betriebsleiterehepaar und Sohn Markus. Ganz neu hinzugekommen ist eine Halbtagskraft für das jüngst erst aus den privaten Räumen ausgelagerte Büro. Seit Jahren bildet der Landwirtschaftsmeister jedes Jahr einen neuen Lehrling aus. Das Verhältnis ist familiär. Die persönliche Bindung reicht weit über die Zeit der Ausbildung hinaus.

Betrieb immer wieder auf den Prüfstand stellen

Zu Beginn der Pandemie suchten die Kunden erkennbar stärker den etwas kleineren Laden auf mit erkennbar regionalen Angeboten. Dieser Trend setze sich in den letzten Jahren Stück für Stück weiter durch, so die Antonys. „Wir verzagen nicht, sondern schauen nach vorne und machen das Beste draus“, so Berthold Antony. Ohnehin halten sie es für erforderlich, alle paar Jahre den Betrieb von seiner möglichen Entwicklung her zu überdenken.

Immer wieder bauliche Maßnahmen umgesetzt

In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde der Hof Stück für Stück reihum in allen Betriebsgebäuden völlig umgebaut. Eine ganze Schlachterei wurde im ehemaligen Kuh- und Schweinestall völlig neu eingerichtet. Eine ganze Reihe von Kühlräumen wurde neu geschaffen. Dennoch geschah das bewundernswert behutsam. Der architektonische Charakter der Hofgebäude ist erhalten geblieben, auch wenn sie überwiegend völlig entkernt wurden.

Feuerwehr-Gerätehaus in Hofladen umgewandelt

Gemeinsam haben die Eheleute Sabine und Berthold Antony in knapp drei Jahrzehnten den elterlichen Betrieb mit Milchlädchen zu einem ansehnlichen Geflügelhof weiterentwickelt. Zum Markenzeichen der gemeinsamen GbR sind die Martini- oder Weihnachtsgänse geworden, die ausschließlich frisch im Hofladen vermarktet werden.

Foto: Dietz (3), Werkfoto (1)

Eine Meisterleistung ist den Antonys mit der Einrichtung des heutigen Hofladens gelungen. Von der Gemeinde erwarben sie das denkmalgeschützte, unmittelbar an die Hofstelle angrenzende ehemalige Feuerwehr-Gerätehaus mit integrierter gemeindlicher Viehwaage.

Schon Bertholds Vater August war jahrzehntelang in der Freiwilligen Feuerwehr engagiert. Die Familie verwahrte den Schlüssel für das Gerätehaus bis zur Einweihung des neuen im Jahr 1974 und schon die Kinder öffneten bei Feueralarm die Tore, damit im Brandfall keine Zeit verloren ging. Berthold selbst war 19 Jahre lang Wehrführer. Und so wurde in das alte Gemäuer mit dem ansehnlich verkleideten ehemaligen Schlauchturm ein hochmoderner Verkaufsladen integriert und vor zehn Jahren in Betrieb genommen. Der Laden platzt schon wieder aus den Nähten, so dass ein geplanter Anbau Luft verschaffen soll.

Die Nachfolge ist bereits geregelt

Die Nachfolge im Betrieb Antony ist bereits geregelt. Sohn Markus hat eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert, arbeitet im Betrieb mit und bereitet sich darauf vor, diesen in einigen Jahren zu übernehmen. Bruder Lukas hat ebenfalls Landwirtschaft gelernt und arbeitet bei einem Unternehmen in Hungen. Tochter Mareike bereitet sich unter Corona-Bedingungen auf das Abitur vor.

Dz – LW 47/2020