Hochwald Milchwerk und OVAG Wasserwerk besucht

Arbeitskreis Industrie-Landwirtschaft in Hungen

Der Arbeitskreis Industrie-Landwirtschaft Hessen (AKIL) war am Mittwoch der vergangenen Woche zu einer Vortrags- und Besichtigungsveranstaltung in Hungen unterwegs. Am Vormittag stand ein Besuch des Milchwerks der Hochwald Milch eG auf dem Programm, am Nachmittag ging es in das Wasserwerk der Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (OVAG) nach Inheiden.

Helmut Stuck (M.) wusste auch auf kritische Fragen von HBV-Präsident Karsten Schmal (l.) und des AKIL-Vorsitzenden Dr. Hans-Theo Jachmann die passenden Antworten.

Foto: Weber

Nach dem freundlichen Empfang durch Hochwald-Erzeugerberater Wilfried Mohr, stellte Werksleiter Hartmut Grießing den Standort Hungen, in dem täglich 1,2 Mio. Liter Milch von rund 1 200 Lieferanten im Dreischichtbetrieb verarbeitet werden, vor.

Wichtigste Produkte sind ESL-Milch (länger haltbar), Frischmilch, Sahne, Schmand, Speisequark, Magermilch-Konzentrat und Vollmilchpulver. Mit einer Stundenleistung von 14 000 Liter produzieren zwei Maschinen 9,5 Mio. Packungen Milch pro Jahr. In der Quarkerei werden pro Jahr 26 000 t Quark mit verschiedenen Fettgehalten hergestellt.

Laut Hartmut Grießing verfügt das Werk über zwei Magermilchtanks und drei Konzentrattanks mit einem Volumen von jeweils 200 beziehungsweise 100 Kubikmeter. In einem vollautomatischen Hochregellager stehen rund 4 000 Palettenstellplätze zur Verfügung. Werksleiter Grießing wies darauf hin, dass die Einhaltung der sehr strengen Hygienevorschriften von unabhängigen Kontrollstellen ohne Vorankündigung mehrmals im Jahr überprüft würde. Am Standort Hungen sind 205 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen fünf Auszubildende.

Helmut Stuck, Leiter der Hochwald-Milchverwaltung, beleuchtete zunächst die schwierige Situation auf dem Milchmarkt. Die Abschaffung der Ex­porterstattungen, der Wegfall der Milchquote und das Russland-Embargo hätten in Verbindung mit einem gestiegenen Angebot zu einem dramatischen Einbruch der Milchpreise von 42 Cent je kg (2014) auf 22,5 Cent je kg (2016) geführt. Der Absturz habe 2014 begonnen. Während China 2014 noch 600 000 t Vollmilchpulver importiert habe, seien es 2015 nur noch 300 000 t gewesen. Außerdem sei der Anteil der Milchexporte aus der EU nach Russland von 15 Prozent im Jahr 2013 auf Null in 2015 gesunken. Die fehlende Kaufkraft in den Öl exportierenden Ländern, verursacht durch den starken Rückgang der Ölpreise, hätten das Exportvolumen zusätzlich verringert. „Den billigen Diesel bezahlen die Bauern sehr teuer. Hätten wir die Intervention in diesem Jahr nicht gehabt, wären die Milchpreise ins Bodenlose gefallen“, betonte Stuck in diesem Zusammenhang. Er gab zu, dass die deutsche Milchwirtschaft im Mai 2016 bei den Preis­verhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel komplett versagt habe.

Mit Markenprodukten höhere Wertschöpfung

Gestützt auf den Kieler Rohstoffwert des ife-Instituts für Ernährungswirtschaft Kiel, der im September 2016 um 12 Prozent auf 30,7 Cent je kg Milch gestiegen ist, sei ein Trend für steigende Erzeugerpreise erkennbar. „Die Preise steigen aber noch nicht nachhaltig. Ich glaube noch nicht an eine Trendwende“, so Stuck. Das Milchangebot sei zwar merklich reduziert worden, es gebe aber noch keine Impulse auf der Nachfrageseite.

Als Vollsortimenter verfolge Hochwald das Ziel, seinen Exportanteil von aktuell 50 Prozent auf 60 Prozent zu erhöhen. Der Export schwächele zwar seit geraumer Zeit, langfristig werde am Weltmarkt aber nichts vorbeiführen. Ferner setze Hochwald zukünftig vermehrt auf Markenartikel, wie zum Beispiel Bärenmarke, um eine höhere Wertschöpfung zu realisieren.

Stuck beklagte, dass sein Unternehmen in diesem Jahr einen großen Auftrag an Lidl verloren habe, weil man nicht in der Lage gewesen sei, GVO-freie Milch zu liefern. Ab 2017 soll es soweit sein, um den Forderungen des Handels nachzukommen. Die Werke sollen nach und nach umgestellt werden. „Ende 2017 wird die GVO-freie Milch zum Standard in Deutschland“, ist Stuck überzeugt.

Karsten Schmal, Präsident des Hessischen Bauernverbandes, wies darauf hin, dass die Bauern dem Wunsch nach GVO-freier Milch derzeit noch nicht nachkommen könnten. Am Ende blieben sie auf den höheren Futterkosten sitzen. Das könne nicht hingenommen werden. „Das Futter muss ja irgendwo herkommen“, gab AKIL-Vorsitzender Dr. Hans-Theo Jachmann zu bedenken. Helmut Stuck kündig­te an, dass seine Genossenschaft den Milchlieferanten im Frühjahr 2017 die Strategie „Hochwald 2020“ mit einer strukturellen Neuausrichtung präsentieren werde.

Keine Probleme mit Nitrat und Pflanzenschutzmitteln

Die Oberhessische Versorgungsbetriebe AG (OVAG) gehören mit ihrem Geschäftsbereich Wasser zu den 25 größten Wasserversorgern Deutschlands und sind die Nummer zwei in Hessen. Bundes-, wenn nicht europaweit einzigartig, sind die drei nahe beieinanderliegenden Brunnen im Wasserwerk Inheiden, einem Stadtteil von Hungen. Seit 1903 wird dort Trinkwasser gefördert, ein artesischer Wasseraustritt am Fuße des Vogelsbergs lieferte schon damals 18 000 Kubikmeter Wasser pro Tag. Das erfuhren die AKIL-Mitglieder von OVAG-Abteilgungsleiter Franz Poltrum. Mit dem Verkauf des oberhessischen Wassers an die Großstadt Frankfurt am Main wurde der Bau einer „Elektrischen Zentrale“ finanziert. 1911 gelangte erstmals Wasser aus dem Inheidener Brunnen in die Mainmetropole. In den 50er Jahren existierte eine Fernleitung mit 70 cm Durchmesser nach Frankfurt. Ãœber diese Leitung wurde auch Friedberg und Bad Vilbel zum Teil mit Wasser versorgt. 1960 erhielt Frankfurt täglich 50.000 Kubikmeter aus Inheiden. Aufgrund des erhöhten Wasserbedarfs musste 1965 eine zweite Fernleitung nach Frankfurt gebaut werden, weitere oberhessische Städte und Gemeinden wurden daran angeschlossen.

Die AKIL-Besuchergruppe mit den OVAG-Mitarbeitern Franz Poltrum (3.v.l.) und Thomas Feuerstein (r.) in einer Pumpstation des Wasserwerks Inheiden.

Foto: Gründgen

Aktuell beläuft sich die nutzbare Wasserabgabe des Werkes Inheiden auf knapp 31 Mio. Kubikmeter pro Jahr, davon gelangen 17,6 Mio. Kubikmeter nach Frankfurt, 10,3 Kubikmeter in den Wetteraukreis und jeweils etwa eine Mio. Kubikmeter in Kommunen der Landkreise Gießen und Hochtaunus. Rund 750 000 Menschen werden von der OVAG mit sehr gutem Wasser versorgt. Seit Anfang der 1970er Jahre sind die Wasserentnahmemengen von 35 Mio. Kubikmeter pro Jahr auf heutzutage zirka 30 Mio. Kubikmeter durch wassersparende Maßnahmen in den Haushalten gesunken.

Nach Aussage von Franz Poltrum gibt es keine Probleme mit Nitraten aus der landwirtschaftlichen Düngung. In den Fördergebieten der OVAG liege der Nitratgehalt des Rohwassers deutlich unter dem Nitratgrenzwert von 50 Milligramm je Liter, mit rückläufiger Tendenz. In diesem Zusammenhang hätten sich seit Jahren bestehende Kooperationen zwischen Landwirten und der OVAG als Wasserversorger in Form einer grundwasserschonenden Düngeberatung bewährt. Ferner seien auch keine Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nachweisbar. Thomas Feuerstein, OVAG-Sachgebietsleiter Instandhaltung, berichtete, dass tägliche Wasseruntersuchungen, auch an Sonn- und Feiertagen, die hohe Qualität des Wassers sicherstellten.

AKIL – LW 40/2016