Hoffnungsschimmer für den Rübenpreis

Versammlungen des Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenverbandes

Die Winterversammlungen des Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenverbandes geben einen Überblick über die gerade beendete Kampagne, wagen aber auch schon einen Ausblick auf das neue Anbaujahr. Für 2020 sieht Südzucker positive Signale des Zuckermarktes und geht ohne belastende Altverträge in die nächste Kampagne. Die Hoffnung auf steigende Zuckerpreise werden von den Anbauern hoffnungsvoll aufgenommen.

Vierling: „Ich hoffe, dass wir von einer Preissteigerung am Zuckermarkt profitieren werden, weil wir keine alten Verträge mit festgeschriebenen Preisen mehr haben.“

Foto: Brammert-Schröder

Das Anbaujahr 2019 war zumindest von der Ertragsseite her besser als das Jahr 2018, als die Trockenheit neben den schlechten Preisen auch noch niedrige Erträge bescherte. Der Regen im Herbst kam für die Rüben gerade rechtzeitig, die noch einmal ordentliche Zuwächse brachten. „Wir verzeichnen 2019 eine leichte Markterholung und einen Ertragszuwachs von 13 t gegenüber 2018“, fasste der Verbandsvorsitzende Walter Manz am vergangenen Dienstag in Gernsheim die Ergebnisse der abgeschlossenen Kampagne zusammen. Vor allem das leichte Ansteigen der Weltmarktpreise für Zucker aktuell stimmt ihn optimistisch, dass auch die Zuckerrübenanbauer wieder mehr für ihre Rüben erlösen können.

Diese Hoffnung teilte auch Dr. Georg Vierling von der Südzucker. „Es gibt positive Signale vom Zuckermarkt“, sagte er. Momentan sei eine Verknappung von Zucker auf dem Weltmarkt zu spüren: Brasilien produziere deutlich weniger Zucker, und Indien hat seine Exportsubventionen nach WTO-Beschwerden gekürzt. Zudem will Indien in die Ethanolproduktion einsteigen, was ebenfalls positiv auf den Weltmarkt wirken dürfte. „Aber die großen Lagerbestände Indiens belasten den Markt noch“, so Vierling. Die Spotpreise für Zucker hätten deutlich angezogen, auch wenn am Spotmarkt nur wenig Zucker gehandelt wird. Deshalb hätten die hohen Spotmarktpreise noch nicht sehr deutlich auf den Weltmarktpreis durchgeschlagen. „Ich hoffe, dass wir von einer Preissteigerung am Zuckermarkt vollumfänglich profitieren werden, weil wir keine alten Verträge mit festgeschriebenen Preisen mehr haben“, erklärte Vierling.

Die Werke besser auslasten

Das Segment Zucker der Südzucker ist nach wie vor defizitär. Für das Jahr 2019/20 rechnet das Unternehmen nach den Worten Vierlings mit einem Verlust von 200 bis 260 Mio. € bei sinkenden Umsätzen. Der Export von Zucker auf den Weltmarkt sei nicht kostendeckend. „Südzucker ist einer der größten Zuckererzeuger der Welt“, sagte Vierling. Entscheidend für die Produktion der austauschbaren Ware Zucker sei eine gute Kostenstruktur. Deshalb sei die Restrukturierung ein wichtiger Schritt für Südzucker. Ziel ist nach Aussage Vierlings eine gute Auslastung der Werke.

Nach der Schließung der Werke in Brottewitz und Wabern sowie drei Fabriken in Frankreich und Polen verlängern sich die Kampagnentage in den verbleibenden Werken auf über 125 Tage. Die deutschen Südzucker-Werke lieferten mit 13,4 t/ha nach Frankreich mit 13,5 t/ha und Belgien mit 15,9 t/ha den drittgrößten Zuckerertrag im Konzern. Vor allem in Südosteuropa fielen die Erträge durch die Trockenheit deutlich schlechter aus. Auch die Konzernstruktur des Konzerns steht auf dem Prüfstand. Besser als beim Zucker läuft es in den anderen drei Südzucker-Geschäftsfeldern Spezialitäten, Frucht und Crop Energies. Für Bioethanol sei die Nachfrage sehr robust und das Marktumfeld günstig, erklärte Vierling. Crop Energies profitiert von den höheren Ethanolpreisen. „Südzucker ist profitabel, weil wir breit aufgestellt sind“, versicherte Vierling.

Walter Manz hob hervor, dass Südzucker den heimischen Zuckerrübenanbau über die Rohstoffsicherungsprämie stützt. Durch die Rohstoffprämie werden Zuckerpreise von unter 400 € je Tonne aufgefangen. Der Weltmarktpreis für Zucker liegt im Moment eher bei 350 €/t, was laut Liefervertrag einem Rübenpreis von 26 €/t entspricht. Ausgezahlt wurden nach den Worten von Manz dank der Prämie rund 30 €/t Rüben. 20 000 t Lieferrecht hat der Verband im vergangenen Jahr zur einjährigen flächenlosen Nutzung vermittelt und bietet die „Lieferrechtsbörse“ auch für die neue Kampagne an.

Blattläuse und Zikaden an den Rüben

Der Rübenpreis ist für die Anbauer im Verbandsgebiet in den vergangenen zwei Jahren nicht die einzige Herausforderung. Es gibt nach wie vor erhebliche Einschränkungen bei den Pflanzenschutzmitteln, zudem sind die neonicotinoiden Beizen in Deutschland verboten. Sie dürfen aber in etlichen EU-Ländern per Notfallzulassung weiterhin verwendet werden, was zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU führt. In Deutschland müssen Blattläuse nun mit Insektiziden bekämpft werden. „Bisher haben wir die Blattläuse im Griff“, erklärte Manz. Der Verband hat zusammen mit der Offizialberatung ein Blattlaus-Monitoring etabliert, das im ersten Jahr ohne Neonic-Beize funktioniert hat. An keinem Standort wurde bisher Viröse Vergilbung diagnostiziert.

Den Anbauern im südwestdeutschen Raum macht allerdings der enorme Druck durch tierische Schädlinge, allen voran die Schilfglasflügelzikade, und Cercospora zu schaffen. Begünstigt werden die Schädlinge und Erreger durch den Klimawandel. Aus diesem Grund hat der Verband das Forschungsprojekt NIKIZ initiiert, dass nun mit EU-Fördergeldern von über 1,5 Mio. € an den Start geht (siehe LW 4/2020 S. 12). „Die Versuche werden in und mit der Praxis gemacht. Wir haben ein Interesse daran, faktenbasiertes Wissen zu schaffen. Es ist wichtig, die Interpretation der Ergebnisse mitzugestalten, damit sie nicht gegen die Landwirtschaft läuft“, so Manz.

SBR ist jetzt auch in Hessen angekommen

Verbands-Geschäftsführer Dr. Christan Lang stellte das NIKIZ-Projekt vor, in dem es darum geht, Antworten auf Fragen zu Schädlingen und Krankheiten zu finden, die durch den Klimawandel begünstigt werden. Mitarbeiter aus fünf verschiedenen Universitäten bringen ihr Fachwissen in das Projekt mit ein. Die SBR-Erkrankung, die durch ein Bakterium hervorgerufen wird und sich durch niedrige Zuckergehalte bemerkbar macht, ist dabei nur ein Forschungspunkt. Sie wird durch die Schilfglasflügelzikade verursacht, die sich seit drei Jahren auch im Rheingraben zu Hause fühlt und Schäden an den Rüben verursacht. „Sie ist jetzt schon genetisch auf die Zuckerrübe gepolt und vermehrt sich an ihr“, erklärte Lang.

Das konnte auch Michael Lenz vom Pflanzenschutzdient des LLH bestätigen, der über Monitoring-Ergebnisse zur Schilfglasflügelzikade berichtete. Im Rahmen einer Masterarbeit wurde die Verbreitung der Zikaden und die Infektionsrate mit dem SBR-Bakterium untersucht. „In Südhessen wurde die Schilfglasflügelzikade an verschiedenen Standorten nachgewiesen, von Süd nach Nord abnehmend. Und auch in der Wetterau gibt es bereits Einzelfunde“, berichtete Lenz. Der Großteil der Zikaden war mit dem SBR-Proteobakterium infiziert. „Schon die Eier, die die Zikaden an die Rüben in den Boden ablegen, sind mit dem SBR-Bakterium infiziert.“ Dadurch übertragen auch die nachfolgenden Zikaden-Generationen das BBR-Bakterium. Es wird damit gerechnet, dass sich die Krankheit pro Jahr etwa 20 km ausbreitet. Bisher lassen sich die Zikaden nicht bekämpfen. Das NIKIZ-Projekt soll Antworten liefern, wie mit Zikaden und anderen Schädlingen und Erregern künftig umgegangen werden kann.

ibs – LW 6/2020