Was bringt die Erhöhung des Umrechnungsfaktors?
KW 30 Seite 34
Die Abschaffung der Saldierung von überlieferter Milch wird vom Hessischen Bauernverband seit Jahren gefordert, zuletzt auf den Bauerntagen in Bamberg und in Berlin. Ziel ist es, mehr Quotendisziplin durchzusetzen, um dadurch weniger Milch auf den Markt zu bringen und diesen dadurch zu entlasten und die Auszahlungspreise zu stabilisieren. Ein weiterer Punkt, der in diesem Zusammenhang derzeit unter den Milcherzeugern diskutiert wird, ist die Änderung des Faktors, mit dem Milch von Liter in Kilogramm umgerechnet wird. Hierzu einige Erläuterungen:
Quote mit weniger Litern ausschöpfen
Zur Erläuterung hier ein Beispiel: Bauer Ewald hat eine Milchquote von 400 000 Kilogramm. Rechnet man dieses Gewicht in Volumen, also Liter mit dem bisherigen Faktor um, so ergeben sich 392 157 Liter (400 000 Kilogramm : 1,02 = 392 157 Liter). Ein erhöhter Faktor würde folgendes Ergebnis bringen: 400 000 : 1,03 = 388 349,5 Liter. Bauer Ewald würde zwar die Quote in Kilogramm ausschöpfen, tatsächlich aber rund 3 808 Liter weniger liefern, vorausgesetzt er hält sich an seine Quote. Dies ist dann das 1 Prozent, das zur Marktentlastung beitragen soll.
Was wären die Auswirkungen einer Erhöhung des Umrechnungsfaktors? Bauer Ewald müsste, wie erläutert, weniger Milch erzeugen, um seine Quote in Kilogramm auszuschöpfen. Dadurch könnte er seine variablen Kosten senken, wenn er seinen Kühen beispielsweise weniger Kraftfutter vorlegt. Pro Liter Milch und pro Kuh erhöhen sich allerdings die festen Kosten, weil sich die Kosten für Gebäude oder gekaufte Quote auf weniger Tiere beziehungsweise weniger Milch verteilt.
Weniger Rohstoff für die Molkereien
Auf der Vermarktungsseite würde sich folgende Situation ergeben: Da die Molkereien weniger Rohstoff angeliefert bekommen, können sie auch nur weniger verarbeiten. Auch hier würden sich also die Stückkosten bei sonst gleichen Festkosten für Gebäude, Verarbeitungsanlagen, Personal usw. erhöhen. Vor allem aber bedeutet weniger Milch auch weniger Käse, Butter und Frischmilch für den Verkauf und damit weniger Erlöse. Es müssten sich gleichzeitig höhere Preise auf den Märkten erzielen lassen, um die gleichen Erlöse zu erzielen. Denn ohne höhere Abgabepreise an den Handel könnten die Molkereien den Mengenrückgang nicht ausgleichen. Und das hätte wiederum Auswirkungen auf das Milchgeld für die Bauern.
Ob die Molkereien allerdings bei einem offenen europäischen Markt höhere Preise durchsetzen können, ist fraglich. Eine einprozentige effektive Mengenreduzierung in Deutschland würde auf europäischer Ebene nur rund 0,2 Prozent entsprechen, bei 28 Mio. Tonnen Milcherzeugung in Deutschland und 142 Mio. Tonnen in der EU. Einer einseitigen Mengendrosselung würde kein entsprechend positiver Preiseffekt gegenüberstehen, es sei denn, die anderen europäischen Länder schließen sich einer Mengenreduzierung an. Auf der anderen Seite wurde aber am 17. März 2008 vom EU-Agrarrat beschlossen, die Quote zum 1. April 2008 europaweit zu erhöhen (entspricht 2,84 Mio. Tonnen). Und von den 27 EU-Ländern haben 24 für diese Quotenerhöhung gestimmt. Nur Deutschland und Österreich stimmten dagegen. Frankreich enthielt sich. Sieben der 24 Befürworter forderten sogar eine noch höhere Quotenaufstockung. Es besteht also die Gefahr, dass der deutschen Milchwirtschaft durch die Erhöhung des Umrechnungsfaktors im bestehenden Quotensystem Marktanteile verloren gehen. CM