Steht ein Turboherbst wie 2006 bevor?
Die Traubenernte hat begonnen, denn die fortschreitende Fäulnis in den frühen Lagen zwingt zur Lese, obwohl die physiologische Reife oft nicht erreicht ist. Durch den ergiebigen Regen in den letzten Wochen sind Beeren aufgeplatzt und dicht gepackte Trauben wurden abgequetscht. Beim Lesezeitpunkt müssen die Winzer eine gesunde Balance zwischen ErnteÂsicherung von Basisqualitäten und dem Ausreizen der ebenso notwendigen gehobenen Qualität finden. Sobald das Qualitätsweinmostgewicht erreicht ist, kann eine rasche Lese sinnvoller sein, als auf weiteren Reifefortschritt zu hoffen. Gut, dass 2008 letztmalig die Anreicherungsspanne von 28 g/l Alkohol ausgenutzt werden kann.
Der Rebschutz war diesen Sommer besonders wichtig, denn wo der Sauerwurm nicht bekämpft wurde, gibt es beträchtliche Schäden und wo die Spritzabstände nicht eng genug waren, ist massiv Echter Mehltau aufgetreten. Die Lagenunterschiede sind 2008 so groß wie noch nie zuvor, zum Teil liegt die Differenz bei drei bis vier Wochen zwischen den Standorten. So sind die spät reifenden Sorten in mittleren und späten Lagen noch in gutem Gesundheitszustand. Die momentan kühlere Witterung mit niedrigen Nachtemperaturen ist günstig, um weitere Fäulnis zu verhindern. Davon profitieren Burgundersorten und Riesling – sie sind noch gesund. Auch bei Dornfelder und Spätburgunder hoffen die Winzer auf weitere drei bis vier Wochen Reifezeit. Gute Pflege, Entblätterung der Traubenzone und Botrytisbekämpfung zeigen hier ihre Wirkung. Es gibt hier keinen Grund zur überstürzten Ernte. Der aktuelle Jahrgang erinnert an den 2006er und wenn es einen feuchten Herbst gibt, dann kann es eine ähnliche TurboÂernte geben wie damals, als sich gezeigt hatte wie schlagkräftig die Betriebe ausgestattet sind. Es gilt also Ruhe zu bewahren.
Bettina Siée