Enttäuschung über Health Check

Sonnleitner: Kompromiss allerdings besser als ursprüngliche Vorschläge

Das Ergebnis des Health Checks der Gemeinsamen Agrarpolitik sei insgesamt enttäuschend. Allerdings müsse man auch den Vorlauf sehen und die Interessen der anderen EU-Mitgliedstaaten. Aus diesem Blickwinkel sei die Einigung ein Kompromiss und eine wesentliche Verbesserung gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen. Dies sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Gerd Sonnleitner, Anfang Dezember 2008 vor Journalisten in Berlin.

DBV-Präsident Gerd Sonnleitner.

Foto: Mohr

Der DBV hatte laut Sonnleitner eine harte Linie gefahren und bis zum Schluss eine Erhöhung der Modulation strikt abgelehnt. Auch bei der Milchpolitik lagen die Wünsche der EU-Mitgliedsländer weit auseinander, einige Länder wollten eine Quotenerhöhung von fünf mal 3 Prozent. Dies habe verhindert werden können, so der DBV-Präsident. Leider habe man sich nicht mit der Strategie durchsetzen können, die Quote zu leben, also die Milchmenge an den Bedarf anzupassen. „Die Mannschaft, die die Quote kaputtmachen wollte, war größer.“ Ärgerlich ist für Sonnleitner, dass die Italiener ihre Milchquote statt schrittweise, auf einen Schlag um 5 Prozent erhöhen dürfen. „Die sind schon immer für ihre Trickserei belohnt worden.“ Die Menge, die Italien jetzt zusätzlich bekomme, entspreche in etwa der Menge, die von Bayern jährlich nach Italien exportiert werde.

Länder müssen Milchfonds gestalten

Als Erfolg wertete der DBV-Präsident die Einrichtung eines Milchfonds. Die Gelder hierfür, jährlich sind 350 Mio. Euro für Deutschland geplant, kommen sowohl aus der zusätzlichen Modulation als auch aus EU-Mitteln, die Mitgliedstaaten über das Betriebsprämiensystem nicht ausgegeben haben. Für Letzteres wurde eigens eine neue Möglichkeit unter dem Artikel 68 geschaffen. Das Geld soll vor allem für Investitionen und für besonders benachteiligte Grünlandgebiete verwendet werden. Da die Mittel über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur...“ verteilt werden sollen, liegt die konkrete Ausgestaltung im Ermessen der Länder.

Nationaler Verzicht wird nicht belohnt

Den Spielraum für die Verwendung der Milchfonds-Mittel hält Sonnleitner für groß. Nach seiner Auffassung ist der Fonds „eine Brücke, dass wir die Modulationsmittel für die Landwirtschaft behalten können.“ Eines aber hat nach Ansicht von Sonnleitner die Erhöhung der Milchquote auch gezeigt: „nationaler Verzicht wird nicht belohnt. Wenn wir auf 1 Prozent verzichten, sind die anderen EU-Länder da. Italien würde sofort mehr Milch liefern.“

Völlig überraschend kam laut Sonnleitner die Änderung des Fettkorrekturkoeffizienten, der von Belgien und seltsamerweise von Österreich während der Verhandlungen gefordert wurde. Hierdurch wird im Falle einer Überlieferung bei fettreicher Milch eine geringere Milchmenge angerechnet. Im Endeffekt kann dadurch die Anlieferung noch zusätzlich steigen. Noch im März dieses Jahres hatte Österreich gemeinsam mit Deutschland gegen eine Quotenerhöhung gestimmt.

Großer Einsatz bei der Erbschaftsteuer

Nach wie vor ist Frankreich nach Ansicht des DBV-Präsidenten für die Durchsetzung landwirtschaftlicher Interessen innerhalb der EU der wichtigste Partner. „Wir müssen froh sein, dass Paris die Bedeutung der Agrarwirtschaft in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht so stark herausstellt. Hier geht es auch darum, den EU-Agrarhaushalt der rund 50 Mrd. Euro ausmacht, zu verteidigen. Denn er ist vielfältigen Begehrlichkeiten ausgesetzt. Deshalb hätte Sonnleitner gerne noch mit Frankreich die Weichen gestellt für die nächste Finanzplanung nach 2013.

Im Bezug auf das neue Erbschaftsteuergesetz (siehe S. 5) wies Sonnleitner auf den großen Einsatz des Bauernverbandes in den vergangenen zwei Jahren hin. Die ersten Vorschläge nach dem Spruch des Bundesverfassungsgerichtes, wonach Geld- und Immobilienvermögen gleich zu behandeln sind, hätten für die Landwirtschaft dramatische Folgen gehabt. Denn die Betriebe wären dann nach dem gemeinen Wert (Verkehrswert) und damit viel zu hoch bewertet worden. „Jetzt haben wir ein Verfahren, dass sich nach dem Ertragswert orientiert und Verschonungsregeln von sieben beziehungsweise zehn Jahren, wenn der Betrieb fortgeführt wird. Extrem wichtig war es auch, die verpachteten Flächen in die Verschonung mit hineinzubekommen. Wir haben hervorragende Arbeit geleistet.“

Absatzfondsgesetz ist notwendig

Der Bauernverband erwartet, dass Ende Januar das Bundesverfassungsgericht (BVG) das Urteil darüber verkündet, ob das Absatzfondsgesetz, mit dem die Grundlage für die Finanzierung von CMA und ZMP geregelt ist, verfassungskonform ist. Sonnleitner hält bei weltweit starkem Wettbewerbsdruck beide Organisationen für notwendig. „Wir brauchen das Wissen über die Märkte, über Handelströme, die Risiken auf den Märkten, und das Verbraucherverhalten.“ Immerhin setze Deutschland 45 Mrd. Euro mit Agrarexporten um. Vor allem die Regionalität als Imagefaktor müssten noch gestärkt werden (siehe S. 5). Je mehr die Globalisierung zunehme, desto stärker werde der Wunsch der Verbraucher nach Identität. Der CMA stünden 80 bis 90 Mio. Euro zur Verfügung. Dies sei im Vergleich zu anderen Ländern wenig Geld, das aber mit großem Nutzen eingesetzt werde. Allein Lidl gebe 245 Mio. Euro pro Jahr für die Werbung in Printmedien aus. Ein Lob zollte Sonnleitner dem neuen CMA-Geschäftsführer Markus Kraus. „Da ist großer Schwung dahinter.“

Von den drei möglichen Entscheidungen des BVG, nämlich erstens den Absatzfonds als komplett nichtig, zweitens als völlig konform oder aber drittens verfassungswidrig aber nicht nichtig zu erklären, hält Sonnleitner die letztgenannte für die wahrscheinlichste. „Wir glauben, dass das Gericht Änderungen fordern wird.“ Er geht davon aus, dass künftig die Entscheidungsbefugnisse der Vertreter der einzelnen Produktsparten größer wird. Womöglich werde auch gefordert, die Gremien und deren Zusammensetzung anders zu organisieren. CM