Das erwarten Landwirte von der Landespolitik

Stimmungsbild im Vorfeld der Landtagswahl in Hessen

Am 18. Januar wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. Auch die Landespolitik kann großen Einfluss auf das Wirtschaften der landwirtschaftlichen Betriebe ausüben. Das LW hat einige Bauern gefragt, was ihnen bei der Wiesbadener Politik am Herzen liegt und warum es wichtig ist, wählen zu gehen.

Heinrich Orth aus Gedern/Ober-Seemen.

Milchviehhalter Heinrich Orth aus Gedern/Ober-Seemen hält es für seine demokratische Pflicht, am 18. Januar wählen zu gehen. „Als Landwirt sollte man sich die Programme der Parteien genau ansehen und prüfen, wie sie zur Landwirtschaft stehen“, sagt Orth. Schließlich wirkten sich die politischen Entscheidungen auch auf Landesebene sehr konkret auf den Betrieb aus.

Weniger Reglementierung

Zu beachten wäre außerdem, ob auch Berufskollegen von den einzelnen Parteien als Kandidaten für den Landtag aufgestellt werden. Für Orth, der rund 180 Kühe hält, ist es wichtig, dass er weiterhin nach seinen fachlichen Erfahrungen nachhaltig wirtschaften kann und keine zusätzlichen Reglementierungen oder Einschränkungen auferlegt bekommt.

Bei der Förderpolitik hat Orth klare Vorstellungen: Da die Landwirte selbst entscheiden müssten, ob ihr Betrieb konventionell oder ökologisch bewirtschaftet werden soll, sollte es hier auch keine Bevorzugung bei der Förderung durch das Land geben. Orth hat vor Jahren die Investitionsförderung für eine Biogasanlage in Anspruch genommen. Dies hält er für eine gute Sache. Bei der Förderung müsse es darum gehen, dass die heimischen Landwirte konkurrenzfähig im europäischen Wettbewerb bleiben. Als Landwirt am Rande des Vogelsberges begrüßt es Orth, dass das Land in den letzten Jahren die übrig gebliebenen Geldmittel aus der zweiten Säule als Ausgleichszulage für die benachteiligten Gebiete verausgabt hat, und somit die Landwirtschaft gestärkt wurde.

Keine Umverteilung von Geldern

Gar nichts hält er von einer Umverteilung von Mitteln aus der ersten Säule, also den Direktzahlungen, um Maßnahmen der zweiten Säule zu finanzieren. Die Betriebsprämie ist für ihn das Geld, das direkt in den Betrieb geht und ihn stärkt. Dies macht der Landwirt auch zum Maßstab seiner Wahlentscheidung am 18. Januar.

Landespolitik ist auch maßgebend für die Ausgestaltung der Offizialberatung. Für Orth ist es wichtig, dass die Berater weiterhin unvoreingenommen, und nur nach fachlichen Gesichtspunkten beraten und nicht nach ideologischen Maßstäben. „Das hatten wir schon einmal vor vielen Jahren in Hessen“, sagt Orth. Da sei dann beim Stallneubau Stroheinstreu empfohlen beziehungsweise gefördert worden.

Martin Schäfer aus Willingen Rattlar.

Martin Schäfer bewirtschaftet einen Milchviehbetrieb in Willingen-Rattlar. „Wählen gehen ist Pflicht“, sagt Schäfer. Jeder Nichtwähler verschenke seine Stimmen. Für ihn ist wichtig, dass die politischen Voraussetzungen vorhanden sind, damit Betriebe expandieren und sich den Märkten anpassen können. „Wir müssen uns weiterentwickeln und die Kosten senken.“

Expandierende Betriebe fördern

Die Förderpolitik des Landes müsse danach ausgerichtet werden. Auch er hat bei der Erweiterung seiner Milchviehhaltung Förderung in Anspruch genommen, wie viele seiner Berufskollegen im Waldeckschen Upland. Das hat uns in den letzten Jahren vorangebracht. Außerdem haben wir in Hessen im Vergleich zu den anderen Bundesländern, was die Gewinne anbelangt, aufgeholt. Vorher lagen wir auf einem der hintersten Plätze.“ Dies erkennt Martin Schäfer an. Insgesamt ist er mit der derzeitigen Politik zufrieden. „Wir Unternehmer schaffen Arbeitsplätze. Deshalb müssen unsere Unternehmen auch unterstützt werden“, sagt der Landwirt.

Ein wichtiger Punkt ist auch für ihn die Beratung. Mit der Offzialberatung im Kreis ist er sehr zufrieden. „Die haben uns und die anderen Kollegen im Kreis nach vorne gebracht.“ Deshalb sei es wichtig, dass die Beratung unvoreingenommen und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien, ohne Ideologie berät, sagt Schäfer. Dies ist seiner Erfahrung nach auch für die Berater zufriedenstellender.

Die sehr gute Milchleistung seiner Kuhherde erzielt er nur, wenn die Tiere optimal gehalten und versorgt werden. „Wir bieten den Tieren höchsten Komfort, damit sie hohe Leistungen erbringen. Er hat davon gehört, dass im Koalitionsvertrag davon die Rede ist, Tierschutzvereine in den Vollzug mit einzubinden. Dies hält er für ein nicht gerechtfertigtes Misstrauen gegenüber den Landwirten. Sicher gibt es auch schwarze Schafe. Aber die Betriebe werden ja schließlich von der Veterinäraufsicht kontrolliert, und das seien die Fachleute.

Günter Steinhagen aus Edermünde-Grifte.

Nach Ansicht von Günter Steinhagen aus Edermünde-Grifte ist es wichtig, dass sich nach der Wahl eine vernünftige politische Mehrheit im Landtag bilden kann. Ein entscheidendes Kriterium für seine Wahlentscheidung ist, dass nicht weitere Auflagen auf die Betriebe zukommen, Beispiel ist das landwirtschaftliche Bauen. Den Aufwand mit Emissionsgutachten erlebt er momentan selbst mit, denn er erweitert seinen Milchviehstall. Er will auch keine zusätzlichen Bewirtschaftungsauflagen in FFH- und Vogelschutzgebieten, beispielsweise ein Verbot von Zuckerrübenanbau oder intensiver Landwirtschaft in Auengebieten.

Infrastruktur auch für Landwirte wichtig

Die Politik muss sich seiner Meinung nach gegen immer größere Verschärfungen bei Auflagen stemmen. Die Förderpolitik, die vom Land verantwortet wird, hält auch er für entscheidend. Die Betriebe müssen wachsen, und diejenigen, die investieren wollen, müssen unterstützt werden, um auch nach 2015 die Einkommen halten zu können. Die Förderung dürfe dabei nicht einseitig auf bestimmte Produktionsverfahren ausgerichtet werden. Das gleiche gelte für die Beratung. „Der Markt wird die Richtung weisen“, sagt Steinhagen, „was nicht marktgerecht ist, führt uns nicht weiter.“ Auch Infrastrukturmaßnahmen hält Steinhagen für wichtig, gerade für Nordhessen. So sei auch der Autobahnbau für die Landwirtschaft von Bedeutung. Hier sei die SPD gegenüber den Grünen leider eingeknickt, sagt Steinhagen.

Land hat Einfluss auf den Bund

Martin Henz aus Marburg-Moischt.

Für Steinhagen sind bei der anstehenden Wahl nicht nur landespolitische Themen ausschlaggebend. Denn das Land hat natürlich auch Einfluss in der Bundespolitik. Beispiel Erbschaftsteuer. „Hier haben der Berufsstand und die hessische Landesregierung beziehungsweise der Ministerpräsident erfolgreich mitgewirkt, so dass bei Weiterführung des Betriebes in der Regel keine Erbschaftsteuer anfällt“, so Steinhagen.

Martin Henz aus Marburg-Moischt hält es ebenfalls für seine Pflicht, wählen zu gehen. „Wenn ich nicht wählen gehe, werden die gewählt, die ich nicht haben möchte. Manche sagen, ich kann keine Partei wählen. Dann wählt man das kleinere Ãœbel, sagt Henz, nämlich die Partei, die die meisten meiner Interessen vertritt.“ Für Henz, der einen Ackerbaubetrieb mit Mutterkuhhaltung bewirtschaftet, sind verlässliche Rahmenbedingungen sehr wichtig, damit man in den Betrieb investieren kann. Denn Investitionen sind längerfristig angelegt. Die Politik muss sich für gleiche Wettbewerbsverhältnisse gegenüber den europäischen Kollegen einsetzen. Und da könne auch die Lan­despolitik gegenüber dem Bund Einfluss nehmen.

Naturschutz mit Augenmaß

„Es kann nicht sein, dass wir die höchsten Auflagen haben, aber zu den gleichen Preisen verkaufen müssen.“ Was Standards anbelangt, so gehe es darum, dass das Land nicht noch draufsattelt. Er will auch nicht, dass durch Förderung und Auflagen, die Landwirtschaft in einer Produktionsrichtung gedrängt werden. Das müssen die Landwirte selbst entscheiden. Beim Naturschutz plädiert Henz für Augenmaß. Er dürfe nicht übertrieben werden, beispielsweise, wenn es um naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen für Baumaßnahmen geht. Hierbei werde der Landwirtschaft viel Fläche entzogen. CM