Neues aus der Kellerwirtschaft

Neue Filtertücher bieten arbeitswirtschaftliche Erleichterung

Der oenologische Teil der Agrartage in Nieder-Olm befasste sich mit Gärtemperaturen bei Spätburgunder. Weitere Schwerpunkte waren neue Filtertücher und Leistungssteigerungen beim Kammerfilter und neue Erkenntnisse bei Cross-Flow-Filtration von Wein.

In der Kellerwirtschaft hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Im Vordergrund steht bei der Verarbeitung der Trauben bis zum Wein die Schonung des Produktes.

Foto: Kerth

Spätburgunder steht mit fünf Prozent Flächenanteil an dritter Stelle der Rotweinrebsorten in Rheinhessen. Im Hinblick auf Imagebildung, Verbraucherwahrnehmung und Profil einer Region betrachtet Jörg Weiand, DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, trockene Spätburgunderweine als den wichtigsten Rotwein. Versuche in Oppenheim beschäftigten sich damit, was Gärtemperaturen und verschiedene oenolo-­gi­sche Maßnahmen bei Spätburgunder bewirken. Zur Steigerung von Körper, Dichte und Komplexizität wie auch der Farbe, sind weinbauliche ertragsreduzierende und gesundheitsfördernde Maßnahmen die Voraussetzung. Als weiteres einfach durchzuführendes oenologisches Mittel nennt Weiand den Saftentzug von 10 bis 15 Prozent. Eine Verlängerung der Maischekontaktzeit sei auch aus Kostengründen einer Kaltmaceration vorzuziehen. Starker Phenolextraktion könne durch die oxidative Reduktion durch Abstich über Luft, Holzfasslagerung oder eine Mikrooxigenierung begegnet werden. Diese Maßnahmen führen bei Abwesenheit von SO2 auch zur Farbstabilisierung.

Bei Gärtemperaturen um 20 Grad Celsius wird Extraktionspotenzial verschenkt, über 35 Grad Celsius gibt es Gärstockungen. Laut Weiand führen Gärtemperaturen zwischen 25 und 30 Grad Celsius zum besten Ergebnis. Erhöhte Nachmacerationstemperaturen nach Gärende bis 35 Grad Celsius steigern die Extraktion vor allem von Phenolen, in geringerem Umfang auch von Anthocyanen und führen zu einer Farbvertiefung. Rückkühlung der Maische auf 20 Grad Celsius vor der Kelterung ist zur Vermeidung von Alkoholverlusten notwendig.

Leistungssteigerung beim Kammerfilter

Die Trubaufarbeitung von Sedimentations- und Flotationstrub ist fester Bestandteil der Mostvorklärung im Winzerbetrieb und in Kellereien. Seit einigen Jahren wird der alternative Filterhilfsstoff Cellulose angeboten, der Perlite oder Kieselgur ersetzen soll. Bernhard Degünther, DLR R-N-H, berichtete von Versuchen 2007. Dabei war die verbesserte Drainagewirkung von Cellulose spürbar festzustellen. Durch Beimischung der langfaserigen Cellulose wird die Trubaufnahmekapazität von Kammerfiltern erhöht, stellte Degünther fest. Die bessere Auspressbarkeit von Cellulose zeigte sich in einer höheren Ausbeute. Die Mischung 80 Prozent Perlite plus 20 Prozent Cellulose verursacht, bedingt durch die höhere Ausbeute, die geringsten Gesamtkosten bei der Trubaufarbeitung.

Neue Filtertücher haben sich in Versuchen gut bewährt

Die Firma Erbslöh beobachtete in den Weingütern, mit denen sie Versuche im Jahr 2007 durchführte, dass einige Filtertücher zur Verblockung neigten und dass es ganz unterschiedliche Arbeitsweisen mit den Kammerfiltern gibt. Bisher wurden in der Keller­wirtschaft multifile Tücher genutzt, die eine hohe Abscheiderate und hohe Festigkeit aufweisen. Bei multifilen Tüchern besteht der Webfaden aus vielen kleinen Fäden, sodass die Luftdurchlässigkeit gering ist, durch eindringende Partikel kommt es zur Blockierung, der Filterkuchen lässt sich schlecht ablösen und das Tuch schlecht reinigen.

Im Herbst 2008 wurden in vier Weingütern neue monofile Tücher getestet. Monofile Tücher bestehen aus einem glatten Faden aus Polypropylen und haben eine hohe Luftdurchlässigkeit. Geringe Haftflüssigkeit verbessert die Hygiene. Es gibt weniger Verstopfung und die Tücher sind leicht zu reinigen. Das monofile Tuchmaterial hat sich nach Degünthers Worten in den prakti­schen Versuchen bewährt. Er ziehlt das Fazit, dass sich mit der Mischung 80 Prozent Perlite plus 20 Prozent Cellu Fluxx und den neuen Tüchern das Problem der Trubverarbeitung ganzheitlich verbessert hat. Die verarbeitete Trubmenge konnte gesteigert werden. Die ausreichende Abscheiderate und die gute Reinigung der monofilen Tücher ermöglichen eine arbeitswirtschaftliche Erleichterung.

Neue Erkenntnisse zur Cross-Flow-Filtration

Vor über 20 Jahren wurden in Oppen­heim die ersten Versuche zur Cross-Flow-Filtration (CFF) von Wein gemacht. Nach anfänglich großer Begeisterung für diese neue Filtrationstechnologie, wurde sie später kritisch im Hinblick auf die Weinqualität gesehen. Wie Dr. Dietrich Marbé-Sans, DLR R-N-H, erläuterte, ist die Entwicklung der Membranen weiter fortgeschritten, sodass Cross-Flow-Filtrationsanlagen modernster Bauart nicht mehr mit den Filtern der ersten Generation verglichen werden können. Die neuen Membranmaterialien gewährleisten eine größtmögliche Produktschonung. Der neue Kunststoff hat eine höhere Porosität und eine um 40 Prozent höhere innere Oberfläche, was dazu führte, dass die Überströmungsrate von 1:100 auf 1:20 verringert werden konnte. Die Stundenleistung habe sich damit von 30 bis 50 l/m2 auf 50 bis 150 l/m2 steigern lassen.

Durch Cross-Flow-Mikrofiltration können Weine mit relativ hohen Trübungsgehalten in einem einzigen Prozessschritt auf einen Klärgrad vergleich­bar mit Entkeimungsschichten (EK) filtriert werden. Die CFF eignet sich sehr gut für die Filtration von Jungweinen nach dem ersten Abstich. Marbé-Sans berichtete von einem Vergleich der Verfahren. Fünf verschiedene Weine wurden mittels Cross-Flow und Kieselgur filtriert. Die chemischen Analysen zeigten keine Unterschiede. Mit verschiedenen sensorischen Tests verglichen die Oenologen die Weine. Dabei zeigte sich, wie Marbé-Sans erklärte, bei keiner einzigen Verkostung ein signifikanter Unterschied zwischen den Varianten. Die Verkostungen wurden zu späteren Zeitpunkten wiederholt, auch dann haben sich keine signi­fi­kanten Unterschiede feststellen lassen.

Weinvertrieb und Logistik vor neuen Herausforderungen

Wie Bernd Wechsler, Kompetenzzentrum Weinmarkt und Weinmarketing Rheinland-Pfalz, feststellte, stehen direkt vermarktende Betriebe vor gro­ßen Herausforderungen beim Vertrieb ihrer Weine. Das Einkaufsverhalten der Kunden verändere sich (kleinere Bestellmengen, kurzfristigere Bestellung) und die steigende Arbeitsbelastung im Weingut mache eine Zusammenarbeit mit neuen Vertriebspartnern notwendig. Die Eigenauslieferung ist teuer, hat aber den Vorteil des persönlichen Kundenkontakts, gibt Wechsler zu bedenken. Speditionen sind bei großen Bestellmengen sehr kostengünstig und Paketdienste bieten schnellen und zuverlässigen Service und kommen dem neuen Kundentypus entgegen. Um den fehlenden Kundenkontakt auszugleichen, gewinnen gleichzeitig neue Wege in der Kommunikation mit dem Kunden an Bedeutung. Die Vertriebskosten müssen betriebsspezifisch optimiert werden, meint Wechsler abschließend. bs