Aigner schließt Anbauverbot für Gen-Mais nicht aus
Ministerin: „Landwirtschaft kommt auf ohne Gentechnik aus“
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner schwenkt in der Gentechnikpolitik auf die restriktive Linie ihres Vorgängers und der CSU-Parteiführung ein. In einem Interview mit der Berliner Zeitung schloss die frühere Forschungspolitikerin vergangene Woche ein Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais der Linie MON 810 nicht aus. Sie kündigte an, die Einhaltung der strengen Monitoringauflagen für den Anbau zu überprüfen. Sollten sich dabei Unzulänglichkeiten ergeben, werde sie handeln und die Zulassung von MON 810 widerrufen, erklärte Aigner.
Aus ihrer Sicht bringt die Grüne Gentechnik den Menschen hierzulande bisher „keinen erkennbaren Nutzen“. Die heimische Landwirtschaft komme auch ohne Gentechnik gut zurecht. „Bei nachwachsenden Rohstoffen oder in anderen Ländern mag die Gentechnik mehr Bedeutung haben“, fügte die Ministerin hinzu. Unterstützung signalisierte Aigner für das bayerische Vorhaben, den Freistaat zur gentechnikfreien Zone zu erklären. Sie räumte allerdings ein, dass das EU-Recht dafür kaum Spielräume biete.
Schließlich zeigte Aigner Verständnis für die Forderung von Bayerns Umweltminister Markus Söder (siehe LW Nr. 8) auf Freilandversuche mit transgenen Pflanzen im Freistaat so weit wie möglich zu verzichten. Rückendeckung erhielt die Ministerin von ihrem Kabinettskollegen Sigmar Gabriel. Der Bundesumweltminister begrüßte insbesondere die Ankündigung eines möglichen MON 810-Verbots. Damit bewege sich Aigner „im Rahmen dessen, was sich die Koalition vorgenommen hat“, sagte der SPD-Politiker. Die Äußerungen der Bundeslandwirtschaftsministerin lösten in Politik und Verbänden ein geteiltes Echo aus.
Gabriel ermunterte die Landwirtschaftsministerin, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Gelegenheit dazu biete sich insbesondere auf europäischer Ebene. Die EU-Kommission habe verschiedene Mitgliedstaaten aufgefordert, ihre befristeten Verwendungsverbote des einzigen europaweit zum Anbau zugelassenen Gentechnik-Maises MON 810 aufzuheben. Diese Maislinie dürfe in der EU allerdings nach wie vor nur auf der Grundlage einer Altzulassung angebaut werden. Das Verfahren zur Neuzulassung einschließlich einer neuen Risikobewertung laufe bereits seit über einem Jahr. Gleichzeitig habe die Kommission Vorschläge zur Zulassung des Anbaus mehrer gentechnisch veränderter Maislinien vorgelegt, die einen ähnlichen Wirkstoff enthalten wie MON 810.
Nach Ansicht der Gentechnikexpertin der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Christel Happach-Kasan, ist das von Ministerin Aigner geforderte Verbot von Bt-Mais ausschließlich dem CSU-Wahlkampf geschuldet. Die FPD-Politikerin appellierte an Bundeskanzlerin Merkel, „eine Politik für das ganze Land durchzusetzen, statt ideologisch begründeten Partikularinteressen hinterherzulaufen“. Ihrer Auffassung nach ist das geforderte Verbot rechtswidrig. Es bedeute zudem eine Benachteiligung deutscher Landwirte, weil es ihre Entscheidungsfreiheit einschränke.
Kritik der Pflanzenzüchter
Harsche Kritik kam vom Bundesverband der Deutschen Pflanzenzüchter (BDP). Nach Einschätzung von BDP-Geschäftsführer Dr. Ferdinand Schmitz riskiert Bayern aufgrund populistischer Forderungen die Potentiale einer neuen Technologie und gefährdet damit die spätere Anwendung in der landwirtschaftlichen Praxis. „Wie sollen Erkenntnisse zur Umweltverträglichkeit in einem von der Umwelt abgeschotteten System gewonnen werden? Wer trägt die Verantwortung, dass ein Züchter heute Millionen in ein Forschungslabor investiert und morgen Pflanzen nicht im Freiland testen kann?“, fragte Schmitz im Zusammenhang mit den Forderungen nach einem Stopp für Freilandversuche. Die Entscheidungen in der Politik seien existentiell für die Pflanzenzüchter. Wenn Fehlentscheidungen eine Technik mit großem Potential hierzulande zunichte machten, werde damit die Zukunft von Unternehmen und der dringend notwendige Züchtungsfortschritt gefährdet. age