Das Zeitfenster zur Düngung ist in diesem Frühjahr kleiner

Dr. Heyn: Über die Düngerform entscheidet zuerst der Preis

Zur aktuellen Situation auf den zur Düngung anstehenden Ackerflächen befrage das LW Dr. Johannes Heyn vom LLH in Kassel.

Dr. Johannes Heyn.

Foto: Becker

LW: Herr Dr. Heyn, ist wegen der ungewohnt langen und kräftigen Frostphase dieses Winters mit einer verzögerten oder gar geringeren Mineralisierung zu rechnen?
Dr. Johannes Heyn:
Eine nennenswerte N-Mineralisation setzt erst ab ca. + 4 °C Bodentemperatur ein. Insofern ist damit später als in den Vorjahren zu rechnen. Im Herbst 2008 war es relativ trocken, die N-Herbstmineralisation verlief schwächer als in anderen Jahren. Während der Frostperiode kam sie komplett zum Erliegen. Beides deutet darauf hin, dass das leicht mineralisierbare Material, welches sonst im Herbst und teilweise auch noch im Winter umgesetzt worden wäre, noch zur Verfügung steht. Insofern kann in diesem Frühjahr mit einer anfangs etwas höheren Mineralisierungsrate gerechnet werden.

LW: Ist für die Nmin-Werte dieses Frühjahrs – aufgrund erster Ergebnisse und Einschätzung der zurückliegenden Witterungslage – eine Tendenz absehbar?
Dr. Heyn:
Die Nmin-Gehalte lagen im Herbst aufgrund der relativen Trockenheit niedriger als in anderen Jahren. Dadurch fielen aber auch die vorwinterlichen Ein-und Auswaschungsvorgänge deutlich schwächer aus. Während der Frostperiode kam es weder zu Auswaschung noch zu Mineralisation. Gegenüber den langjährigen Werten zeigen die bisher vorliegenden Untersuchungsergebnisse bei Wi-Getreide etwas erhöhte, bei Raps auf Höhe der Mittelwerte liegende Gehalte. Die Tiefenverteilung zwischen den drei untersuchten Bodenschichten ist günstig, entweder gleichmäßig oder sogar noch mit Betonung in den oberen Schichten. Das kann sich allerdings momentan ändern, wenn durch zunehmende Bodenvernässung mit Tiefenverlagerung des Stickstoffs gerechnet werden muss.

LW: Welche Bedeutung kommt der Frostgare hinsichtlich Bodenstruktur und Nährstoffverfügbarkeit zu?
Dr. Heyn:
Frostgare kann die Bodenstruktur und damit auch die Nährstoffverfügbarkeit verbessern, neben weiteren positiven Auswirkungen. Die Sprengwirkung kommt durch die Ausdehnung des Eises gegenüber Wasser zustande, das heißt Frostgare setzt Frost und Bodenwasser voraus. Dort, wo die Böden sehr trocken waren, kann trotz Kälte kein großer Effekt erwartet werden. Frostgare wirkt besonders auf tonreichen Böden positiv. Bei Lößböden ist dieser Effekt nicht sehr deutlich, hier besteht eher die Gefahr, dass die Böden bei langsamen Auftauvorgängen über noch gefrorenen tie­feren Bodenschichten zerfließen ‑ die Struktur der obersten Bodenschichten kann sich hier sogar verschlechtern (verschlämmen, später verkrusten).

LW: Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesen Einschätzungen für die erste Stickstoff-Gabe zeitlich und mengenmäßig?
Dr. Heyn:
Wenn die Andüngung in diesem Frühjahr später als sonst ausgebracht werden kann, so ist das nicht weiter kritisch, weil die Bestände ja bisher auch noch ruhten und keinen Bedarf hatten. Bei Einsetzen des Wachstums ist allerdings mit einer schnellen Entwicklung zu rechnen, und das verbleibende Zeitfenster ist entsprechend enger. Ein Splitting in eine 1a- und 1b-Gabe wird kaum möglich sein, wenn eine höhere Andüngung vorgesehen ist. Die erste N-Gabe sollte jetzt ausgebracht werden, sobald es die Böden zulassen; wobei aber keinesfalls bei zu feuchtem Zustand gefahren werden sollte. Auch wenn die Bestände meist etwas schwächer ausgebildet sind als in den Vorjahren, sollte die Frühjahrsgabe nicht erhöht werden, da, wie gesagt, mit einer höheren N-Mineralisation nach Einsetzen der Vegetationsperiode gerechnet werden kann. Dies kann auch Anlass sein, bei Wi-Getreide und Raps die Betonung innerhalb der N-Frühjahrsdüngung etwas von der zweiten zugunsten der ersten Gabe zu verschieben.

LW: Ist aufgrund dessen und mit Hinblick auf die aktuellen Preise eine bestimmte Düngerform zu bevorzugen?
Dr. Heyn:
Die Wirkungsunterschiede zwischen den N-Düngerformen sind auf jeden Fall wesentlich geringer als der aktuelle Preisunterschied, so dass dieser in vielen Fällen das entscheidende Kaufkriterium sein dürfte. Aktuell wird Harnstoff bevorzugt. Hierzu folgende Stichworte:

  • N-Wirkung nur minimal ungünstiger als bei KAS;
  • etwas verzögerter Wirkungseintritt (erst Umwandlung in Ammonium und Nitrat);
  • höhere Kalkzehrung;
  • kein Schwefel als Begleitnährstoff (Ausnahmen besonders deklariert);
  • auf Grund stark unterschiedlicher und auch wechselnder Korngrößen und des niedrigen spezifischen Gewichtes technische Schwierigkeiten bei der Ausbringung möglich.
  • Speziell zur Andüngung von Raps stellt sich die Frage, wie bei Harnstoffdüngung die erforderlichen S-Mengen in den Bestand zu bringen sind. Hier sind ergänzenden S-Gaben nötig, wobei Dünger mit elementarem Schwefel langsamer wirken als sulfatische S-Dünger. Da der Schwefel unbedingt gleich zu Vegetationsstart ausgebracht werden muss, ist die Andüngung mit ASS oder SSA nach wie vor die vorrangige Empfehlung, die weiter nötigen N-Mengen können dann mit Harnstoff ausgebracht werden.

Zur in Deutschland „klassischen“ N-Düngerform KAS ist zu sagen, dass in jüngster Zeit verstärkt Partien mit Mg-Anteil auf den Markt gelangen. Bei im Toleranzbereich liegenden N-Gehalten von meist knapp über 26 Prozent N (gegenüber der Deklaration = 27 Prozent N) und MgO-Gehalten von über 4 Prozent werden mit 200 kg N/ha auch 30 kg MgO/ha ausgebracht. Auch dort, wo aufgrund guter Mg-Bodenversorgung eigentlich keine Mg-Düngung notwendig ist. KB